Gemeinderat,
10. Sitzung vom 23.1.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 56
pflegefachkräften bestehen und die den Auftrag haben, immer
wieder die Handlungsabläufe zu durchforsten, denn wir wissen alle - und das hören
Sie auch immer wieder durch Information aus der Laienpresse -, dass gerade im
Spitalsbereich immer wieder besonders unangenehme Infektionen, die so genannten
nosokomialen Infektionen, auftreten. Daher sind die Hygieneteams angewiesen,
auf Grund von Meldungen der Infektionen eine ständige Überprüfung der
Handlungsabläufe vorzunehmen und die Handlungsabläufe zu optimieren, damit
weitere Infektionen im höchstmöglichen Ausmaß verringert werden. Ich kann Ihnen
nicht versprechen, dass sie komplett nicht stattfinden. Alles, was in der
internationalen Literatur enthalten ist, trifft natürlich auf alle Spitäler der
Welt zu.
Es wurde als Sofortmaßnahme der Operationssaal
überprüft, die Operationsteams überprüft. Die am leichtesten nachvollziehbare
Möglichkeit der Infektion wäre gewesen, dass einer des operativen Teams selbst
an einer Hepatitis-C-Infektion gelitten hätte, ohne das selbst zu wissen. Die
Hepatitis C verläuft vor allem im Akutstadium oder nach der Infektion sehr
oft, wie wir sagen, inapparent. Sie tritt nicht in Erscheinung, die Menschen
haben unspezifische Symptome, haben keine Gelbfärbung, daher auch nicht der
Gedanke an das Auftreten einer Hepatitis, sind aber selbst infektiös.
In der Literatur ist als häufige Ursache - neben den
Blutkonserven - für Hepatitisinfektionen im Spital beschrieben, dass
Spitalspersonal selbst von der Hepatitis betroffen ist. Durch Verletzungen bei
der Operation oder bei invasiven Eingriffen kommt es zu Blut-Blut-Kontakten und
dadurch eben zur Übertragung sowohl vom Personal zu den Patienten, aber
natürlich auch von den Patienten zum Personal.
Dieses wurde überprüft. Es stellte sich auch heraus,
dass es kein identisches Operationsteam war, womit schon eine große
Übertragungsmöglichkeit ausgeschlossen wurde. Man hat Listen aller Patienten
erstellt, die in dem fraglichen Zeitraum im SMZ-Ost waren, die Patienten wurden
einberufen. Es wurde von mir, wie ich einen Blitzbesuch im SMZ-Ost abstattete,
auch noch verlangt, dass jene Patienten, die in dem Zeitraum dort waren und die
gesagt haben, dass sie primär nicht kommen, per eingeschriebenem Brief darauf
aufmerksam gemacht werden, dass die Infektion, wenn man sie früh erkennt, in
einem hohen Maße heilbar ist, dass aber die Spätfolgen sehr unangenehm sind. Da
sind auch Briefe versendet worden.
Einige Patienten wünschen trotzdem nicht zu kommen
und auch dazu haben sie das Recht. Eine zwangsweise Untersuchung gibt es nicht.
Genauso wurde das Personal ersucht, sich durchuntersuchen
zu lassen. Es waren alle vom Personal einverstanden und es sind auch schon alle
bis auf eine Famulantin, die im Ausland auf Urlaub war, durchgecheckt. Die
Famulantin wird jetzt untersucht. Wir fanden beim Personal nur zwei Betroffene.
Die eine kam im Operations- und Stationsbereich als Überträgerin praktisch
nicht in Frage und ist auch nur Antikörperträgerin, wo man nicht weiß, wann die
Infektion stattgefunden hat - der Nachweis auf Virus war negativ -, und ein
Arzt, der aber über einen anderen Hepatitis-C-Subtyp verfügt. Auch der kam als
Infektionsquelle nicht in Frage.
Beim Checken der Patienten fand man noch einige
Betroffene, bei denen der Infektionsmodus nicht geklärt ist. Einer der
Betroffenen hat 50 Fremdblutkonserven erhalten, auch da ist die
Möglichkeit der Infektion gegeben. Bei einer Erkrankung wie der
Hepatitis C, die sehr lange ohne Erscheinungen verläuft und eine lange Inkubationszeit
hat, steht bis heute wissenschaftlich noch nicht eindeutig fest, was den
Infektionsweg insgesamt verursachen kann.
Ich habe mich in Anbetracht dieser Fälle auch dazu
entschlossen, mich durch die Literatur etwas "durchzu-fressen". Es
gibt unendlich viel Literatur und es ist bei Gott noch nicht alles gesichert.
Vielmehr gibt es in der Literatur sehr, sehr viele widersprüchliche Meldungen.
Die Untersuchung läuft bis jetzt. Sie umfasst das
Durchsuchen aller Instrumente, die Untersuchung aller Handlungsabläufe, die bis
jetzt nichts Eindeutiges ergeben haben. Wir haben auswärtige Experten
einbezogen, Prof Ferency, Prof Koller, Prof Hofmann von der Universität Wien,
die ebenfalls keinen gröberen Fehler finden konnten und uns
"aufmunternd" gesagt haben, wenn es nicht ein Überträger im Personal
ist, so wird in mehr als 50 Prozent der Fälle die Ursache nicht geklärt.
Auch das müssen wir so zur Kenntnis nehmen.
Wir haben noch Herrn Primarius Mittermayer als
auswärtigen Nicht-Wiener Experten und werden wahrscheinlich - aber erst zur
Abschlussbesprechung - noch einmal einen ausländischen Experten zum Durchleuchten
beiziehen.
Ich möchte noch einmal feststellen, dass sich das
Personal, das Hygieneteam des SMZ-Ost, die Mitarbeiter der MA 15 in Bezug
auf das Handling mit dieser Infektion bis auf die Meldung an mich vorbildlichst
verhalten haben und dass ich diesen Mitarbeitern für ihren Einsatz danke. Sie
haben gerade um eine besonders betriebsame Spitalszeit, nämlich knapp vor
Weihnachten respektive während der Weihnachtszeit und jetzt, wo es wirklich schwierig
ist, alles daran gesetzt, das aufzuklären. Wir setzen nun alles daran, die
Patienten, die es betroffen hat, auszuheilen und auch entsprechend zu entschädigen.
Ich glaube, dass wir mit den Maßnahmen wirklich das Menschenmögliche getan
haben, um den Patienten zu helfen und für die Zukunft Ähnliches zu vermeiden.
Ich kann Ihnen nur eines sagen: Eine 100-prozentige Garantie gibt es nirgendwo
im Leben, auch nicht in der Medizin.
Ich möchte Sie noch daran erinnern: Vor einigen Jahren
gab es eine große Diskussion um Rosi und Hiasl, die armen Schimpansen, die man
mit Krankheiten infiziert. Das Hepatitis-C-Virus können Sie praktisch nur in
Schimpansen züchten und auch nur dort erforschen. Indem wir ununterbrochen den
Tierschutz über den Menschenschutz stellen, minimieren wir auch die wissenschaftlichen
Möglichkeiten, möglichst rasch der Infektionen Herr zu werden.
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