Gemeinderat,
7. Sitzung vom 20.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 125
Arbeitsmarkt hatten,
weil das Geld nicht da war, weil auch nicht klar war, wer auf diese Kinder
aufpassen soll, und weil sie in ihrer Isolation und Sprachlosigkeit nicht
einmal wussten, dass es zum Beispiel Kurse mit paralleler Kinderbetreuung gibt.
Und genau, um
das zu verbessern, muss man zu diesen Frauen kommen. Man muss kommen, man muss
sie ansprechen durch Sozialarbeiterinnen, die der eigenen Volksgruppe
angehören, die wissen, wie diese Frauen leben, wo sie leben und wie man sie
erreicht. Und so etwas aufzubauen, würde sich lohnen.
Damit bin ich
bei meiner wesentlichen Kritik, was das Wiener Budget betrifft. Ich denke, das
Bild von Herrn StR Rieder gestern, der das Budget mit einem Tanker verglichen
hat, ist gut, das ist ein sehr gutes Bild. Für mich hat es die Trägheit
gezeigt, es hat auch die Zeitdimension sehr schön vermittelt. Ein Tanker
braucht Stunden, um zu wenden. Es heißt nicht, dass er nicht wendet, irgendwann
einmal schon. Ich bin bereits das sechste Jahr in diesem Hause und ich kann
schon bestätigen: Ja, Änderungen sind möglich. Die Dinge gehen weiter. Die
Frage ist, wie lange man dazu braucht und ob es in manchen Fällen dann noch den
Menschen nutzt, um die es geht.
Also da denke
ich mir, ja, das Bild ist zutreffend: schwerfällig, langsam und in diesem Fall
auch vielleicht dringend reparaturbedürftig, zumindest was das Budget betrifft.
Denn von außen sieht unser Tanker super aus. Der ist gerade neu gestrichen
worden und wunderbar. Von innen, denke ich mir, würde es vielleicht schon
lohnen, ihn einmal zu überholen, und zwar so zu überholen - und da glaube ich
schon, dass mir die Stadträtin Recht geben wird, aber wir werden sehen, ich bin
gespannt -, indem man ganz einfach die budgetären Spielräume in manchen
Bereichen erweitert und indem man Geld von einem Bereich nimmt, wo man es nicht
braucht, aber wo man seit Jahren einfach draufsitzt mit dem Argument: Dieses
Geld haben wir, das haben wir seit Jahren immer schon bekommen, das ist gut,
das ist sinnvoll und das machen wir jetzt. Aber dann fehlt dieses Geld
woanders. Ich wüsste wunderbare Beispiele zu bringen, etwa unsere Bäder, die
Hunderte Millionen verschlingen, um nur ein kleines Beispiel zu nennen. Ich
habe mir sogar ein paar andere notiert, aber die finde ich im Moment nicht.
Macht nichts. Es gibt genug, es gibt in dieser Stadt Hunderte Millionen. (Ruf: Garagen!)
Genau, die
Garagen! Die Garagen sind ja auch ein wunderbares Beispiel, für die nach wie
vor jahrein, jahraus 500 Millionen S unter die Erde vergraben werden.
Sie stehen dann vielleicht für Autos zur Verfügung, aber sie werden auch nicht
entsprechend genutzt, weil die meisten dieser Garagen ganz einfach viel zu
teuer sind. Daher stehen sie die meiste Zeit leer. Und und und.
Wovon ich also
spreche, ist ganz einfach, Geld in die Hand zu nehmen und dieses Geld in jene
Bereiche zu investieren, die von der Wiener Stadtpolitik viel, viel später
entdeckt worden sind. Und es ist kein Geheimnis, das weiß jeder, gerade
Frauenpolitik, gerade Integrationspolitik, übrigens auch Behindertenpolitik,
auch Politik für Lesben und Schwule, das sind Bereiche, die schwerst unterdotiert
sind, im Vergleich jetzt zum Stadtbudget, weil sie mehr oder weniger
verhältnismäßig spät als politische Betätigungsfelder entdeckt worden sind,
verglichen mit den traditionellen, lang etablierten Politikbereichen.
Und weil
dieses Budget so starr und unflexibel ist in dem, wie viel Geld von
Geschäftsgruppe zu Geschäftsgruppe vorhanden ist, haben wir in dieser Stadt ein
Problem. Wir haben teilweise schon den Einblick, dass wir hier Maßnahmen
brauchen, aber wir haben das Geld nicht. Und irgendwo nutzt es mir und den
Betroffenen in der Stadt zum Schluss wahnsinnig wenig, wenn jemand sich
herstellt - was ohnehin schon das Beste ist, was ich erreichen kann - und
jahrein, jahraus sagt: Ja, das muss man machen, ja, das wäre gut, ja, machen
wir schon!, und in 30 Jahren vielleicht kann ich meinen Enkelkindern
erzählen, wie das dann passiert ist, denn vielleicht hat es dann unser Tanker
geschafft, die Kurve zu kratzen.
Ich schließe
vielleicht damit ab: Ich habe es ein bisschen satt, jahrein, jahraus von dieser
Stelle hier, vom kleinen Schlauchboot aus, den Tanker zu umkreisen und
sozusagen zu versuchen, mit dem Lautsprecher irgendetwas mitzuteilen, was
teilweise nicht gehört wird, teilweise schon gehört wird, aber nicht umgesetzt
werden kann.
Ich möchte meine
Rede damit beenden, aber nicht unerwähnt lassen, dass wir gerade im Budget der
Stadt dringend eine Erhöhung der Mittel bräuchten, die für Politik für Lesben
und schwule Menschen, aber auch für Transgender Personen in dieser Stadt da
sind. Das ist ein Bereich, wo es viel guten Willen gibt, wo es auch jede Menge
gute Maßnahmen gegeben hat in den letzten Jahren, aber wo es eklatant an Geld
mangelt, und dieser Geldmangel ermöglicht es uns nicht, eine Reihe von
innovativen Projekten, die es in anderen Städten vergleichbarer Größe gibt, bei
uns auch nur anzugehen.
Um vielleicht,
damit ich das Ganze nicht unkonkret lasse, nur ein Beispiel zu erwähnen:
Betreuung von Lesben und Schwulen im Alter, die ja gerade dann unter besonderer
Isolation leiden, die ja gerade dann auch vielfach diskriminiert werden -
Stichwort Pensionistenwohnheime -, weil sie auch nicht heiraten dürfen in
diesem Land und weil sie von da her, selbst wenn sie es wünschten, nicht den
Status eines anerkannten Paares, einer Lebensgemeinschaft erhalten können.
Gerade hier würde es, wie gesagt, gelten, das auszuprobieren, was anderenorts
in Europa längst ausprobiert wird. Aber dazu fehlt das Geld.
Ein letzter Bereich,
wo detto das Geld und vielleicht auch die Einsicht fehlt - ich habe es doch geschafft,
20 Minuten zu sprechen -: Behindertenpolitik. Innovative
Behindertenpolitik in der Stadt bedeutet natürlich auch Mittel, Mittel für die
persönliche Assis-
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