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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 74

 

schwarz-blaue sozusagen mehr oder weniger noch etwas draufgelegt. Draufgelegt heißt, sie haben zunächst einmal die Schulen, die LehrerInnen, die Bildung verunglimpft, um dann zu sagen, man muss 1,5 Milliarden S einsparen.

 

Der zweite Punkt ist, dass dann die hilfreiche Gewerkschaft eingesprungen ist, und zwar sowohl die SPÖ-Fraktion als auch die ÖVP-Fraktion, und hat in den Pflichtschulen ein Jahresnormmodell entwickelt, bei dem der Vorsitzende, Herr Helm, der möglicherweise mit einem netten Dienstposten in der niederösterreichischen Landesregierung belohnt wird, und zwar mit dem Landesschulratpräsidenten vielleicht noch, gesagt hat, er bekenne sich zum Sparziel. 1,5 Milliarden S sollen gespart werden. Und zwar bei der Bildung, bei den Kindern, bei der Zukunft der Republik. Wunderbar. Wie reagiert die SPÖ darauf? - Sie will auch 8 Milliarden S mit einsparen. (GR Mag Sonja Wehsely: Na, bitte!) Der Herr Bürgermeister hat es unterzeichnet.

 

So! Wo kommt das Geld jetzt her in Wien? - Erster Punkt: Natürlich wird auch bei den LehrerInnen und bei den SchülerInnen und bei den Eltern und in der Schule gespart.

 

Jetzt wird verhandelt: Zunächst 1 400 LehrerInnen sollen eingespart werden, dann weniger, weniger, weniger, schlussendlich sind wir bei 380 Dienstposten gelandet.

 

Wer bekleidet diese Dienstposten? - Das sind keine Lehrerinnen mit großem I, sondern Lehrerinnen mit kleinem I. Frauen, die in Wirklichkeit 365-Tage-Verträge bekommen haben wie Tagelöhnerinnen und jetzt auf der Straße stehen und keine Arbeit in ihrem Bereich mehr finden können. Und immer die große Frauenförderpartei, die SPÖ. Was fördert sie jetzt? - Die Arbeitslosigkeit von Lehrerinnen.

 

Zweiter Punkt: Immer die tollen Interventionen in der Bildung. SPÖ macht alles für die Leute, es gibt eine ganz große Unterschriftenaktion des Herrn Bürgermeister und seiner Vizebürgermeisterin, Sparen bei der Bildung ist dumm, wir müssen alles Mögliche machen.

 

Was wurde gemacht? - Man hat nicht einmal die Kosten übernommen für Wien. 200 Millionen S hätte es gekostet. Wie viel kostet hingegen 1 Kilometer Lobau-Autobahn? - Einige Milliarden! Sie sind nicht bereit, das zu übernehmen. (GR Johann Driemer: Das ist ein Vergleich!) Auch für die restlichen zwei Jahre, die diese schwarz-blaue Bundesregierung vielleicht noch überhat, nicht einmal dafür!

 

Hätten wir doch die Volksgaragen genommen. Da gibt es genug, 450 Millionen! (Beifall bei den GRÜNEN.) Kein Problem. Und wie wird das ausschauen, Ihr Sparangebot? - Nämlich nicht Ihr Bildungsangebot an die Wienerinnen und Wiener, sondern es wird heißen: Größere Klassen, schlechtere Integrationsbedingungen, schlechtere Bedingungen in den Schulen. Wie wollen Sie zum Beispiel, wo es Montessori-Unterricht gibt, den Leuten erklären, dass sie jetzt die Klassenschülerzahlen erhöhen? Oder eine Lehrerin einsparen, wie zum Beispiel in der Kindermanngasse, wo dann der Montessori-Unterricht mit 48 Schülerinnen von zwei Lehrerinnen durchgeführt werden soll. Da stellen Sie sich hinaus und sagen: Wir haben 1 Milliarde investiert in die Bildung. Ja, wo denn? - In diesem Bereich ganz sicher nicht. Es stimmt, die SPÖ hat einiges in Wien investiert, aber genau in diesem Punkt, wo es um die Qualität der Bildung geht, weil nämlich die Klassenschülerzahlen nämlich nicht gesenkt werden, wie im Bildungsvolksbegehren angepeilt, auf 25, sondern erhöht, und zwar um 1 Schülerin oder 1 Schüler oder gar um 2. Dann war es auf einer Veranstaltung, wo ein ÖVP-Bezirksvorsteher-Stellvertreter sich hinstellt und sagt: Ich bin in einer Klasse gewesen, wo 45 SchülerInnen gewesen sind und schauen Sie, was aus mir geworden ist. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Stellen Sie sich vor, ein Politiker der ÖVP sagt das im Wahlkampf. Der Kollege Strobl sagt daraufhin zu mir: Man kann sich seine Leute nicht aussuchen! Aber genau das ist das, was die Bildungspolitik in Wien charakterisiert. Einfach ein Armutszeugnis! - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GR Josefa Tomsik: Ich danke. - Als nächster Redner ist Herr GR Dr Salcher zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. (Der Redner sucht sein Manuskript und kommt aus seinem Platz in der letzten Reihe zum Rednerpult, was einige Zeit dauert. - GR Mag Christoph Chorherr: Auch 50 Schüler in der Klasse? - Heiterkeit bei den GRÜNEN.)

 

GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): "Da es in den letzten Wochen auf Grund der Sparvorhaben im Bildungsbereich unter vielen Eltern eine große Beunruhigung gibt, ersuche ich um verlässliche Weitergabe folgender Information." Da steht dann drinnen, dass es entgegen den drastischen Auswirkungen des Finanzausgleichs nicht 1 400 Minus-Planstellen gibt, sondern es nur zu 500 Dienstpostenkürzungen kommen wird. Und dann wörtlich zitiere ich wieder: "Mit dieser Vorgabe kann zwar im kommenden Schuljahr keine Angebotserweiterung vorgenommen werden, der Weiterbestand des gut ausgestatteten Wiener Schulwesens ist aber gewährleistet. Ängste mancher Eltern, dass es zu einer ersatzlosen Einstellung der Nachmittagsbetreuung, der Behindertenintegration oder der Maßnahmen zur Ausländerpädagogik kommt, sind derzeit unbegründet."

 

Dieser Brief - unterschrieben vom Präsident Scholz - an die Wiener Direktorinnen und Direktoren war sein politisches Todesurteil, weil es die Inszenierung der SPÖ in diesem Wahlkampf massiv gestört hat. Und der Unwille mit dem Präsidenten Scholz war dann bei der SPÖ offensichtlich so groß, dass Sie sogar in Kauf genommen haben, die Präsentation des neuen Stadtrat-Teams medial damit zu beschädigen, indem Sie seine Ablöse bekannt gegeben haben. Eine absolute Mehrheit der SPÖ hat nicht etwa einen Unabhängigen in die sozialdemokratische Regierung genommen, sondern sie hat den einzigen unabhängigen Sozial-

 

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