Gemeinderat,
12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 81
Ausstellungsmachern
in Zeitungsinterviews immer wieder dargelegt worden, was die These ist.
Vielleicht stimmen Sie zu, dass ich dorthin fliegen darf auf Kosten des Gemeinderats,
und dann werde ich darüber berichten, wenn Sie das wollen. Aber so wie ich mir
das Abstimmungsverhalten hier vorstellen kann, habe ich das zweifelhafte
Vergnügen, mir das im April hier in Wien anschauen zu können, und dann werde
ich es ja wissen.
Jedenfalls ist
also nach wie vor die These dieselbe. (GR
Johann Hatzl: Jetzt bin ich überzeugt, dass es wichtig ist, dass sie nach Wien
kommt, dass Sie sie sehen können!) Ja, sehen Sie, bis jetzt waren Sie nicht
überzeugt, dass es nach Wien kommen muss, und jetzt sind Sie überzeugt. Dann
hat es einen Sinn gehabt, dass ich spreche. Immerhin geben wir dafür doch in
etwa 50 000 EUR aus. (GR Johann
Hatzl: Jetzt wäre es nur gut, dass Sie mitstimmen bei der Subventionierung!
Dann wird der Eindruck für Sie auch besser!)
Jedenfalls ist
wesentlich, dass die folgenden Punkte nach wie vor auch wieder in dieser
Ausstellung - nach Ansicht des Katalogs, mehr kann ich ja nicht - bleiben,
nämlich nach wie vor die Verletzung der Regeln wissenschaftlicher Quellenkritik
und Sachlichkeit, eine moralisierende, dem links-liberalen Zeitgeist
entsprechende Geschichtsbetrachtung und vorauseilende Diskriminierung der
Kritiker. Auch das wieder hier im Gleichklang wie bei der ersten Ausstellung.
Das bleibt und das ist Tatsache und da kann man dann nicht davon sprechen, dass
es eine wissenschaftliche Bearbeitung wäre.
Ich weiß, mein
Nachredner wird jetzt sagen: Aber diesmal ist das alles anders, weil diesmal
haben wir einen wissenschaftlichen Beirat unter einem angesehenen Historiker
wie Mommsen. Ich höre ihn schon reden, er wird es uns demnächst sagen. Stimmt
es? - Tatsache ist aber, dass auch mein verehrter Kollege LUDWIG bei der ersten
Ausstellung keineswegs protestiert hat und auch das gut gefunden hat und auch
hier den Eindruck hatte, dass es ein angesehenes Institut ist und so weiter.
Also besteht dieses Gefühl, dass das erste Mal angeblich alles in Ordnung war,
und dann ist das zusammengebrochen. Jetzt sagt man: Na gut, da reden wir nicht
mehr drüber, aber jetzt ist es in Ordnung. Also, da kann man schon einmal
gefühlsmäßig gar nicht mit, und das stört mich sehr bei dieser ganzen
Argumentation.
Diesmal
beschäftigt sich die Ausstellung hauptsächlich mit dem Kriegsvölkerrecht. Es
werden kaum Bilder gezeigt, es wird fast nur Text gezeigt. Es ist allerdings
so, dass hier zumindest die praktischen Erläuterungen beim Kriegsvölkerrecht
weitgehend fehlen. Es ist vor allem so, dass das Ganze ohne das Umfeld
dargestellt wird. Und das ist das Wesentliche. Beeinflussung passiert meistens
durch Weglassung, und auch hier ist es so, dass sehr eindimensional Handlungen
der Deutschen Wehrmacht gezeigt werden und nicht, aus welchem Umfeld heraus
diese passieren. Ich will mich nicht allzu sehr verbreitern, weil das soll ja
keine historische Debatte sein, aber es ist jedenfalls Tatsache, dass die Rote
Armee die Strategie der Verbrannten Erde am Rückzug eingeführt hat, das wird
zum Beispiel nicht erwähnt, dass die Haager Landkriegsordnung und das Genfer
Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen von der Sowjetunion nicht anerkannt
wurde und überhaupt die Kriegsführung der Sowjetunion ausgespart wird. Das ist
wesentlich, wenn man die Handlungen, die dort passiert sind, betrachtet, mit
allen Grausamkeiten. Es wäre wichtig für eine Ausstellung im wissenschaftlichen
Sinn, dass auch dieses Umfeld betrachtet wird. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Wer hat begonnen?) Ich weiß genauso
wie Sie, wer am 1. September 1939 geschossen hat. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Wer hat Ihrer Meinung nach den Zweiten
Weltkrieg begonnen?) Das wissen Sie genauso gut wie ich, dass die Deutsche
Wehrmacht das erste Mal geschossen hat. (GR
Dipl Ing Martin Margulies: Wer hat begonnen?) Ich habe Ihnen bereits
gesagt, dass die Deutsche Wehrmacht in Polen eingerückt ist und damit wurde der
Zweite Weltkrieg ausgelöst. (GR Dipl Ing
Martin Margulies: Was war denn der Grund, dass die Deutsche Wehrmacht in Polen
einmarschiert ist? Was war der Grund?) Wenn Sie es nicht wissen wollen,
öfters kann ich es nicht sagen. (GR Dipl
Ing Martin Margulies: Sagen Sie es!)
Tatsache ist
nur: Es ist das Umfeld trotzdem zu betrachten, es ist immer das Umfeld zu
betrachten, egal wer was tut. (GR Dipl
Ing Martin Margulies: Warum hat der Zweite Weltkrieg begonnen, Herr STEFAN?
Sagen Sie es!) Ich sage Ihnen dazu nur Folgendes: Wenn Sie der Meinung
sind, dass es nur darum geht, wer den Krieg begonnen hat und damit alles
gerechtfertigt ist, dann ist das Ihre Meinung. Ich bin nicht der Meinung, dass
damit alles gerechtfertigt ist, bis zur Vertreibung der Sudetendeutschen
wahrscheinlich auch noch. Das wird auch noch gerechtfertigt durch solche
Aussagen. (Beifall bei der FPÖ.) Das
ist ja Unsinn! Um das geht es nicht.
Jedenfalls ist es
auch bezeichnend, dass die Veranstaltung in der Akademie der bildenden Künste
stattfindet und nicht, wie es vielleicht nahe liegend wäre, an der Universität
Wien in der historischen Fakultät. (GR
Johann Hatzl: Also mit Ihrer These, das Umfeld zu berücksichtigen,
rechtfertigen Sie, dass es Konzentrationslager gegeben hat!) Ich antworte
Ihnen gerne, weil das Simmeringer Gespräch zwischen uns immer interessant ist. (GR Johann Hatzl: Durch Ihre These weiß ich,
dass die Leute, die in den Konzentrationslagern waren, selber schuld waren!) Ich
rede überhaupt über keine Schuld oder sonst etwas. Nein, das ist unseriös. (GR Johann Hatzl: Sie reden vom Umfeld!)
Jawohl, die Ausstellung muss in das Umfeld hineingestellt werden, um zu
verstehen, was dort passiert ist. Das ist vollkommen richtig, nichts anderes
habe ich gesagt. Das ist keine Schuldzuweisung oder sonst etwas. Und wenn Sie
das so sehen wie ich, dann müssten Sie die Ausstellung genauso wie ich
ablehnen. (Beifall bei der
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular