Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 122
verfehlt hat wie Finanzminister Grasser! (Heiterkeit bei
der ÖVP und bei der FPÖ.)
Drittens hält die EU-Kommission fest, dass zehn
EU-Staaten (GR Gerhard Pfeiffer: Das waren die sozialistischen
Finanzminister!) ein geringeres Budgetdefizit haben als Österreich oder gar
einen Budgetüberschuss. Österreich gehört budgetpolitisch nach drei Jahren
Schwarz-Blau einfach zu den Schlusslichtern in der EU. Dass die Freiheitlichen
jetzt wieder den Finanzminister Grasser verteidigen, finde ich auch
interessant, aber bitte, soll so sein, sie haben sich gerade getrennt von ihm.
Die EU-Kommission stellt auch fest, dass das Nulldefizit
nur durch starke Steuererhöhungen erreicht wurde. Also keine Rede von
ausgabenseitiger Budgetsanierung, wie die Regierung immer behauptet, und - was
besonders schlimm ist für die österreichische Wirtschaft - dass Österreich
heuer die geringste öffentliche Investitionsquote aller EU-Staaten hat! Die
EU-Staaten wenden im Durchschnitt in der öffentlichen Investitionsquote doppelt
so viel wie Österreich auf!
Wir gehen hier in Wien einfach einen anderen Weg und
das zeigt das Budget 2002 und das zeigt auch das Budget 2003, das wir heute zu
beschließen haben.
Die Feststellungen der Europäischen Kommission
erklären auch, warum Österreich bei den Wirtschaftsdaten so sehr ins
Hintertreffen gelangt ist. Denn zu den Wirtschaftsaussichten stellt die
EU-Kommission auch sehr deutlich fest: Das Wirtschaftswachstum in Österreich
ist nach drei Jahren ÖVP-geführter Regierung besonders niedrig. Das
Wirtschaftswachstum ist heuer und auch im kommenden Jahr eines der niedrigsten
der Europäischen Union. Und geht es so weiter wie bisher, meine Damen und
Herren, so wird Österreich auch 2004 das niedrigste Wirtschaftswachstum aller
EU-Staaten haben! (GR Dr Matthias Tschirf: Der Wahlkampf ist beendet! - GR
Godwin Schuster: Die Realität ist aber so!) Wir kommen schon, wir kommen
schon. Man muss ja nur ein bisserl den wesentlichen Unterschied herausarbeiten.
Sie haben ja eingefordert (Aufregung bei der ÖVP.),
Kollege Tschirf, dass man einmal ein bissel den Unterschied zwischen Wien und
dem Bund heraushebt. Sie haben das Ergebnis in Wien gesehen. Da gibt es einen
klaren Unterschied und Sie werden auch in der Budgetpolitik einen klaren
Unterschied erkennen. Wir sparen die Wirtschaft nicht kaputt, Kollege Tschirf! (Beifall
bei der SPÖ. - GR Dr Matthias Tschirf: In der Arbeitslosigkeit 2 Prozent
über dem Bundesschnitt!)
Es ist immer wieder in den vergangenen Jahren gesagt
worden, es sind diese Wirtschaftsdaten einfach Anlass für die Bundesregierung
zu reagieren. Es muss zu einem Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik kommen,
andernfalls wird Österreich einfach Schlusslicht in der EU beim
Wirtschaftswachstum sein. (GR Johannes Prochaska: So gut wie der Herr
Schröder werden wir noch lange sein!)
Die Untätigkeit der letzten Jahre hat sich natürlich
auch in der Arbeitslosigkeit niedergeschlagen. Österreich weist den stärksten
Anstieg ... (GR Johannes Prochaska: So gut wie der Herr Schröder werden wir
noch lange sein!) Jawohl, Kollege Prochaska, Sie hören es jetzt gleich:
Österreich weist den stärksten Anstieg der Arbeitslosigkeit unter allen
EU-Staaten auf! Da nützt der Vergleich irgendwo anders hin nichts. Hier sind
hausgemachte Fehler dieser Bundesregierung und die werden wir aufzeigen, auch
hier, Herr Kollege Prochaska! (Beifall bei der SPÖ. - Aufregung bei der
ÖVP.)
Aber ich verstehe schon, dass Sie da jetzt so agieren
müssen, angesichts der Aussage des Kollegen Schüssel vom Schönheitsfehler, dass
die Arbeitslosigkeit ein Schönheitsfehler ist. Scheinbar sieht das die Wiener
ÖVP auch so. Das ist halt ein kleiner Schönheitsfehler. Wir sehen es anders! (Beifall
bei der SPÖ. - Weitere Aufregung bei der ÖVP.)
Die Arbeitslosigkeit von 300 000 Menschen ist
für uns kein Schönheitsfehler, sondern sie ist eine politische Herausforderung (GR
Johannes Prochaska: Weil es in Wien noch ärger ist!) und ich hoffe sehr,
dass es jetzt (GR Johannes Prochaska: Weil es in Wien noch ärger ist!))
bei der Österreichischen Volkspartei vielleicht tatsächlich zu einem Umdenken
kommt und dass man sich endlich dem Ernst der Lage stellt und endlich auch handelt!
Wir in Wien haben gehandelt. (GR Johannes Prochaska:
Ja, mit mehr Arbeitslose!) Wir haben bei den ersten Anzeichen der
Wirtschaftskrise zu einem Zeitpunkt gehandelt, als die Bundesregierung noch darüber
philosophiert hat, ob es jetzt eine Konjunkturdelle ist oder ob es vielleicht
mehr ist. Das ist auch semantisch diskutiert worden. Wir haben budgetpolitisch
und wirtschaftspolitisch gehandelt, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wien hat daher im Vorjahr die Wirtschaftsförderung um
20 Millionen EUR verstärkt und was hat die Bundesregierung getan? - Sie
hat heuer die Förderungsmaßnahmen für Industrie und Gewerbe um
400 Millionen EUR vor allem bei der Forschungsförderung gekürzt! Wien hat
seine Investitionen auf rund 1,5 Milliarden EUR oder
20 Milliarden S ausgeweitet. Was hat die Bundesregierung getan? - Sie
hat die Investitionen um rund 500 Millionen EUR mit dem Ergebnis gekürzt -
wir wissen es alle mittlerweile -, dass Wien bereits mehr investiert als der
Bund!
Nicht genug damit hat die Bundesregierung gleichzeitig
die attraktivste Investitionsförderung gestrichen und den
Investitionsfreibetrag abgeschafft, sodass der Wirtschaft Anreize zum
Investieren gefehlt haben. Die Ergebnisse sehen wir. Einen deutlicheren Beweis
mangelnder Wirtschaftskompetenz der Bundesregierung gibt es wohl kaum, wie ich
meine.
Die wirtschaftlichen Folgen dieser Politik für alle Österreicherinnen
und Österreicher sind klar: Weniger Investitionen bedeuten weniger Beschäftigte.
Erstmals gibt es in ganz Österreich einen deutlichen Rückgang der
Beschäftigten. Da hilft auch die Zahlenkosmetik des Herrn Ministers nichts. Die
Arbeitslosigkeit erreicht, darauf ist heute schon hingewiesen worden, vor allem
bei
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