Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 108 von 138
oder aus Ihrer
Sichtweise heraus, dass auch Kommunistinnen und Kommunisten im
Dokumentationsarchiv mitarbeiten würden. Das hat sich mittlerweile in der
Argumentation geändert. Das habe ich als Vorwurf vom Kollegen STEFAN auch nicht
mehr gehört, weil es in der Tat auch nicht stimmt und weil das Dokumentationsarchiv
beispielsweise durch eine sehr umfassende Studie über die österreichische
Emigration in Moskau bewiesen hat, dass das Dokumentationsarchiv sich sehr
intensiv auch mit jenem Terror beschäftigt hat, der vom stalinistischen System
ausgeübt wurde und dem auch sehr viele beispielsweise Sozialdemokraten zum
Opfer gefallen sind. Aber nicht nur, aber vor allem auch viele, die aus
Österreich flüchten mussten und in Moskau versucht haben, vor der Nazidiktatur
zu flüchten.
Besonders
interessant in dem Zusammenhang ist aber auch ein Hinweis, den ich von der FPÖ
auch nicht mehr höre, der über viele Jahre immer wieder auch behauptet wurde,
dass nämlich der frühere Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen
Widerstands, Prof Herbert Steiner, quasi das Dokumentationsarchiv kommunistisch
unterwandere und über das Archiv Politik in Österreich machen würde. Das wurde
immer auch damit verknüpft, dass die Vergangenheit und die Geschichte von Herrn
Prof Steiner als eine kommunistische zu werten wäre. Ich habe da ein bissel
nachrecherchiert, weil mich natürlich auch die inhaltliche Auseinandersetzung
interessiert und habe versucht, auch ein wenig im Nachlass von Herrn Prof
Steiner Unterlagen zu finden. Ich bin auch fündig geworden. Es gibt nämlich
einen Brief vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, das
heißt jene Einrichtung, die sich mit der Aufarbeitung auch der Erhebungen des
SED-Regimes beschäftigt. Und hier findet sich unter anderem ein Brief aus dem
Jahre 1973, der zwischen den verschiedensten diktatorischen Regimen der DDR und
der Tschechoslowakischen Republik ausgetauscht wurde.
Ich möchte nur
kurz zitieren, um auch zu zeigen, wie sich Prof Herbert Steiner mit der
Aufarbeitung dieser Phase auseinander gesetzt hat. Hier wird nämlich
geschrieben: "Laut letzter Angaben unserer Organe unterhielten in den
Jahren 1968/69 die österreichischen Bürger" - dann wird Herbert Steiner
und eine andere Person aufgelistet - "Verbindungen zu Vertretern der
Tschechoslowakischen Emigration, Zionisten und rechten Opportunisten in der
CSSR sowie im Ausland. Gegenwärtig außer anderen Verbindungen unterhalten sie
Verbindungen auch zu den Exponenten des Zionistischen Spionagezentrums Dr
Wiesenthal und zu ausländischen Verlagen, die antikommunistische Literatur
herausgeben. In der Vergangenheit nahmen Steiner und andere aktiv an Aktionen
zur Hintertreibung einer der Anordnung des Präsidiums des ZK der KPC aus dem
Gebiet der Außenpolitik teil. Beide Genannten hatten früher Zugang zu tschechoslowakischen
Archiven. Heute bemühen sie sich wieder, besonders Steiner, unter Ausnutzung
von Historikern des Dokumentationsarchivs der österreichischen Befreiungsbewegung"
- wie hier fälschlicherweise zitiert wird -, "Verbindungen zu
tschechoslowakischen Institutionen herzustellen, mit dem Ziel, sich tschechoslowakischer
Archivmaterialen zu bedienen und Fotokopien dieser zu erhalten." Im
Resultat einer Untersuchung des damaligen Innenministeriums der
Tschechoslowakischen Republik wird beschrieben und gefordert, dass im
Zusammenhang damit die Genannten, vor allem Prof Steiner, dasselbe Interesse
auch im Hinblick auf andere Staaten an den Tag legen und dass bei diesen
Personen keine Bewilligung, sie einreisen zu lassen, vorgenommen werden sollte.
Ich wollte
hier nur auch einmal, weil immer wieder sehr viel Unrichtiges auch in diesem
Haus über Prof Steiner gesagt wurde, die historischen Materialien zeigen, dass
sich Prof Steiner vor allem in den Jahren 68/69 um jene Emigranten, die vor der
Diktatur aus Prag geflüchtet sind und in Österreich zum Teil eine zweite Heimat
gefunden haben, sehr verdient gemacht hat. Das ist mit ein Grund, dass wir
immer wieder auch die Unterstützung für das Dokumentationsarchiv des
österreichischen Widerstands eingemahnt haben.
Ein sehr
beeindruckendes Projekt ist die namentliche Erfassung der österreichischen
Holocaust-Opfer. Ich habe vorhin bei dem Antrag über die Unterstützung des
Judenplatzes schon darauf hingewiesen: Das ist eine international anerkannte
Einrichtung. Hier hat sich das Dokumentationsarchiv bemüht, mehr als
62 000 Biografien von ermordeten österreichischen Jüdinnen und Juden zu
sammeln, sie in einer Datenbank aufzulisten und mit einer CD-Rom auch zugänglich
zu machen. Der Vorteil dieser Datenbank ist nicht nur das Auflisten von nackten
Zahlen, sondern das wird auch von biografischen Daten unterfüttert, die diese
Menschen auch neu erstehen lassen. Das reicht eben von Biografien von Anna
Abel, die im Alter von 65 Jahren aus der Hollandstraße 10,
Tür 22 in der Wiener Leopoldstadt deportiert wurde, bis hin zu Paul
Zigman, der ebenfalls im 2. Bezirk wohnhaft seinen Tod 1940 im
Konzentrationslager Buchenwald durch die Nazis gefunden hat.
Ich sage das
deshalb, weil all das wichtige, historische Leistungen des
Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands sind und dass es nicht
nur darum geht, das in Archiven zu deponieren, sondern dass es auch darum gehen
muss, auch diese Materialien zugänglich zu machen, sie auch jungen Menschen
zugänglich zu machen, um solche Ereignisse verhindern zu helfen. Hier hat das
Dokumentationsarchiv, wie ich meine, in der Vergangenheit eine großartige
Arbeit geleistet. Durch die heute zu beschließende Unterstützung soll diese
Arbeit auch fortgesetzt werden.
Ich möchte aber
abschließend auch noch einige Anmerkungen machen zum vorliegenden Antrag der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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