Gemeinderat,
12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 81
nicht. Da war nicht
so viel Unterschied, und innerhalb der SS waren in Wirklichkeit in
überproportionalem Maße die Spitzenränge von Österreichern besetzt. Ich glaube,
diesem sollte man sich in der gesamten Diskussion bewusst sein, wenn man jetzt
darüber spricht, wie notwendig und wie sinnvoll eine Ausstellung ist, die sehr
wohl auch die Verbrechen der Wehrmacht dokumentiert.
Wie wichtig
und wie notwendig es ist und vor allem, dass die Diskussion darüber
stattfindet, hat heute Herr STEFAN in einer Art und Weise dokumentiert, wo ich
eigentlich nicht mehr geglaubt hätte, dass sie hier in diesem Haus tatsächlich
möglich ist. Auf die einfache Frage, wer über Rahmenbedingungen gesprochen hat
und wer den Zweiten Weltkrieg begonnen hat, beginnt er herumzustammeln,
herumzudrücken und bringt es nicht über die Lippen. Ich glaube, erst beim
vierten Mal nachfragen, sagt er: Deutschland ist in Polen eingerückt. (GR Dr Wilfried Serles: Es war ja keine
Fragestunde!) Deutschland ist in Polen eingerückt. Das ist das
Geschichtsverständnis vom Herrn STEFAN!
(GR Dr Wilfried Serles: Es war ja keine Fragestunde!)
Schauen wir
uns die Rahmenbedingungen an. Erstens einmal war es kein Einrücken (GR Mag Harald STEFAN: Was hat das jetzt
damit zu tun?), erstens einmal war es ein Überfall der Deutschen auf Polen.
Ich glaube, das steht unzweifelhaft auch für Sie außer Streit. Was waren denn
die Rahmenbedingungen? Warum sind denn die Deutschen nach Polen ... (GR Mag Harald STEFAN: Na, zählen Sie es
auf!) Nein, Sie haben gesagt, man muss sich die Rahmenbedingungen von einer
Wehrmachtsausstellung anschauen. Die Rahmenbedingungen sind die Zeit des
Nationalsozialismus (GR Mag Harald
STEFAN: Weiter!), sind (GR Mag Harald
STEFAN: Weiter!) Konzentrationslager (GR
Mag Harald STEFAN: Weiter! Weiter!), sechs Millionen umgebrachte Juden in
Konzentrationslagern. (GR Mag Harald
STEFAN: Gulags! Na weiter!) Wir sind bei den Rahmenbedingungen, die zum
Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geführt haben!
Das, was Sie
in der jetzigen Situation machen ist, sich herzustellen, die Verbrechen der
Wehrmacht genauso wie die Verbrechen der Nationalsozialisten im Allgemeinen zu
verharmlosen, auch dadurch, dass Sie permanent versuchen, Verbrechen zu
relativieren, einen Bezug herzustellen, der in dieser Art und Weise überhaupt
nicht gegeben ist, und das noch dazu in einer Partei, wo der ehemalige
Parteiobmann und jetzige Landeshauptmann - und jetzt will ich überhaupt nicht
darüber reden, wer der größere Verbrecher ist: Sadam Hussein oder Adolf Hitler
- sich hinstellt, aber dem Sadam Hussein jedenfalls die Hand schüttelt. Also da
wundert es mich nicht, das Ihre Fraktion sich so schwer mit der
Vergangenheitsbewältigung tut, wenn Ihr Herr Dr Haider sich hinstellen kann und
einem Massenmörder die Hand schüttelt und die gesamte FPÖ-Riege tritt auf und
verteidigt ihn! (Aufregung bei der FPÖ.)
Auch zu der
Frage der Fehler hat Kollege LUDWIG schon sehr, sehr viel Stellung genommen.
Sie reden um die Grundthese, dass sie wegen neuer Bilder - wie Sie selbst
gesagt haben, ist das nicht einmal 1 Prozent - in Frage gestellt sei.
Haben Sie schon jemals eine Kunstausstellung erlebt, wo im Nachhinein bekannt
geworden ist, wenn das mehr als 100 Bilder waren, dass nicht zumindest
1 Fälschung, also 1 Prozent, unter diesen Bildern war? Käme jemals
jemand von Ihnen dann auf die Idee zu sagen: Nein, der große holländische
Maler, der da ausgestellt war, ist kein guter Maler, alles falsch. Der große
italienische Künstler, der da ausgestellt war, die deutsche Künstlerin, die
ausgestellt war, sind keine Künstler, nein. Aber das sagen Sie hier bei
1 Prozent! Und selbst da hat Jan Philip Reetsma die Größe besessen - ich
habe Ihnen das schon das letzte Mal erklärt -, selbst die Konsequenz zu ziehen
und die Ausstellung zu überarbeiten, um nachzuforschen, ob die bestehende These
aufrechtzuerhalten ist. Und jetzt gibt’s eben eine neue Ausstellung und genau
Ihre Wortmeldungen zeigen, wie wichtig diese Ausstellung ist. Wie wichtig es
ist, dass dieser Diskurs geführt wird, dass Aufklärung betrieben wird, dass so
etwas nicht wieder passiert, dass es nicht selbstverständlich ist, dass man
Massenmördern die Hände schüttelt, und dass es nicht selbstverständlich ist,
dass man sich mit Leuten unterhält, die Giftgasanschläge auf die eigene
Bevölkerung machen oder die Leute einfach vergasen. Da ist nicht viel Unterschied!
Aber Ihr Herr Haider stellt sich hin, bespricht mit einem der letzten
Diktatoren dieser Welt die Weltlage, kommt zurück und wird von einer
Außenministerin verteidigt!
Da komme ich jetzt
ganz kurz zum Kollegen Salcher, nicht ohne ihm Anerkennung zu zollen, dass ich
mich freue, dass auch Sie jetzt dem ursprünglichen Antrag der GRÜNEN - jetzt
liegt sozusagen die Projektsumme zur Beschlusslage vor - zustimmen werden. Und dennoch
gerade oder glücklicherweise weil Sie diese Meinungsänderung haben, muss ich
Sie schon fragen: Wieso sind Sie denn noch immer auf Bundesebene mit einer
Partei in Koalition - und Sie tun absolut von Wien aus nichts dagegen -, die
die Vergangenheit einfach nicht bewältigen und real sehen kann und die - und
man darf das ja glücklicherweise jetzt sagen, seit der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte das jetzt entschieden hat - rassistische Hetze betreibt? Mit
so einer Partei sitzen Sie in der Regierung! Fühlen Sie sich da wirklich wohl?
Wäre es da nicht gescheiter, jetzt endlich einmal nach Sadam Hussein,
rassistischer Hetze und einem Skandal, der den anderen jagt, nach einer
unfähigen Infrastrukturministerin, vier Ministeraustäuschen et cetera, einen
Schlussstrich zu ziehen? Wollen Sie wirklich mit dieser Partei weiterhin zum
Schaden Österreichs in einer Koalition bleiben? - Herr Dr Görg, starten Sie von
Wien aus eine Initiative! Machen Sie doch einmal Schluss! Sie sind ja wer in
der ÖVP (GR Volkmar Harwanegg: Ja, ja! -
Heiterkeit bei der SPÖ.) oder fühlen Sie sich wohl in der Gesellschaft?
Fühlen Sie sich
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