Gemeinderat,
2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll
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zahlungen der Stadt Wien geben. Das war das zweite
Grundprinzip, zu dem wir uns bekannt haben und das auch in x-Fällen praktiziert
wurde. - Wieder ein Grundsatz, der zu Grabe getragen wird! Herr Kollege
Chorherr, darüber werden auch Sie nicht hinwegkönnen: Das ist nun einmal eine
Abmachung, die heute ganz deutlich gebrochen wird.
Es war also offenbar, möchte ich jetzt einmal sagen,
der ansatzlose und mehrmals wiederholte Versuch der Finanzverwaltung,
kulturpolitisch vereinbarte Richtlinien zu untergraben. Denn das Geld kommt
natürlich auch nicht aus dem Kulturressort. Peter Marboe hat sich damals
erfolgreich gewehrt, indem er gesagt hat: Ich kann hier nicht unfair gegenüber
allen anderen Projektanträgen handeln. Ich muss nach objektiven Kriterien
vorgehen. Wie soll ich das zum Beispiel einer Emmy Werner oder einem Herrn
Nehrer erklären, die ebenfalls Gelder für ihre Institutionen, für das
Künstlerhaus beziehungsweise für die Bühne Wieden, gebraucht hätten? Wie soll
ich ihnen erklären, dass wir plötzlich zwar 6 Millionen S für Public
Netbase zur Verfügung haben, dass aber diese Projekte, die schon viel länger
anstehen, auf Grund der Sparmaßnahmen und des restriktiven Budgets in dieser
Stadt kein Geld bekommen? - Er hat also erfolgreich gesagt: So nicht!
Die Finanzverwaltung hat alles auf den Kopf gestellt
und gesagt: Dafür gibt es Geld und wenn du es nicht machst, dann soll es eben
das Sozialressort tun, weil es dort ja auch einen Posten von 500 000 S
für die Jugend gibt, der zur Verfügung gestellt wird. Daher werden wir es dort
einbringen.
Man muss daher heute rückblickend Frau Emmy Werner
und Herrn Nehrer sagen: Sie haben etwas verabsäumt, was Herr Becker zuwege
gebracht hat. Er hat es geschafft, bei einer SPÖ-Pressekonferenz mit dem
damaligen Klubobmann Hatzl und dem Kultursprecher Woller gemeinsam aufzutreten
und offenbar als Dankbarkeit für eine Unterstützung dieser bereits in den
ersten Wahlüberlegungen schwelgenden SPÖ eine Zusage zu erhalten, die natürlich
weder bedeckt noch mit dem Koalitionspartner abgesprochen war. Es ist für mich
daher nicht überraschend, dass wir heute, im Mai 2001, bei einer
SPÖ-Alleinregierung zu diesem nachträglichen Beschluss kommen. (GR Godwin
Schuster: Oftmals besprochen!)
Herr Kollege Chorherr! Es gibt überhaupt keine Zensur
oder Auftrittsverbote für kritische Medien oder überhaupt Menschen. Das ist ja
nicht die Frage. Man muss sich allerdings - und ich bitte darum, das sehr
kritisch zu sehen; es ist heute auch von Vorrednern bereits erwähnt worden -
die Startseite von Public Netbase anschauen. Wäre dort das Wichtigste
tatsächlich das, was du immer genannt hast, nämlich eine Kulturplattform - du
hast vom Kulturschaffen gesprochen -, so würde ich mich freuen, wenn ich das
dort entdecken könnte. Vielleicht solltest du dir diese Seite einmal genauer
anschauen. Die erste ... (GR Mag Christoph Chorherr: Weiterklicken!)
Natürlich: Klicken ist offenbar das Einzige, was du beherrschst - du hast dich
ja auch genau entsprechend deklariert. Du kannst sozusagen etwas hineinstecken
und dann klicken.
Aber da geht es um Inhalte. Es geht darum, welches
Auftrittsbild Public Netbase hat. Wenn dort die ersten drei mächtig dastehenden
Bereiche ausschließlich, wirklich ausschließlich regierungskritische Bereiche
sind - "World-Information"-Organisation,
"government-austria.at" und "free.netbase.org" -, so sind
das alles Bereiche, die sich ausschließlich damit beschäftigen, eine
Gegenregierung darzustellen, kritisch zu sein, zu behaupten, dass es sich hier
um radikale rechtsorientierte Maßnahmen handle - man kann das alles nachlesen.
Es geht dort ausschließlich um eine Plattform von politisch Orientierten - man
fragt ja gar nicht, ob es Künstler sind, es kann dort jeder seine Meinung äußern.
Das ist gut so.
Die Frage ist nur, ob das jener Objektivität und
Fairness entspricht, die wir im Hinblick auf Kulturförderung sonst praktiziert
haben, und ob es gerechtfertigt ist, dass es deshalb, weil sich Public Netbase
sozusagen mit Grün und Rot in ein Bett gelegt hat - wir haben diese Protokolle,
und sie waren auch der damaligen Frau StR Ederer zugänglich, Protokolle aus
internen Gesprächen, aus denen das eindeutig hervorgegangen ist, das wurde auch
unserem damaligen VBgm Dr Görg zugespielt -, Zusagen von Public Netbase
gegenüber der SPÖ gegeben hat: Wenn sie dazu bereit ist, dass zusätzliche
Förderungen - die, wie sich damals schon abzeichnete, vom Bund wahrscheinlich
nicht mehr zu bekommen sein werden - durch die Stadt Wien kompensiert werden,
dann ist Public Netbase bereit, für die SPÖ im Wahlkampf die Plattform gegen
diese ungeliebte Bundesregierung zu sein. Das gibt es schwarz auf weiß. Das
haben wir, das hat auch Frau StR Ederer gehabt, und sie hat sich daher in
dieser Frage zunehmend zurückgehalten und bedeckt gehalten. (GR Johannes
Prochaska: Hört, hört!)
Sie werden doch, nachdem alle diese Punkte voll auf
dem Tisch liegen, nicht ernsthaft annehmen, dass es dazu dann eine politische Zustimmung
geben kann! Ich bin eigentlich verwundert darüber, dass Sie als übergroße
Demokraten sagen: Das ist in Ordnung. - Für mich ist das der klassische Fall
einer Freunderlwirtschaft-Geschichte. Da wird jetzt, weil das zwischen Rot und
Grün "verhabert" und sehr schön ausbaldowert ist, im Hinblick darauf,
da etwas zu tun, was parteipolitisch nützt - nicht politisch im Sinne von
Offenheit und Kritischsein, sondern es nützt ausschließlich parteipolitisch -,
sozusagen die Belohnung ausgesprochen und Geld im Ausmaß von
6 Millionen S zur Verfügung gestellt.
Meine Damen und Herren! Das heißt, es handelt sich hier
eindeutig um einen krassen Fall einer missbräuchlichen Verwendung von
Steuergeldern und Subventionsgeldern. Es ist dies - ich habe es schon gesagt -
eine Pervertierung der von Peter Marboe sehr erfolgreich begonnenen Politik mit
weniger Politik in
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