Gemeinderat,
14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 81
stimmen, aber wenn die GRÜNEN in etwa das Doppelte an
Tarifreduktion vorschlagen, dann sagen Sie, es stimmt nicht.
Und wir haben auch weitergerechnet. Wir haben auch
gerechnet: Was bedeutet es, wenn der angestrebte Anteil von 45 Prozent am
Modal Split erreicht wird? Und Sie streben es an, ich betone das noch einmal,
das ist Ihr Wert im Verkehrskonzept, und die Wiener Linien streben es an. Dann
tendieren längerfristig die Einnahmenverluste aus den Tarifen gegen Null. Wir
haben das durchgerechnet.
Zusätzlich wäre in unserem Modell tatsächlich ein
soziales Vorgehen vorgesehen. Denn wir stehen dazu. dass es die Möglichkeit der
Freifahrt gibt für all jene Menschen, die über kein oder ein geringes Einkommen
verfügen. Wir stehen dazu, dass es wieder die Freifahrt geben soll für
SchülerInnen, Studenten und Studentinnen, für Lehrlinge. Wir stehen dazu.
Wenn es nach Ihrem Modell geht; und da mache ich
jetzt einen Sprung wieder zurück zu den Studierenden. Sie werden in den
kommenden Wochen - erlauben Sie mir den Exkurs - im Bereich der
AusländerInnenpolitik wieder eine neue Klasse von AusländerInnen einführen. Es
gibt die EU-Ausländer, die dürfen alles und dürfen nach sechs Monaten wählen.
Dann gibt es Ausländer, die dürfen möglicherweise nach fünf Jahren wählen. Und
dann gibt es Ausländer, die dürfen nie wählen. Aber Sie schaffen es in vielen,
vielen Bereichen, unter anderem bei den StudentInnen, permanent Leute
auseinander zu dividieren. Da gibt es einmal die Studierenden, die in Wien
wohnen und Kinderbeihilfe beziehen. Dann gibt es die Studierenden, die nicht in
Wien wohnen, ganz egal, ob sie eine Universität an ihrem Heimatort haben, die
aber nicht in Wien wohnen. Die wohnen vielleicht 10 Kilometer außerhalb
von Wien. Na, die zahlen schon einmal den doppelten Tarif bei der
Semesterkarte. Weil sie 10 Kilometer außerhalb wohnen, weil sie was dafür
können als 18-Jährige, dass sie nicht in Wien geboren sind. Sie kategorisieren
die Menschen. Sie schaffen die Kategorie der Studierenden in Wien, die
Kategorie der Studierenden, die nicht in Wien wohnen, und Sie schaffen noch
dazu die Studierenden, die überhaupt keine Kinderbeihilfe mehr bekommen. (GR
Godwin Schuster: Wer hat sie denn gestrichen?) Das ist Ihre Politik. (GR
Godwin Schuster: Sie gehen von der Voraussetzung aus: Wenn der Bund etwas
streicht, muss es Wien übernehmen! Das geht eben nicht!)
Aber jetzt kommen wir noch einmal zurück. Das grüne
Modell hat selbstverständlich als Ansatz die Bewältigung des Stadtverkehrs. (GR
Dr Kurt Stürzenbecher: Das ist ja selbstverständlich!) Denn wir glauben,
dass man bei der Wahrnehmung öffentlicher Dienstleistungen eben nicht nur
betriebswirtschaftliche Kriterien anlegen muss, sondern auch
volkswirtschaftliche. Es geht bei der Bewältigung des Stadtverkehrs mindestens
so sehr um die Reduktion von Lärmemissionen, um die Reduktion bei
Straßenerhaltungskosten, um die Reduktion der Schadstoffemissionen. (GR
Godwin Schuster: Das passiert doch!) All diese Kosten müssen mit
eingerechnet werden. Und wie kann es tatsächlich gelingen? - Es kann nur dann
gelingen, wenn es einen großen Wurf gibt, nicht dass die Fahrgastzahlen
jährlich um 1 Prozenterl steigen, sondern es bedarf der Steigerung des
Anteils der öffentlichen Verkehrsbenutzer um ein Drittel. (GR Peter Juznic:
Das machen wir ja!) Und dazu muss in den öffentlichen Verkehr investiert
werden und müssen Anreize geschaffen werden.
Das grüne Modell hat daher vorgesehen, dass keine Fahrt
teurer wird, dass Netzkarten billiger werden, dass mit der Einführung eines
Dreistundenfahrscheins vor allem denjenigen ein Anreiz gegeben wird, die jetzt
kaum oder selten öffentliche Verkehrsmittel benutzen.
Wir werden daher einen diesbezüglichen Antrag zu
diesem Tagesordnungspunkt einbringen:
"Der Wiener Gemeinderat spricht sich in
Anlehnung an das medial präsentierte grüne Modell für eine Tarifreform bei den
Wiener Linien, für eine deutliche Tarifsenkung im öffentlichen Verkehr aus. Der
Wiener Gemeinderat ersucht den zuständigen Stadtrat für Finanzen,
Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke, auch in seiner Funktion als
Eigentümervertreter die diesbezüglichen notwendigen Schritte einzuleiten."
Wir werden selbstverständlich auch dem von der ÖVP
eingebrachten oder dann einzubringenden Antrag zustimmen, der zum gegenwärtigen
Zeitpunkt einen Stopp der Tariferhöhungen vorsieht, weil er diesem Antrag
überhaupt nicht entgegensteht. Wir glauben, dass, wenn wir insgesamt gesehen
einmal ein bisschen Zeit gewinnen, jetzt nicht überhaps eine Tariferhöhung
kommt, sondern dass unter Einbindung der Opposition über die Tarifgestaltung
bei den Wiener Linien geredet werden kann, letztendlich viel mehr erreicht
werden kann.
Ich komme zum Schluss. Ich war mit StR Rieder einmal
zwischen Tür und Angel sehr, sehr schnell einig. Er hat gesagt: Letztendlich
handelt es sich bei der Frage, wie bewältigen wir den öffentlichen Verkehr und
wie sieht die Tarifgestaltung der Wiener Linien aus, um eine politische
Entscheidung. Und das ist es auch. Denn es hängt selbstverständlich auch vom
Zuschuss der öffentlichen Hand ab, wie die Tarife bei den Wiener Linien in
Hinkunft aussehen könnten. Solange es jedoch so ist, dass in Wien ein einzelner
Stellplatz einer Volksgarage mit durchschnittlich 283 000 S gefördert
wird, 20 500 EUR, und es gibt Tausende davon in Wien, möge niemand
davon sprechen, es wäre in Wien nicht genügend Geld vorhanden. Solange in Wien
ein Budgetüberschuss von einigen Milliarden S vorhanden ist, möge in Wien
niemand davon sprechen, es wäre kein Geld vorhanden.
Es ist daher eine politische Entscheidung. Und Sie haben
sich entschieden. Sie haben sich entschieden, mit der kommenden Tariferhöhung
die Wiener Bevölkerung in Höhe der Ambulanzgebühren zu belasten. Sie haben sich
entschieden, bei der Bewältigung des Stadtverkehrs nicht auf die sinnvolle
Alternative der öffentlichen Verkehrsmittel zu setzen, sondern weiterhin auf
den Ausbau des Straßenverkehrs. Sie haben sich dafür entschieden, dass bei den
Wiener Linien rationalisiert wird und Personal
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