Gemeinderat,
7. Sitzung vom 20.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 97 von 125
"Jessas", weil ich schon aufgestanden war
- weil man an diesem Platz auch nicht übertrieben gut hört -, aber nicht, weil
ich Ihnen das Wort nehmen wollte!
Bevor ich auf
die Diskussion eingehe, möchte ich einiges Grundsätzliches sagen: Wien hat, wie
schon Frau GRin Lakatha festgestellt hat, ein hervorragendes Gesundheitssystem
mit international hohem Stellenwert. Wir nehmen die Herausforderung an, trotz
der unsozialen Politik der Bundesregierung und deren Restriktionen dieses Gesundheitssystem
auf dem vorhandenen Niveau zu halten und weiter auszubauen.
Das unter dem
zynischen Begriff der "sozialen Treffsicherheit" verabschiedete
Maßnahmenpaket der Bundesregierung trifft überproportional sozial Schwache,
Arbeitslose, Alleinerzieherinnen, aber vor allem kranke Menschen. Damit haben
wir den Begriff "soziale Treffsicherheit" treffend definiert. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Kürzung
der Familienzuschläge beim Arbeitslosengeld, die höhere Besteuerung von
Urlaubs- und Kündigungsentschädigung, der Selbstbehalt bei der
Krankenversicherung, die Besteuerung der Unfallrenten und mein besonderes
Thema, die Ambulanzgebühren, stellen enorme Belastungen für die Betroffenen
dar. Man hat sie im wahrsten Sinne des Wortes "treffsicher
abgefedert", weil wertvolle solidarische Leistungen des Staates ausgerupft
wurden.
Zum Beispiel
Ambulanzgebühren: Weder ist der gewünschte Finanzierungseffekt eingetreten,
noch die Verlagerung hin zu den niedergelassenen Ärzten. Sie wünschen sich,
dass ich über alles einen Plan mache, und darüber bin ich sehr verwundert, Herr
GR Dr Hahn, denn das ist ja eigentlich Planwirtschaft und nicht Marktwirtschaft,
und ich habe noch nie gehört, dass man sich den staatlichen Gesundheitsdienst
wünscht. Wenn ich in Wien für Niedergelassene und Private und alles
verantwortlich wäre und da regulierend eingreifen würde, dann hätte das mit dem
Markt und mit dem, was Sie sich wünschen, mit der Konkurrenz, überhaupt nichts
mehr zu tun, dann hätten wir frühere sowjetische Verhältnisse! (Beifall bei der SPÖ. - Heiterkeit der GRin
Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch.)
Die Zahlen der
Wiener Gebietskrankenkasse zeigen auch, dass der Einnahmeneffekt total ausgeblieben
ist, dass es aber zu einem hohen Verwaltungsaufwand bei den Spitälern, aber
auch bei den Krankenkassen gekommen ist. Die Kosten dafür trägt der
Steuerzahler und der Krankenversicherte. (StRin
Karin Landauer: Alles trägt der Steuerzahler! Alles!) Unter diesen negativen
Bedingungen setzen wir bewusst auf eine Politik, die dieser diametral
entgegengesetzt ist. Aus unserem sozialdemokratischen Verständnis heraus stehen
wir für eine hochwertige Sozial- und Gesundheitspolitik, die für jeden zugänglich
ist und bleiben muss. (Beifall bei der
SPÖ.)
Die
finanzielle Situation des Einzelnen darf niemals entscheidend für den Zugang
zur optimalen medizinischen Betreuung sein. Für uns Sozialdemokraten steht
primär der Mensch im Vordergrund und unter dieser Prämisse sehen wir sämtliche
gesundheitspolitischen Maßnahmen und budgetären Maßnahmen. Wir sind für die
Qualitäts- und Leistungssicherheit, für die Optimierung von Leistungen, für langfristige,
umsichtige Planung. Wir gehen verantwortungsvoll mit den Budgetmitteln um und
suchen Synergien und Potenziale zur Effizienzsteigerung. Im Mittelpunkt stehen
für uns immer die Patienten und die Garantie, sämtliche medizinische Leistungen
inklusive Spitzenleistungen allen Bevölkerungsgruppen, allen WienerInnen
zugänglich zu machen. Die Schwächsten der Gesellschaft müssen
selbstverständlich diesen Zugang jederzeit kostenlos haben. Wir stehen für die
klare Abkehr von der Zwei- oder Mehrklassen-Medizin. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Dotierung
des Geschäftsgruppenbudgets für 2002 ist für die Leistungen ausreichend, aber
ich wünsche mir natürlich - ich bin eine sehr ungeduldige Ärztin - einen noch
schnelleren Ausbau dieser exzellenten Versorgung. Allein der Würgegriff der
Bundesregierung und der Zugriff auf unsere Steuergelder zur Erreichung des
Nulldefizits lässt mich meine Träume nicht so verwirklichen, wie ich mir dies gewünscht
habe. Dieser Würgegriff und die Auswirkungen der Volkszählung sind keine
idealen Vorgaben für meine Vorhaben.
Trotzdem
möchte ich aber darauf hinweisen - weil Sie so sehr die Qualität kritisiert
haben -, dass Wien um Quanten vor der medizinischen Versorgung der Bundesländer
liegt. Wenn am 13.12. die Strukturkommission tagen wird, wird es um Qualitätskriterien
gehen. Wenn auch die Kolleginnen und Kollegen aus den Bundesländern bereit
sind, sehr, sehr langen Übergangsfristen zuzustimmen: Wir brauchen keine
Übergangsfristen. Diese Qualität haben wir schon längst erreicht!
Ich möchte Sie aber auch
noch an Gmunden und an Freistadt erinnern, damit Sie wissen, was Unterschied in
der Qualität bedeutet. Und noch eines - das ist vielleicht schon in Vergessenheit
geraten -: Wenn ein ausländischer Präsident in Zams eine Divertikelperforation
erleidet, wird er per Flugzeug in die Landeshauptstadt überstellt. Aber was,
bitte, geschieht mit den anderen Bürgerinnen und Bürgern, die das Pech haben,
mit der Divertikelperforation im Krankenhaus Zams operiert zu werden? - Das ist
der Unterschied: In Wien haben Sie die optimale Versorgung! Da gibt es keine
Rufbereitschaft. Da wird das Ärztegesetz eingehalten. Dass man alles noch
besser ausstatten kann, das will ich gar nicht leugnen. Aber wir liegen um Quanten
voran und wenn wir einmal noch mehr Geld zur Verfügung haben, dann wird noch weiter
ausgebaut werden. Wir können uns als Wiener ununterbrochen für unsere Kosten
verhöhnen und schelten lassen, ohne dass man jemals unsere Leistungen anerkennt!
Auf das
Verhalten der Ost-Region und, wie Sie schon öfters angesprochen haben, die
Zahlungen durch die anderen Länder gehe ich dann noch ein.
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