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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 81

 

riesiger Erfolg auch an der Kinokasse zum Beispiel "Die Klavierspielerin" von Michael Haneke war. Das ist ein Erfolg, um den uns ganz Europa beneiden kann. Das war ein Millionenpublikum, das, wie gesagt, nicht viele andere europäische Filme erreichen könnten.

 

Dass es, wenn man vom Sponsoring im Film- oder Medienbereich spricht, wobei es sich um eine ganz spezielle Branche handelt, nur um Sponsoring im Verwertungsbereich gehen kann, ist eigentlich auch klar. Denn in ganz Europa - das ist keine österreichische Besonderheit - werden audiovisuelle Produktionen entweder selbst finanziert oder eben gefördert wie auch in Österreich. Das ist in Deutschland, in Frankreich, in Großbritannien so. Der Kinofilm wird dort im Wesentlichen aus Förderungsgeldern hergestellt, das geht in Europa ganz offensichtlich nicht anders.

 

Das Problem liegt in Österreich eigentlich mehr darin, dass Film im Bewusstsein der Öffentlichkeit nicht einen wirklich großen Stellenwert hat. Das rangiert immer, wie ich auch an den Bewertungen zu international preisgekrönten Filmen wie etwa "Hundstage" sehe, unter, ich weiß nicht, Praterbude. Aber Frau Mag Unterreiner tut es offenbar nicht einmal bei Brandauer und darunter schon gar nicht. Alltagskultur ist offenbar keine Kultur, sondern prinzipiell etwas, was abzulehnen oder schmuddelig ist.

 

Wie gesagt, den Erfolg an der Kinokasse, der bei der Filmbranche durchaus etwas ist, was auch wirtschaftlich interessant ist und Arbeitsplätze schafft, haben wir ja ohnedies. Wir haben dazu diese von Mag Chorherr erwähnte "Oscar"-Nominierung für Virgil Widrich. Eigentlich wundert es mich, dass Sie, meine Damen und Herren - (In Richtung FPÖ:) wenn ich da hinüberschaue -, alle so munter, gar nicht bleich und sehr wach aus der Wäsche schauen. Denn ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie sich, um mitreden zu können, zum Beispiel gestern die lange Nacht des österreichischen Films von 0 Uhr bis 5 Uhr in ORF 1 angeschaut hätten. Da hätten Sie zum Beispiel auch "Copy Shop" von Virgil Widrich sehen können, das ist bis etwa 0.30 Uhr gelaufen - ein wunderbarer Film. Auch ich halte diesem Film absolut die Daumen, denn so ein Gustostückerl ist wirklich weltweit beachtenswert.

 

Das ist ein riesiges Filmwunder. 2001 ist das erfolgreichste österreichische Filmjahr seit Menschengedenken, und eine "Oscar"-Nominierung hatten wir das letzte Mal vor 15 Jahren mit Wolfgang Glücks "'38" - auch das war Wien. Ich finde, das ist eine kleine Sensation. Dass diese Erfolge vor allem auf die gezielte Förderung durch den Wiener Film Fonds zurückzuführen sind, brauche ich nicht zu betonen. Denn auf Bundesebene wird eine ganze Branche - ich formuliere es jetzt absichtlich wirtschaftlich - bewusst nicht wahrgenommen, ausgehungert, totgeschwiegen.

 

So gesehen, kann Wien wirklich darauf pochen, dass es eine Vorreiterrolle hat. Es wurden in der vergangenen Woche zwei österreichische Filmproduktionen, "Auf allen Meeren" von Johannes Holzhausen und "Elsewhere" von Nikolaus Geyrhalter, ins Programm des renommierten Pariser Dokumentarfilm-Festivals "Cinema du Reel" eingeladen. Es würde mich nicht wundern, wenn wir auch da wieder Preise abkassieren, von den Max-Ophüls-Preisen und den schon erwähnten Preisen für Haneke und Seidl abgesehen.

 

Aber ein bisschen muss ich da auch Kritik üben, weil Wien natürlich nicht alles allein lösen kann. Mich erinnert das Ganze wieder einmal an ein Märchen, nämlich an das vom Dornröschen: Da kommt die 13. Fee, sie spricht den tödlichen Fluch aus, und da die 12. ihren Wunsch noch nicht getan hat, kann sie noch einschreiten. Nur kann Wien natürlich die Verdammnis von Seiten der Bundesregierung für die audiovisuellen Medien nicht aufheben. Wir haben auch nicht vor, es in einen 100-jährigen Schlaf zu verkehren, denn damit wäre unseren kreativen und aktiven Filmschaffenden wirklich nicht geholfen, und auch nicht einer ganzen Wirtschaftsbranche, die allerdings sehr stark - und das ist eine Eigenheit des Films - auf Synergien, auf übergreifende Zusammenarbeit im europäischen Bereich angewiesen ist. Da fühlen wir uns in Wien schon sehr allein gelassen, weil von Seiten der Bundesregierung, na ja, im besten Fall passiver Widerstand geübt wird.

 

Aber es geht nicht nur um das Geld, sondern auch um das geistige Klima. Da muss ich schon auch ein kleines bisschen in Richtung Grün hinüberschauen. Denn manchmal sind da sonderbare Allianzen zu sehen, manchmal fühle ich mich irgendwie grün-blau geschlagen. Die Motive sind gewiss ganz andere, aber - honni soit qui mal y pense - wenn dann so eine Allianz aus einem abgestandenen Kulturbegriff auf der einen Seite und einem manchmal etwas abgehobenen auf der anderen Seite entsteht, dann ist dieses Amalgan für mich nicht nachvollziehbar. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.) Ich rede jetzt eigentlich nicht von der Filmförderung, sondern in Sachen Kinoförderung - nur um es aufzuklären. (GR Gerhard Pfeiffer: ... ist abgeschmackt!)

 

Aber davon abgesehen, möchte ich jetzt - weil manchmal nicht ganz klar ist, wer wo Stellung bezieht - wieder einmal alle auffordern, sich klar zu machen, dass Film in erster Linie ein Kulturgut ist, dass es in unser aller Interesse ist, diese Kultur - die, wie gesagt, im Moment boomt wie nie zuvor - zu erhalten und zu fördern, dass man da die Fraktionsgrenzen nicht so eng sehen dürfte und dass das jeder für sich entscheiden muss.

 

Mir ist da wieder ein Gedicht von Ernst Jandl in die Hände gefallen. Es heißt nicht "Richtung", sondern "Lichtung": "manche meinen, lechts und rinks kann man nicht velwechsern, werch ein illtum".

 

Ich bitte um Zustimmung. Nein, das darf ich gar nicht, ich bin ja nicht die Antragstellerin. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster ist der Herr amtsführende Stadtrat zum Wort gemeldet. - Bitte.

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

Ich melde mich nur kurz zu Wort, auch weil diese Post einen der ganz großen Budgetposten für das Kulturbudget der Stadt Wien betrifft. Ich meine, wenn wir

 

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