Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 138
Wir glauben, dass Modelle, wie sie
in Amsterdam oder in vielen Städten in Großbritannien praktiziert werden, auch
auf Wien umgelegt werden können, dass es in Wien vieles gibt, was man besser
machen kann.
In diesem
Zusammenhang mache ich einen kleinen Abstecher zu einer Presseaussendung. Herr
GR Ulm von der Österreichischen Volkspartei, der nach mir sprechen wird, hat in
seiner Presseaussendung gesagt: Das sind wieder Ideen von den grünen
Weltverbesserern. - Dazu stehen wir auch, denn die GRÜNEN wollen die Welt
verbessern, wir wollen die Stadt verbessern! Wenn sich die Österreichische
Volkspartei als Systemerhalter im besseren Falle, als Weltverschlechterer im
schlechteren Falle versteht, dann ist das nicht mein Problem. Die GRÜNEN stehen
für eine Verbesserung dieser Stadt und wir sehen in Wien akuten
Handlungsbedarf. (Beifall bei den GRÜNEN.)
In Wien
ist für 2002 ein Antidiskriminierungsgesetz angekündigt, in Wien ist von der
regierenden Sozialdemokratie - und das wurde auch im Wahlkampf oft genug gesagt
- ein kommunales Wahlrecht auf Bezirksebene angekündigt. Das sind gute
Schritte, auch wenn wir nicht mit jedem Punkt einverstanden sind: Eine
Aufenthaltsdauer von acht Jahren, bevor wir zum Wahlrecht kommen, ist völlig
indiskutabel. Damit würde es weiterhin drei Kategorien von Menschen in dieser
Stadt geben, nämlich die Österreicher, die EU-BürgerInnen und Ausländerinnen
und Ausländer aus anderen Staaten dieser Welt.
Es ist
also an der Zeit, in Wien ein neues Modell zu entwickeln, und das nennen wir,
das nennen die GRÜNEN die "Wiener Stadtbürgerschaft".
Was ist
die "Wiener Stadtbürgerschaft"? - Es geht dabei im Wesentlichen
darum, Gerechtigkeitslücken in dieser Stadt zu beseitigen: Gerechtigkeitslücken
im Bereich Wahlrecht, Sozialleistungen und Gemeindewohnungen. Was wir fordern,
ist erstens das volle Kommunalrecht auf Bezirksebene, zweitens den
gleichberechtigten Zugang zu Gemeindewohnungen und drittens den
gleichberechtigten Zugang zur Sozialhilfe und allen sozialen Leistungen, die
die Stadt Wien anbietet. Die "Wiener Stadtbürgerschaft" könnte dann
mit einem Ausweis versehen werden, ein Vertrag sein - nicht ein Vertrag wie der
Integrationsvertrag, das "Ausländer raus!"-Paket der Bundesregierung,
der kein Vertrag ist, sondern eine Zwangsmaßnahme, sondern ein Vertrag, an dem
zwei Seiten beteiligt sind.
Ich möchte
nur kurz auf die Wohnsituation der Ausländerinnen und Ausländer in dieser Stadt
eingehen. Es ist hinlänglich bekannt - und das behaupten nicht die GRÜNEN,
sondern das geht aus dem Mikrozensus hervor -, dass die Wohnsituation von
Ausländern und Ausländerinnen in dieser Stadt ungleich schlechter ist, als die
Situation von Menschen mit einem österreichischen Pass: Sie zahlen mehr für den
Quadratmeter - deutlich mehr -, sie wohnen in kleineren Wohnungen und sie sind
von einem Drittel der Wohnungen in Wien ausgeschlossen.
Wir
wünschen uns zusätzlich ein Wiener Wohnpaket und in diesem Wiener Wohnpaket
wäre eines der ganz großen Anliegen, dass in Bezug auf die zirka 250
Spekulationshäuser in Wien - die Liste wird es erst nächstes Jahr im Frühling
geben -, in denen etwa 30 000 Menschen wohnen - das trifft viele andere
Leute auch noch -, etwas geschieht. Wir fordern von den regierenden Sozialdemokraten,
dass ein Antispekulationsfonds in der Höhe von 11 Millionen EUR,
zirka 150 Millionen S, eingerichtet wird und das schleunigst im
Budget für das nächste Jahr vorgesehen wird.
Wir glauben, dass wir das Wiener Wohnproblem der Migranten
und Migrantinnen lösen können, und zwar relativ zügig, innerhalb von fünf
Jahren, innerhalb dieser Legislaturperiode, wenn wir endlich die Öffnung der
Gemeindebauten angehen und wenn wir diesen Antispekulationsfonds mit
150 Millionen S beziehungsweise 11 Millionen EUR einsetzen.
Ich habe
meine Ausführungen mit der Kritik an der Bundesregierung begonnen. Wir sind
aber nicht im Bund, wir sind in Wien. Dieser von den GRÜNEN vorgelegte
Vorschlag ist nicht ein Vorschlag, den wir bei einer Pressekonferenz machen und
dann verschwindet er wieder, sondern dieser Vorschlag wird von sehr, sehr
vielen Leuten in dieser Stadt mitgetragen. Wir hoffen daher, dass eine
Einladung zu einem Gespräch erfolgt, dass Roundtable-Diskussionen stattfinden
können, dass wir das gemeinsam erarbeiten: die Sozialdemokraten und
Sozialdemokratinnen, die GRÜNEN, fortschrittliche christliche Teile in der
Österreichischen Volkspartei, die sich nicht nur in der Adventzeit vielleicht
auch einmal auf ein paar christliche Grundsätze zurückziehen könnten. Wir laden
alle Interessierten in dieser Stadt ein, mit uns, mit den GRÜNEN gemeinsam an
einer "Wiener Stadtbürgerschaft" zu arbeiten, die viele
Gerechtigkeitslücken, die in dieser Stadt bestehen, endlich beseitigt.
Zum
Abschluss führe ich noch einmal aus, wie das genau aussehen soll:
Der erste
Punkt ist das kommunale Wahlrecht auf Bezirksebene - wir reden hier nicht
einmal vom Wahlrecht für den Gemeinderat, für den Nationalrat, weil wir das
hier nicht beschließen können. Es geht also hier um das kommunale Wahlrecht auf
Bezirksebene und das muss schneller gehen, als es in den SPÖ-Vorschlägen, die
momentan auf dem Tisch liegen, vorgesehen ist, wo von acht Jahren die Rede ist.
Das ist völlig indiskutabel! Wir wünschen uns eine Gleichstellung mit den EU-BürgerInnen,
die nach sechs Monaten Aufenthaltsverfestigung in Österreich wählen können. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Als zweiten Punkt
wünschen wir uns - und ich habe das an dieser Stelle schon öfters lange und
deutlich ausgeführt - die schnelle Öffnung der Gemeindebauten. Es ist nicht
einzusehen, warum in dieser Stadt ein Drittel der Wohnungen für Ausländer und
Ausländerinnen nicht zugänglich
ist. Das ist eine der allergrößten
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