Gemeinderat,
10. Sitzung vom 23.1.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 56
das Gefühl hat, es ist eigentlich wichtiger, dass von der
Vergabe bei gleicher Qualität insbesondere die Wiener Wirtschaft profitiert.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich danke. - Somit ist die 3. Anfrage
beantwortet.
Wir kommen zur 4. Anfrage (FSP/00350/2002/0002-KVP/GM). Sie stammt von Herrn GR Dr Tschirf
und ist ebenfalls an den Herrn Vizebürgermeister gerichtet: Wie stehen Sie zu den Überlegungen, die
kommunalen Energieversorger durch strategische Partnerschaften per
Kapitalverschränkung - wie dies nicht zuletzt durch die Gründung der Wien
Energie GmbH aktuell wurde - für den Wettbewerb zu stärken?
Bitte.
VBgm Dr Sepp Rieder:
Herr Dr Tschirf, Sie haben eine seinerzeit gestellte, dann zurückgezogene
Frage, weil wir damals, glaube ich, im Unterausschuss Stadtwerke darüber
diskutiert haben, jetzt wieder gestellt. Sie lautet: "Wie stehen Sie zu
den Überlegungen, die kommunalen Energieversorger durch strategische
Partnerschaften per Kapitalverschränkung - wie dies nicht zuletzt durch die
Gründung der Wien Energie GmbH aktuell wurde - für den Wettbewerb zu
stärken?"
Ich glaube, dass es ein Missverständnis ist, in der
Zusammenführung von Wiengas,
Fernwärme und Wienstrom in der
Stadtwerke Holding bereits sozusagen die Partnerschaftssuche als eröffnet zu
verstehen. Ich glaube allerdings, dass Sie das gar nicht so meinen, aber der
Wortlaut der Frage würde das eigentlich indizieren.
Man muss sich fragen, was das für eine Bedeutung hat,
wenn man dem Beispiel anderer Energiegesellschaften in Österreich folgt. Ich
erinnere daran, dass die Steiermark, glaube ich, als Erste begonnen hat, dann
sind die Kärntner gefolgt. Die Steiermark hat EdF, die Franzosen,
hereingenommen, die Kärntner haben die RWE hereingenommen. Und wenn man das
kurze Zeit später schon beurteilt, dann sieht man, wie viel an Eigenständigkeit
und Bedachtnahme auf regionale Bedürfnisse dabei verloren geht. Also, die Frage
der Hereinnahme eines sehr potenten internationalen Großkonzerns - ich spreche
jetzt gar nicht davon, dass man sich damit natürlich auch die Frage einhandelt,
was das jetzt ist, wenn man einen Kernenergieriesen hereinnimmt; das ist eine
andere Ebene, die aber natürlich in der öffentlichen Diskussion gerade angesichts
der Anti-Temelin-Diskussion auch einen politischen Stellenwert hat - hat die
Konsequenz, dass man sich darüber im Klaren sein muss, dass die regionalen
Bedürfnisse, die spezifischen Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung bei der
Energieversorgung zu kurz kommen.
Wir haben uns aus diesem Grund und auch unter dem
Gesichtspunkt, dass dann möglicherweise die Versorgungssicherheit für Wien in
Frage gestellt wäre - denn ein großer Kapitalbeteiligter interessiert sich nur dafür,
was das an Gewinn bringt und wie er rationalisieren kann; die Eigenversorgung
der Stadt spielt dann vielleicht eine untergeordnete Rolle, denn der bringt
sozusagen seinen eigenen Atomstrom in Wien an -, gesagt, dass diese Frage
eigentlich Nachrang haben muss, zurückgestellt werden muss, gegenüber dem
Vorrang der Bedachtnahme auf die Daseinsvorsorge. Das ist eine
Eigentümerentscheidung, die aber natürlich auch ihre Konsequenzen hat in der
Frage: Was ist die Alternative?
Die Alternative hat nicht nur aus der Eigentümersicht
- denn die ist ja bei den Niederösterreichern und bei den Oberösterreichern
möglicherweise ähnlich, aber nicht automatisch deckungsgleich - dazu geführt,
dass man gesagt hat, wir nehmen durch das entsprechende Gesetz Bedacht auf die
Neuorganisation der Elektrizitätswirtschaft in Österreich und schaffen eine
mittlerweile kartellrechtlich abgesicherte Form der Zusammenarbeit, die keine
kapitalmäßige Verschränkung im Großen ist - es gibt im Detail kapitalmäßige
Verschränkungen, wie etwa jetzt im Burgenland diskutiert wird, ob der
EVN-Anteil gerechtfertigt ist oder nicht; man sieht auch hier schon, dass das
natürlich zu Spannungen führen kann -, sondern wir haben eine Lösung gefunden,
die eine große Netzlösung darstellt und die auch, wie ich hinzufügen möchte,
weiterhin die Tür offen lässt, für eine österreichweite Lösung mit dem Verbund,
was dann, wenn man überall große ausländische Kapitaleigner drinnen sitzen hat,
absolut nicht mehr möglich ist.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke. - Erste Zusatzfrage: Herr GR Dr Tschirf.
GR Dr Matthias Tschirf
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Vizebürgermeister!
Gerade die
jetzige Wirtschafts- und Beschäftigungssituation zeigt, wie notwendig es ist,
dass Energie entsprechend günstig angeboten wird. Um Energie günstig anbieten
zu können, ist es auch notwendig, effiziente Strukturen zu haben. Was passiert,
wenn das nicht der Fall ist, haben wir ja jetzt vor wenigen Monaten durch die
Einführung der Stromsteuer in Wien, also durch den KWK-Zuschlag, erlebt, der
auch auf Grund der ineffizienten Wirtschaftsstruktur von Wienstrom berechnet wurde.
Daher meine Frage an Sie:
Wäre es nicht zielführend, mit einem so effizienten Unternehmen wie EVN, das es
in den letzten Jahren verstanden hat, sehr wohl die Strukturen effizienter zu
gestalten, sogar eine Fusion einzugehen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
VBgm Dr Sepp Rieder:
Also, ich bewundere Ihren Einblick in die unterschiedlichen
Wirtschaftsstrukturen der Energieträger und finde es schon positiv, dass Sie
die Steiermark und Kärnten nicht auch gleich mit erwähnt haben.
Ich denke, dass der Vorwurf, es sei eine ineffiziente
Wirtschaftsstruktur, einfach nicht stimmt. Ersparen Sie mir jetzt aus
zeitlichen Gründen, das im Detail darzustellen. Sie wissen ja auch selbst, dass
die Frage des KWK-Zuschlags überhaupt nichts mit den Wirtschaftsstrukturen zu
tun hat, sondern mit den gesetzlichen Vorgaben.
Ich denke, wenn man schon von Auswirkungen auf den gesamten
Energiepreis redet, dass man nicht vergessen kann - dafür gibt es keine wie
immer geartete Rechtfertigung -, dass die Bundesregierung ihre
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