Gemeinderat,
2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll
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vorragend geeignet sind, einem Museumsquartier eine
Heimstatt zu bieten. Wir werden aber ebenso immer darauf hinweisen, dass wir
der Meinung sind, dass die historischen Bauten sanft zu revitalisieren sind,
dass das der Weg gewesen wäre und dass man möglichst ohne große Einbauten
auskommen hätte sollen. Das wäre gegangen. Der historischen Substanz, der
Einheit von Gebäuden, Höfen und auch Gärten ist in diesem Fall und in jedem
Fall Vorrang einzuräumen.
Ich möchte auch sagen, dass es bedauerlich ist, dass
der historische Vordertrakt, der barocke Teil, mit
21 000 Quadratmetern im Verhältnis zu 45 000 Quadratmetern
des Gesamtbauprojekts nicht museal genützt wird. Es ist eigentlich eine
unglaubliche Sache, dass man Nebendinge in das historische Gebäude abschiebt,
während man die anderen in neuen Gebäuden unterbringt. Ich sehe es als Jammer
an, dass das historische Ambiente in der eigentlichen Museumsverwendung nur
eine untergeordnete Rolle spielt.
Die Erhaltung der Gebäude aus der Vormessezeit hätte
genügend Platz geboten, umso mehr als die neueren Bauten aus der Messezeit
selbst schadlos weggeschafft hätten werden können und so genügend zusätzlicher
Platz für Neuentwicklungen vorhanden gewesen wäre.
Die jetzige Lösung ist, glaube ich, kein großer
Entwurf. Sie ist eigentlich das, was übriggeblieben ist nach Abwehr einer
ideologisch begründeten Bauwut, wie sie sich Anfang der neunziger Jahre präsentiert
hat und wie sie sozusagen vom versammelten Zeitgeist mit Zähnen und Klauen
verteidigt wurde. Sie ist das, was davon noch durchgesetzt werden konnte. In
der Phase bis 1995 in etwa waren Ansätze unübersehbar, im Ideologischen - wie
es unser leider verstorbener Dr Pawkowicz einmal formuliert hat - sozusagen in
Richtung einer sozialistischen Gewaltarchitektur zu gehen. Gott sei Dank ist
man davon wieder abgekommen! Zum Teil zumindest. Ortner, aber auch Pasterk
haben sich ja zu Äußerungen hinreißen lassen, dass es Ziel dieses
Museumsquartiers und seiner Neubauten sei, die imperiale Achse zu brechen, der
Stachel in Fleisch zu sein.
Das hat es
ja auch woanders gegeben. Ich erinnere nur an die Berliner Zustände in den
fünfziger Jahren. Aber ich möchte auch daran erinnern, dass in der Zwischenzeit
parteiübergreifend in Berlin wieder über die Wiedererrichtung des
Stadtschlosses diskutiert wird und nachgedacht wird.
Nicht nur wir
Freiheitliche, sondern auch eine Bürgerinitiative mit 20 000
Unterschriften - das ist eine große Zahl, wie Sie wissen, wenn sie einzeln
gesammelt werden müssen - und auch internationale Widerstände und Proteste, von
Organisationen wie Europa Nostra, vom Kunsthistorikerkomitee, wo sich
180 Experten aus aller Welt gegen dieses Projekt in seiner damaligen Form
ausgesprochen haben, haben eine neue Diskussion und ein Umdenken erzwungen. -
Ich möchte hier übrigens auch den Alt-Bürgermeister Zilk nennen, der sehr wohl
Seines in seiner Partei dazu beigetragen hat, dass seine Kulturpolitiker -
zumindest ein Teil - einzulenken imstande gewesen sind und verpflichtet werden
konnten.
Das Umdenken
hat sich aber leider nur in sehr eingeschränkter Weise manifestiert. Im Kern
ist am Konzept festgehalten worden. Unsere Argumentation ist leider nicht durchgedrungen,
nämlich die weitest gehende Verwendung der historischen Bausubstanz. Das finden
wir bedauerlich. Mit unserem klaren Standpunkt konnten wir zwar einiges
erreichen, aber doch nicht in dem Sinn alles - das ist halt einmal so -in
Bewegung bringen.
Der
Bibliotheksturm ist gefallen. Ich glaube, es war ja auch etwas sehr
Anachronistisches - von Anfang an -, so etwas zu errichten. Der vorgeschobene
Zweck war nur ein formeller, denn Bibliotheken haben schon lange keine Türme
mehr und die Bücher werden schon längst in Speichern unterirdisch
untergebracht. Aber der eigentliche Grund war ja auch nicht ein Lese- oder
Bibliotheksturm, sondern - auch das wurde ausgesprochen - der Anspruch, ein
republikanischer Turm werde errichtet, der sich sozusagen in Gegensatz setzt
zum monarchischen Hofburg-Ensemble - ein Gedanke, der, na ja, ich würde meinen,
schon etwas überholt zu sein scheint. Die Zeitläufe sind über solche
Gedankengänge hoffentlich hinweggegangen.
Ein weiterer
Erfolg der vereinten Bemühungen, wenn ich so sagen darf, war der Verzicht auf
zwei von vier überdimensionierten Baukörpern, wobei auch die verbliebenen zwei
Gott sei Dank der Höhe und dem Bauvolumen nach eingebremst und eingeschränkt
wurden.
Leider wurden
erst in letzter Zeit - es ist noch nicht sehr lange her - die beiden Spangen
abgerissen, die links und rechts der Reithalle gewesen sind. Schade um diese
beiden Tonnengewölbe, die übrigens zeitgleich mit der Reithalle errichtet
wurden und daher den gleichen Anspruch auf Erhaltung gehabt hätten wie diese
selbst.
Leider ist ja
überhaupt dem Denkmalschutz in der ganzen Entwicklung des Projekts nicht gerade
Priorität eingeräumt worden, ganz im Gegenteil, man kann sagen, er ist
sträflich vernachlässigt worden. Schon in der Ausschreibung wurde auf die
Gewichtung des Denkmalschutzes wenig Wert gelegt und sämtliche Dienststellen in
Land und Bund haben durch Jahr und Tag Denkmalschutz und seine Auflagen
sträflich vernachlässigt.
Was die
Raumeinteilung betrifft, möchte ich ebenfalls sagen, dass man hier durchaus
auch andere Wege hätte beschreiten können. Die Sammlung Leopold zum Beispiel
hätte sicher ideale Verhältnisse vorgefunden, wenn sie im barocken Teil von
Fischer-von-Erlach-Bauten untergebracht worden wäre, und das Museum und deren
Kunst hätte garantiert mit einem Neubau auf der Platte nur gewinnen können. Es
hätte hier eine wirkliche architektonische Glanzleistung entstehen können. Und
außerdem wäre es damit möglich
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