Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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erinnere mich noch
gut daran: Als ich hier an dieser Stelle und nicht nur an dieser Stelle die
Privatisierung der Bank Austria gefordert habe, hat mich einer Ihrer Vorgänger,
der spätere Finanzminister auf Bundesebene, als einen wirtschaftspolitischen
Geisterfahrer bezeichnet. Ich erinnere mich noch gut daran: Als ich gemeint
habe, dass die Stadt Wien endlich der Haftung verlustig gehen sollte, weil das
ein potentielles Risiko ist - Sie haben ja heute im Zusammenhang mit der
Bankgesellschaft Berlin selbst von dem Haftungsproblem gesprochen -, da hat Ihr
Sitznachbar und Bürgermeister damals gemeint, die Haftung wäre absolut
notwendig, weil sonst die Bank das Rating verlieren würde. (Bgm Dr Michael Häupl: Zitieren Sie richtig!) Herr Bürgermeister,
ich zitiere Sie völlig korrekt. (Bgm Dr
Michael Häupl: Nein, das tun Sie nicht!) Sich jetzt hinzustellen und so zu
tun, als wäre das, was mit der Bank Austria passiert ist - ich gestehe schon,
ohne Ihre Zustimmung wäre das letztlich nicht möglich gewesen -, eine
Errungenschaft der SPÖ, die sie sehr vorteilhaft von der Berliner Situation
unterscheiden würde, das wäre genauso, wie wenn die FPÖ jetzt hergehen und
sagen würde, der EU-Beitritt Österreichs ist der FPÖ zu verdanken. (Beifall bei der ÖVP. - Bgm Dr Michael
Häupl: So ein Unsinn!)
Meine Damen
und Herren! Es sind auch in einer Reihe von anderen Punkten wichtige Dinge
gelungen. Zum Beispiel hat sich durch die Kulturpolitik des Peter Marboe die Politik
wirklich aus der Kultur, wo sie nichts zu suchen hat, zurückgezogen.
Wir haben auch
demokratiepolitisch etwas erreicht, etwa dass Untersuchungsausschüsse heute im
Wiener Landtag ein Minderheitenrecht sind, was ein Novum für die ganze
österreichische Situation auf Bundesebene und auf Landesebene darstellt. Auch
das ist letztlich ein Ergebnis dieses erfolgreichen Kurses, den diese
Stadtregierung der letzten viereinhalb Jahre eingeschlagen hat. (Beifall bei der ÖVP. - Bgm Dr Michael
Häupl: Hoffen wir, dass Sie das auch auf Bundesebene durchsetzen!)
Meine Damen
und Herren! Seit 25. März 2001 ist aber alles anders. Der Wähler hat eine
klare Entscheidung getroffen, die gilt es zu respektieren - das ist überhaupt
gar keine Frage -, aber es ist interessant, wie die Sozialdemokratie,
ausgestattet mit ihrer absoluten Mehrheit, schon in den ersten drei Monaten
dieser neuen Zeit den Erfolgskurs des Schiffes verändert hat.
Da ist es
zunächst einmal darum gegangen: Wie nennen wir denn das Schiff? - Da hat der
Kapitän des Schiffes ursprünglich vorgeschlagen: Wir nennen das Schiff
"Demut". Da hat es eine große Diskussion in der Partei gegeben und
die Parteimitglieder haben alle gesagt, "Demut" kann das nicht
heißen. Die Parteifunktionäre haben gemeint: Lassen wir dem Kapitän seinen
Willen, etwas von dem Begriff soll schon enthalten sein, aber wir nennen das
Schiff nicht "Demut", wir nennen es "Hochmut". Und das ist
es, was die Sozialdemokratie mit ihrer absoluten Mehrheit in den letzten
Monaten schon unter Beweis gestellt hat und ich werde auch den Beweis dafür
führen. (Beifall bei der ÖVP. - GR
Christian Oxonitsch: Das wird Ihnen nicht gelingen!)
Der Kurs ist
nämlich kein positiver. Woran kann ich das festmachen? - Sie, Kollege Rieder,
und Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, fallen schon in den
ersten drei Monaten in alte sozialistische Rituale zurück. Ich bleibe nur beim
Beispiel Finanzpolitik. Da verfügt die Stadt Wien über 6 Millionen
Quadratmeter Grundstücksreserve. Sowohl der Wirtschaftsförderungsfonds als auch
der Bodenbereitstellungsfonds verfügen insgesamt, wenn ich es richtig im Kopf
habe, über eine Reserve von 6 Millionen Quadratmetern. Und zum gleichen
Zeitpunkt, wo diese beiden Fonds über diese riesige Grundstücksreserve
verfügen, geht die Sozialdemokratie mit ihrer absoluten Mehrheit her und kauft
um 500 Millionen S weitere 100 000 Quadratmeter.
100 000 Quadratmeter, die niemand in dieser Stadt wirklich braucht,
um viele Millionen, die aus unserer Sicht ganz falsch angelegt sind und für wesentliche
andere Zukunftsausgaben der Stadt wesentlich besser verwendet werden könnten. (Beifall bei der ÖVP.)
Und Sie haben
auch überhaupt keinen Genierer, meine Damen und Herren von der SPÖ, ein zweites
finanzpolitisches Risiko mit diesem Deal einzugehen. Alle Beteiligten an diesem
Deal wissen, dass das Grundstück, das gekauft worden ist, im höchsten Ausmaß
kontaminiert ist. Anstatt dass man aber, wenn man so ein Grundstück schon
kauft, dem Veräußerer des Grundstücks das volle finanzielle Risiko der Dekontaminierung
überträgt, erklärt sich die Stadt bereit, diese Dekontaminierungskosten deckeln
zu lassen. Alle Experten sagen jedoch, dass mit diesen
150 Millionen S Deckelung ein Risiko beinhaltet ist, weil sich das,
was diese Dekontaminierung kostet, zu einem Vielfachen potenzieren wird.
Herr Kollege
Rieder! Das ist keine seriöse Finanzpolitik. Ich sage das nicht, weil wir
beleidigt sind, dass wir nicht mehr in dieser Regierung sind, und wir werden
als ÖVP auch - das sage ich klipp und klar - keine Fundamentalopposition in
dieser Legislaturperiode betreiben, aber das ist einfach eine unseriöse
Finanzpolitik. Hier wird mit Geld des Wiener Steuerzahlers Schindluder
getrieben. Ich sage es ganz klar und deutlich: Zum gleichen Zeitpunkt, da Sie
sagen, es ist kein Geld für Objektivierungsverfahren bei der
Direktorenbestellung im Schulbereich vorhanden, geben Sie
500 Millionen S für ein Grundstück aus, das niemand braucht. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Kollege Rieder!
Ich habe - ebenso wie Herr Kollege Chorherr - Ihrem Referat selbstverständlich
sehr genau zugehört. Ich war amüsiert über Ihre Darstellung von zwei Arten von
Tariferhöhungen. Wenn ich Sepp Rieder richtig interpretiere, gibt es nämlich
eine böse Tariferhöhung, das ist eine Tariferhöhung, die zum Stopfen von
Budgetlöchern gebraucht wird, vor allem von solchen Budgetlöchern, die
sozialistische
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