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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 81

 

So ein Flächenwidmungsverfahren ist theoretisch natürlich transparent: Gründruck, Rotdruck, Auflagen et cetera. Aber es gibt verschiedene Beispiele in anderen Gemeinden und in anderen Bundesländern Österreichs, zum Beispiel in der Steiermark, wo eine beabsichtigte Änderung eines Plans bereits vor dem Gründruck an die Bevölkerung kommuniziert wird, sodass also im Sinne der Transparenz die Bevölkerung von Anfang an noch viel stärker am Verfahren teilnehmen kann.

 

Ein gutes Beispiel ist auch das Hochhauskonzept, das wir demnächst hier diskutieren werden: Dort gibt es eine weit gehende Infopflicht des Bauwerbers und eine Einbindung aller Betroffenen in das Widmungsverfahren. Etwas Ähnliches würde ich mir in Zukunft auch, im Sinne eines Bürgerbeteiligungsverfahrens, für die Widmungspraxis in Wien wünschen.

 

Das Tempo ist entscheidend, haben wir gestern festgestellt. Natürlich: Es ist für die Wirtschaft wichtig, für die Bauwirtschaft wie auch für die Wohnungswirtschaft. Die Frage wird auch in Zukunft sein: Wie können wir eine Beschleunigung der Verfahren erreichen?

 

Allerdings bilden diese drei Parameter ein so genanntes magisches Dreieck. Alle drei gemeinsam sind nur schwer zu erfüllen: Je schneller wir werden, desto weniger Kontrolle haben wir. Je mehr Kontrolle, desto langsamer wird es.

 

Bleiben wir jetzt bei der Kontrolle, meine Damen und Herren. Ich glaube, dass ein Vertrauensvorschuss - und nicht das Gegenteil - gegenüber der Beamtenschaft in dieser Stadt unbedingt erforderlich ist; andernfalls wäre eine Verwaltung ja gar nicht möglich.

 

Malversationen sind immer möglich, meine Damen und Herren. Es liegt in der menschlichen Natur - sprechen wir es ganz offen aus -, noch dazu, wenn sehr viel Geld involviert ist, dass Korruption und Bestechung praktisch unauslöschlich sind. Wobei ich natürlich bei den vorliegenden Akten nicht von Bestechung ausgehe, hier gilt die Unschuldsvermutung. Einzelfälle von Bestechung wird es immer geben. Die Frage ist nur, wie weit die Gesellschaft sie letztendlich auch akzeptiert.

 

"Korruption ist flächendeckend; Österreich ist ein Teil der Fläche." - Das erklärte erst vor wenigen Tagen eine Organisation namens "Transparency International". In ihrer Aufstellung der am wenigsten korrupten Staaten belegte Österreich den 15. Platz. Finnland war nach dieser Aufstellung übrigens das unbestechlichste Land. Die USA lagen knapp vor Österreich, Deutschland knapp dahinter.

 

Nur weil es einzelne Problemfälle der Bestechung gibt, können wir aber nicht das ganze System in Frage stellen. Anhand eines Beispiels werde ich erläutern, was ich damit meine:

 

Im Betrachtungszeitraum des Kontrollamtsberichts von 1992 bis 2002 wurden 1 184 Plandokumente beschlossen. - Der Vollständigkeit halber sei angemerkt: Unter StR Görg 420. - Bisher wurden also ganze 0,0042 Prozent der Akten vom Kontrollamt durchleuchtet und beanstandet. Was nicht abschließend heißt - ganz richtig -, dass es nicht noch mehr dubiose Fälle gibt, in Summe aber doch auf eine verschwindend kleine Anzahl hindeutet.

 

Dennoch steht außer Zweifel, dass, auch auf Grund von nur wenigen Abnormalitäten, Kontrolle unbedingt notwendig ist.

 

Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit wirklich einmal ganz klar darstellen, dass die Wiener Volkspartei diese Kontrollamtsberichte sehr, sehr ernst nimmt und dass wir sie in keiner wie immer gearteten Weise verniedlichen wollen. Wir stehen 100-prozentig zur Notwendigkeit einer lückenlosen Aufklärung der Vorgänge, sowohl im Hinblick auf die Frage, inwieweit dienst- oder strafrechtliche Tatbestände - soweit das die Kommission klären kann - der involvierten Personen vorliegen, als auch auf die Frage der Klärung der politischen Verantwortung. Deshalb auch unsere durch Kollegen Pfeiffer zum Ausdruck gebrachte Zustimmung zum Begehren auf Einsetzung einer Untersuchungskommission.

 

Wir sehen dieser Kommission, sowohl inhaltlich als auch, wie Kollege Serles angesprochen hat, unter dem demokratiepolitischen Aspekt, also im Hinblick auf die Frage, wie sensibel die Mehrheitsfraktion dieses Hauses in diesem Ausschuss vorgehen wird, mit großem Interesse entgegen.

 

Apropos sensibel: Wenn man die einzelnen Berichte aufmerksam liest, wird man dabei Passagen finden, wie etwa die folgende auf Seite 20 im Atzgersdorf-Bericht des Kontrollamts - man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen -: "Diese gesetzwidrige Vorgangsweise könnte vom Leiter der MA 21B bewusst in Kauf genommen worden sein" - um nur ein Beispiel zu nennen. Wer dann, so wie in verschiedenen Aussendungen Bgm Häupl, Herr StR Schicker oder Herr Klubobmann Oxonitsch, die Notwendigkeit zur Einsetzung des Ausschusses leugnet, der handelt nicht nur politisch zutiefst unsensibel, meine Damen und Herren, sondern ein solches Verhalten zeugt von Arroganz der Macht und steht in krassem Widerspruch zu jener Demut, die Herr Bgm Häupl am letzten Wahlabend angekündigt hat. (Beifall bei der ÖVP. - GR Christian Oxonitsch: Dann macht so etwas auch bei euch im Parlament! Bei uns gibt es das ja!)

 

Nehmen wir die Einsetzung dieser Untersuchungskommission im Wiener Gemeinderat zum Anlass ...

 

Vorsitzende GRin Josefa Tomsik (unterbrechend): Herr Mag Neuhuber, Ihre Redezeit ist schon seit längerem abgelaufen.

 

GR Mag Alexander Neuhuber (fortsetzend): ... selbstkritisch, aber auch mit Augenmaß über unsere Rolle und die des Magistrats nachzudenken. Nicht Vorverurteilung - weder von Beamten, noch von Politikern - kann das Ziel sein, sondern lediglich die Aufklärung dubioser Vorgänge. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist

 

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