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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 61 von 81

 

einsetzten, die Unachtsamkeit, mit der Archive Material behandelt und wichtige Dokumente einfach vernichtet haben, und schließlich die Zeit selbst haben eine umfassende dokumentarische Aufarbeitung lange verhindert.

 

Jetzt mag es für einige hier auch so ein Begriff von Kultur sein: Na ja, diese Exilkunst erinnert uns vielleicht an unangenehme Zeiten, das muss doch nicht sein. - Aber nicht nur das schützenswerte künstlerische Material verschwindet, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern auch die Menschen selbst, deren Werke von uns zur Kenntnis genommen werden sollten, holt der Tod ein.

 

Fragt man sich durch die Initiativen durch, die diese schwierige Aufgabe einer Befassung mit Exilliteratur oder Exilmusik auf sich genommen haben, muss man eigentlich feststellen, dass diese Menschen in einer Art Selbstausbeutung arbeiten, da es nicht annähernd möglich ist, mit den Mitteln, die vor allem der Bund, zum Teil aber leider auch die Stadt Wien ihnen zukommen lässt, dieser Aufgabe auch nur halbwegs gerecht zu werden.

 

Wenn ich nur daran denke, dass der Orpheus Trust für die Erfassung und Erforschung der Arbeiten zur Exilmusik, von Exilkomponisten und -interpretInnen, ganze 270 000 S bekommt, dann muss ich ehrlich sagen: Entweder kann man unendlich zornig oder aber unendlich verzweifelt werden. Ich weiß, dass in dieser Hinsicht die Stadt Wien bemüht ist, einiges aufzufangen. Trotzdem kann dieser Verein nur ein Zehntel der Exilmusik erfassen und aufführen.

 

Gehen wir weiter zur Österreichischen Exilbibliothek. Dort sitzt eine Frau mit 34 Wochenstunden und arbeitet 6 000 Titel und Handschriften auf. Nebenbei - falls man das überhaupt nebenbei machen kann - muss sie auch noch Sozialarbeit leisten. Denn viele der ehemals Vertriebenen, die zum Teil schon hoch betagt sind, kommen zu ihr, um Unterstützung und Hilfe zu erfahren, da viele jetzt doch nach Hause kommen möchten. So wird diese Institution zu einer Anlaufstelle des Heimwehs.

 

Für die Österreichische Exilbibliothek zahlt der Bund den Hauptteil - keineswegs großzügig, aber wann zahlt er schon großzügig? Außerdem wurde es unter der neuen Regierung, wie sich Frau Seeber ausdrückte, immer enger. Die Stadt subventioniert nur - und ich sage hier wirklich betont: nur - Projekte, und das bedeutet, dass man immer wieder neu ansuchen muss, wenn man etwas machen will, wenn man eine Aufführung machen will. Das kostet Zeit und Nerven, und es nimmt der Forschung die Zeit wieder weg.

 

Ein weiterer Verein, der sich mit Exilforschung und Widerstand zur Zeit des Dritten Reichs beschäftigt und vom Bund auch wirklich nur spärlichst subventioniert wird, ist die Theodor Kramer Gesellschaft. Fast die Hälfte der Finanzierung kommt aus Spenden, aus Abos ihrer Zeitschrift und aus Mitgliedsbeiträgen, die aus aller Welt kommen. Aber ich möchte auch sagen, ein hervorragendes Exillexikon finanzierte der Sekretär der Theodor Kramer Gesellschaft mit seinem kleinen Erbe. Jetzt können Sie natürlich sagen: Wer so fanatisch ist, dem kann man eigentlich nicht helfen, nicht wahr? Oder doch?

 

Erstmals seit 2001 gibt es auch einen Preis für Exilliteratur, den die Stadt Wien mitfinanziert, den "Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil". Übrigens, Theodor Kramer, einer der größten Lyriker Österreichs, musste den österreichischen Staat anbetteln, dass man ihm Unterstützung gewährte, um aus seinem Exilland nach Wien zurückkehren zu können. Ein halbes Jahr später ist er gestorben, er war bereits todkrank.

 

Zum Abschluss möchte ich aber auch eine erfreuliche Sache erwähnen. Es ist die Gründung der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung, mit vielen namhaften Wissenschaftlern, Künstlern, Forschern. Sie stellt sich zur Aufgabe: höhere Anerkennung der Exilforschung, Koordination der Forschungen, Etablierung einer interdisziplinären Hochschul-Studienrichtung Exil- und Emigrantenforschung, systematische Einbeziehung des Exilaspekts in den Bereich politische Bildung, Pflege von lebendigen Kontakten mit den exilierten Wissenschaftlern und Künstlern.

 

Ich möchte für dieses Mal mit meiner Rede nur einen Appell an die Kulturpolitik dieser Stadt richten, diese Arbeit aus allen Kräften zu unterstützen. Damit komme ich noch einmal auf das Zitat vom Anfang zurück und vollende es so:

 

Die Spuren der österreichischen Geschichte in fremden Ländern verweht bereits die Zeit. Es ist daher höchste Zeit, sie einzufangen und zu sichern! - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN sowie des StR Dr Peter Marboe.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster ist der Herr amtsführende Stadtrat zum Wort gemeldet. - Bitte.

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Hoher Gemeinderat!

 

Auf Grund der mir vorliegenden Unterlage habe ich diesen Akt so vorgelegt, wie er hier zur Beschlussfassung vorliegt. Ich war auf Grund der mir vorliegenden Unterlagen der Meinung, dass das, was den Verein Exil anbelangt, eine Subvention in der Höhe jener des Vorjahres ist. Ich möchte darum ersuchen, diesem Akt so die Zustimmung zu geben, und werde mir erlauben, auf geeignete Weise noch einmal an den Gemeinderat heranzutreten, bezüglich einer Nachsubvention, die es ermöglicht, das so wie im Vorjahr zu machen. - Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei den GRÜNEN sowie des GR Dr Andreas Salcher.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Somit ist die Debatte geschlossen.

 

Die Frau Berichterstatterin hat auf ihr Schlusswort verzichtet.

 

Wer für die Postnummer 16 in der vorliegenden Form ist, ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. - Ich danke, das ist einstimmig angenommen.

 

Wir gelangen zur Postnummer 17 (01135/2002-GKU). Sie betrifft eine Subvention an den Verein Interaktives Kindermuseum im Museumsquartier.

 

Es liegt keine Wortmeldung vor.

 

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen mit der

 

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