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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 99 von 106

 

einforderte und, wie es schien, fast schon zum Programm erhob.

 

Demut kann ich allerdings bei dem jetzt zur Diskussion stehenden Vorgang nicht erkennen, denn genau nach dem Motto "Jetzt ist die alte Ordnung wiederhergestellt" ist man bei der Aufstellung dieser Container natürlich auch verfahren. Man ging da ganz im Geiste des Leopold Gratz vor. Das wissen Sie, meine Damen und Herren, ganz genau.

 

Ludwig XIV. wird der Ausspruch zugeschrieben: "Der Staat bin ich!" - Nun will ich den Herrn Bürgermeister bewusst nicht mit Ludwig XIV. vergleichen (Bgm Dr Michael Häupl: Wenigstens was! - GR Mag Hilmar Kabas: Es gibt schlechtere Vergleiche! - Bgm Dr Michael Häupl: Viele nicht!) - aus einer Fülle von Gründen -, muss aber feststellen, dass für die SPÖ das Motto gilt: "Die Stadt gehört uns!"

 

Und so sind Sie auch verfahren, denn niemand sonst hätte in dieser Stadt so schnell, eine Fülle von Rechtsvorschriften kühn überspringend, eine amtliche Bewilligung erhalten für das, was Sie hier getan haben. Sie haben hier im September den Platz vor dem Café Landtmann mit Ihrer Wahlkampfzentrale verschandelt. Sie haben hier 70 Container übereinander gestellt. (GR Heinz Hufnagl: Mehr nebeneinander! 70 wären sich nach oben nicht ausgegangen!) Was Sie sich dabei gedacht haben, hier demonstrativ Menschen in Containern arbeiten zu lassen, das werden wir vielleicht auch noch hören.

 

Meine Damen und Herren! Diese Wahlkampffestung der SPÖ im Ausmaß von 33 mal 19 Metern hat zur Folge, dass in diesem Bereich zumindest eine Fülle von Parkplätzen verloren gegangen ist. Damit befinden wir uns auch schon mitten in der Straßenverkehrsordnung. Die Straßenverkehrsordnung normiert nämlich in den §§ 82 und 90, dass für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen, eine Bewilligung einzuholen ist.

 

Also, wo ist diese Bewilligung? - Ich glaube, sie liegt nicht vor, und ich glaube, dass Sie diese Bewilligung brauchen. Jeder andere würde sie brauchen; in dem gegenständlichen Fall liegt sie nicht vor.

 

Oder: Landesrecht - Gebrauchsabgabe. Die Gebrauchserlaubnis ist nach dem Gebrauchsabgabegesetz zu versagen, wenn dem Gebrauch öffentliche Rücksichten, wie Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Parkraumbedarf, städtebauliche Interessen, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen.

 

Meine Damen und Herren! Dort, wo Sie dieses Blechdorf hingestellt haben, sind natürlich all diese Beeinträchtigungen massiv gegeben, was nach dem Gebrauchsabgabegesetz nur einen einzigen Schluss zulässt, nämlich dass der Gebrauch dieses öffentlichen Grundstücks zu versagen gewesen wäre. - Sie haben es handstreichartig bekommen.

 

Noch eine dritte Rechtsvorschrift darf ich hier auszugsweise anführen: Die Wiener Bauordnung verlangt in § 85 von einer baulichen Anlage, wie eben diese Containerburg ihrer Beschaffenheit nach eine darstellt, noch zusätzlich, dass die einheitliche Gestaltung des örtlichen Stadtbildes nicht gestört wird. Ich meine, dass diese Container, insbesondere neben dem Burgtheater und neben dem Café Landtmann, doch eine sehr massive Störung des Stadtbildes bewirken. Auch in Bezug auf die Bauordnung müsste es eigentlich rechtens zugegangen sein und damit dürfte es dieses Containerdorf nicht geben.

 

Aber wie kann es denn in Wien auch anders sein, wenn der Obmann der Wiener SPÖ, Dr Häupl, beim Wiener Magistrat, der dem Bgm Dr Häupl wei-sungsgebunden untersteht, einen Antrag stellt - natürlich nicht Sie persönlich, Herr Bürgermeister, aber Ihr Sekretär, Herr Prof Kopietz, hat das gemacht. Wir können uns das gut vorstellen, wie Herr Prof Kopietz mit nahezu schon unterwürfiger Untertänigkeit beim Magistratischen Bezirksamt vorstellig geworden ist, nachgefragt hat und schlussendlich, um etliche Ortsverhandlungen später und um viele Auflagen reicher, einen umfangreichen Bescheid erhalten hat. - Genau so wird es gewesen sein. Ein Schelm, der anderes dabei denkt!

 

Aber wie ich schon gesagt habe: Nur weil die SPÖ ein Faible für Menschen im Container hat, muss man, so glaube ich, diese Container noch nicht dort in der Stadt hinstellen. Ich glaube auch, dass sich der Magistrat nicht zum willigen Erfüllungsgehilfen machen darf; aber es sieht in diesem Fall ganz danach aus, dass das der Fall ist.

 

Es ist schon erstaunlich, welch eine Beziehung Sie zu Containern haben: Sie hatten zum Beispiel überhaupt kein Problem damit, jahrelang Kinder in Containern zu unterrichten. Diese Schulcontainer haben uns hier oft beschäftigt, und es hat einige Zeit gedauert, bis Sie sich diesbezüglich doch eines anderen besonnen haben, sodass mittlerweile Kinder nicht mehr in Containerklassen unterrichtet werden müssen.

 

Oder erinnern wir uns etwa an den Großcontainer, den es lange Zeit vis-a-vis der Sezession gab; von den Wienern wurde er behübschend "Schuhschachtel" genannt. Die Sezession gibt es immer noch; die "Schuhschachtel", dieser Großcontainer, steht nicht mehr.

 

Oder der Schlingensief-Container neben der Oper: Die Oper ist geblieben; wer aber spricht heute noch von dem Herrn aus Deutschland, dem Sie hier jubelnd die Tore Österreichs zur Österreichbeschimpfung geöffnet haben?

 

Oder das Containerdorf von "Taxi Orange": Eine Magenta findet sich nur mehr auf den Internet-Seiten der SPÖ. Anders als bei "Taxi Orange" wird aber, glaube ich, wohl kaum jemand in Jubel ausbrechen, wenn er den SPÖ-Container verlässt.

 

Meine Damen und Herren! Dieser Container steht für Kurzlebigkeit, für Substanzlosigkeit, die auch auf Ihren Wahlplakaten zum Ausdruck kommt, und vor allem für Ihre Art und Weise, hier in dieser Stadt mit der Macht umzugehen. Und weil Sie hier schon den ganzen Tag lang so siegestrunken sind: Ihr Obmann Gusenbauer -

 

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