Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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Und so wird auch
diese Debatte hier angelegt, weniger in die Vergangenheit und mehr in die
Zukunft zu blicken, zumal der Gesundheitsbereich gekennzeichnet ist, nicht nur
sozusagen durch die Wahl per se, sondern auch durch den Wechsel in der Funktion
des Stadtrats.
Und es ist
auch nichts Neues, dass der Gesundheitsbereich vom Charakter her einem schwer
manövrierbaren Tanker gleichgesetzt werden kann, wobei der Wiener
Gesundheitsbereich sicher in die Kategorie der Supertanker zu zählen ist. Ich
war allerdings, das gebe ich zu, lange Zeit durchaus der Meinung,
wahrscheinlich durch die Regierungsbeteiligung, aber auch durch die Einsicht in
wirtschaftliche Notwendigkeiten, möglicherweise auch auf Grund der Person von
StR Rieder, dass hier doch eine gewisse Bewegung, und sogar in die richtige
Richtung, stattfindet.
Worüber wir
aber meistens unterschiedlicher Auffassung waren, war das Tempo wie diese
Entwicklungen und Bewegungen durchgezogen werden. Da hat es eine gewisse
Diskrepanz gegeben. Und ich glaube, wir konnten in der vergangenen
Legislaturperiode ja durchaus einiges bewegen, wie zum Beispiel eben dieses
doch flächendeckende Impfangebot, die verschuldensunabhängige
Patientenentschädigung oft genannt. Wir haben uns damals zum Ziel gesetzt, dass
das ein Vorbild für den Bund werden könnte. Es hat ursprünglich Kritik an
unserem Modell gegeben, und ich glaube, wir sind durchaus stolz, dass jetzt der
Bund dieses Modell nahezu eins zu eins übernimmt. Wir haben es geschafft, und
das rechne man durchaus auch sehr stark der ÖVP und der Maria Hampel-Fuchs zu,
dass das Budget im extramuralen Bereich nicht nur gehalten, sondern auch sogar
ein bisserl ausgedehnt werden konnte. Ich hoffe - und das wird eine unserer
großen Bestrebungen sein -, dass das auch in Zukunft so sein wird.
Wir waren
durchaus nicht unerfolgreich bei der Verselbständigung des KAV. Aber das ist
gerade einer jener Bereiche, wo ich immer wieder gesagt habe, dass ich mir mehr
und die Sache schneller wünschen würde, als es schlussendlich passiert.
Nun hat also
ein Personalwechsel und es hat eine Wahl stattgefunden und ich glaube, man kann
durchaus schon erste Schlussfolgerungen ziehen, dass es im Gesundheitsbereich
fraglos zu einer gewissen Re-Ideologisierung gekommen ist. Ich stelle auch
einen Hang zum Strukturkonservativismus fest, gepaart mit einer Reform- und
Bewegungsunwilligkeit, und das wird sicher etwas sein, was wir uns in Zukunft
sehr genau anschauen müssen. Und da sind viele Dinge sozusagen im Argen, die
absolut in nichts mit der Bundesregierung, ihrer Bereitschaft zum Sparen
zusammenhängen, sondern da geht es um hausgemachte Probleme, die wir lösen
müssen, hier in Wien und nur hier in Wien.
Und ich möchte
schon eines sagen, meine Damen und Herren, gerade auch von der SPÖ und von den
GRÜNEN, ökonomisches Denken und Handeln und menschliche Zuwendung müssen nicht
a priori ein Widerspruch sein. Und ich glaube, es ist nicht korrekt und nicht
fair, dass, wenn ein Vorschlag zur Optimierung des Effizienzeinsatzes gemacht
wird, man hier sofort sozusagen diese Person zu einem medizinischen
Sicherheitsrisiko hochstilisiert, vernadert oder sozusagen das hinschreibt.
Weil ich glaube, es gilt hier wie vielfach im Leben, man muss die Dinge
verändern, um das zu halten, was man hat. Und ich glaube, wir sind uns hier
alle im Haus einig, dass wir keine Zweiklassenmedizin haben wollen. Aber ich
habe mittlerweile das Gefühl, dass wir uns über den Weg, wie wir das
sicherstellen sollen, offenkundig zusehendst unterschiedlicher Auffassungen
bedienen. Görg hatte schon in der Generaldebatte darauf hingewiesen, dass es in
den vergangenen Monaten seit der Wahl und seit der Angelobung, sowohl in
Gedanken, als auch in Worten, aber auch schon in Taten zu einer, ich würde
sagen, Re-Verstädterung gekommen ist und auch diverse Wortmeldungen von Frau
Stadtrat Pittermann (GR Dr Elisabeth
Neck-Schaukowitsch: Stadträtin!), Stadträtin, bitte schön, lassen mich
sozusagen den Eindruck verstärken, dass das gerade im Gesundheitsbereich der
Fall ist.
Sie haben
mehrfach und zu verschiedenen Anlässen gesagt, die städtischen Einrichtungen,
ob Spitäler, Pflegeheime oder auch Gesundheitsämter, sind automatisch, ich sage
jetzt automatisch, besser als private Einrichtungen und Sie definieren dieses
Besser sein eigentlich in der Regel und ausschließlich über die Quantität der
Mitarbeiter. (GR Dr Elisabeth
Neck-Schaukowitsch: Über die Qualität!) Nun, ich sage bewusst, der Quantität.
Sie haben das immer auf der Quantität hochgezogen, denn wenn Sie die Qualität
hernehmen, dann glaube ich, sind andere Einrichtungen, wie die schon erwähnten
Ordensspitäler und sonstige geistliche, aber auch andere private Einrichtungen
vielfach, zwar nicht immer, aber meistens dem durchaus gleichzuhalten. (GR Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Es ist
die Qualität!)
Nein, es war die
Quantität, auf der Sie es aufgehängt haben. Und ich verstehe das aber, dass Sie
natürlich auf Grund Ihrer beruflichen Sozialisierung im Hanusch-Spital das so
sehen, aber objektiv kann uns das sicher nicht weiterhelfen. Und in dieses
Bild, sozusagen der Verstaatlichung, der Wiederverstädterung passt auch die
Forderung, die in einem der Punkte der 100 Projekte aufgestellt wurde,
wonach - ich zitiere - die Vergabe des Pflegegelds in Hinkunft an den Einsatz
von Personal, das über ordnungsgemäße arbeits- und sozialrechtliche Absicherung
verfügt, gekoppelt werden soll. Das heißt also nichts anderes, als dass das
Pflegegeld nicht mehr auch Familienangehörigen, Familienmitgliedern zugute
kommen soll, die pflegebedürftige Personen pflegen, sondern nur mehr zur
Verfügung stehen soll für Einrichtungen, ob mural oder extramural, wo eben
entsprechende Mitarbeiter vorhanden sind, die arbeits- und sozialrechtlich
abgesichert sind. Solchen dirigistischen und interventionistischen
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