Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 122
nur zu sagen, Wien ist das Technologiezentrum Österreichs,
dass dort alles nach Wien geht, liegt auf der Hand. Es gibt zum Beispiel auch
bei der schlichten Produktion von "Kellys" eine Verlagerung, ich
glaube, aus Hollabrunn oder von irgendwo nach Wien. Ich könnte diese Liste an
Meldungen von Betriebsverlagerungen nach Wien noch fortsetzen. (GR Dr
Wilfried Serles: Das war nicht sehr überzeugend!)
Es gibt natürlich auch statistische Daten, aber ich
will nicht damit prahlen, wie viele internationale Konzerne nach Österreich
gehen und dass davon mehr als die Hälfte nach Wien geht. Ich könnte mich auch
auf Äußerungen des Wiener Wirtschaftskammerpräsidenten beziehen, der vor nicht
allzu langer Zeit mit seinem österreichischen Pendant erklärt hat, Wien sei auf
Rekordkurs bei den Firmengründungen. Also, es gibt eine Reihe von seriösen Zeugen,
die nicht durch eine Oppositionsrolle befangen sind und die uns bestätigen,
dass es nicht wirklich so dramatisch ist. Aber ich sage noch einmal, jede
dieser Facetten ist durchaus ernst zu nehmen. Ich glaube, dass das auch eine
Sache ist, die uns nicht nur über den heutigen Tag, sondern das gesamte Jahr
über begleitet. Das führt auch zur Frage, die angeschnitten worden ist, wie
viel denn schon im Budget steht und was man nachher noch alles zusätzlich machen
kann.
Erstens gibt es oft aktuelle Anlässe, wo man nicht
nachschauen kann, ob das im Budget steht, sondern eingreifen muss. Ich nehme
ein Beispiel, das jetzt durchaus allgemein positiv beurteilt wird. Es hat kürzlich
eine sehr wichtige Konzernentscheidung für den Opel-Austria-Standort im
Gesamtkonzern stattgefunden. Man hat die Herstellung des neuen Getriebes an
diesen Standort verlagert. Damit ist eine Reihe von Problemen verbunden. Dass
hier gemeinsam - das sage ich auch dazu - Wirtschaftsminister Bartenstein und
die Stadt Wien ein durchaus effizientes Begleitprogramm auf die Beine gestellt
haben, ohne deswegen ununterbrochen die Jubelmeldungen hinauszugeben, ist nur
ein Beispiel, dass man durchaus sehr seriöse Standortpolitik machen kann, ohne
dass das schon vorher im Budget steht. Ich könnte auch eine Reihe anderer
Beispiele bringen, nicht nur das dramatische Beispiel von Grundig, sondern
andere, wo es notwendig ist, kurzfristig Maßnahmen zu setzen.
Das Zweite ist, ich habe am Anfang in meiner ersten
Wortmeldung gesagt, wir können uns nicht darauf verlassen, wie die
Einnahmensituation ist. Wir haben im Budget auch noch ein Zusatzbudget mit
90 Millionen EUR, übrigens um 10 Millionen EUR höher als im Vorjahr, mit
Sperren, wo wir vorsichtig kalkulieren müssen. Daher kann ich niemandem Recht
geben, der sagt, das muss alles im Budget stehen. Das geht halt leider nicht.
Der zweite Punkt, der auch noch zu unserer Wirtschaftssituation
gehört: Entschuldigen Sie, ich will das jetzt nicht banal sagen, aber diese
oberflächlichen Beurteilungen der Wirtschaftsentwicklung sind eigentlich fast
peinlich. Natürlich hat es eine Phase gegeben, wo jene Bereiche der
österreichischen Wirtschaft, die exportorientiert waren, insbesondere in die
Bundesrepublik Deutschland, von der damalig günstigen Situation mehr profitiert
haben, als die Wiener Wirtschaft, die eben nicht in primärem Ausmaß an Exporten
orientiert ist, die nach Deutschland gehen. Kehrstück, durch den Einbruch der
Exporte nach Deutschland steht jetzt die Wirtschaftssituation in Wien, die
stärker in die ost- und mitteleuropäischen Länder exportiert, um vieles besser
da.
Nur ein simples Beispiel, wenn nicht die Frage der
Politik prinzipiell entscheidet, sondern wie internationale Entwicklungen dazu
beitragen, dass sich etwas verändert. Richtig ist, dass wir alles daranzusetzen
haben, um unsere Positionen, unsere Ausgangslage für die Entwicklung in die
Europäische Union, nämlich in die Entwicklung der anderen Nachbarländer in die
Europäische Union, nicht nur zu beklatschen, nicht nur zu fordern, dass dort
etwas geschieht, sondern auch im eigenen Bereich Maßnahmen zu setzen. Das gilt
für Fragen der Qualifikation und Ausbildung genauso wie für die Standortfrage.
Das nur am Rande.
Jetzt zu einigen Bemerkungen, die hier aufgetaucht
sind: Eine der Bemerkungen war - das kommt nicht zum ersten Mal - die Frage der
Tariferhöhungen, insbesondere die Gebührenerhöhungen. Ich will mich jetzt nicht
loben, dass wir wahrscheinlich das einzige Bundesland sind, das auch eine
Steuersenkung beschlossen hat. Das hat es in anderen Bundesländern generell
nicht gegeben. (GR Dr Wilfried Serles: Was denn zum Beispiel?) Die Änderung
bei der Vergnügungssteuer hat auch Geld gekostet. Dass wir damit für einen
bestimmten Bereich junger Menschen eine sehr wesentliche, auch von der
Unternehmenstätigkeit sinnvolle Aktion gesetzt haben, wird gleich wieder
vergessen.
Ich will jetzt nicht die Auswirkungen der Belastungen all
dessen breittreten, was auf der Seite der Bundesregierung gegenüber dem Ausmaß
der Belastung von 19 EUR für die Wiener geschehen ist. Ich möchte aber an
die Adresse der Österreichischen Volkspartei doch einen Hinweis geben: Bevor
man das Thema der Gebührenerhöhung, Herr Klubobmann, sehr breittritt, sollte
man sich vielleicht mit dem eigenen Parteiobmann kurzschließen. Damit meine ich
den Herrn Staatssekretär. Dieser, der Wiener Volksparteichef Alfred Finz, wird
nämlich in einer Zeitung damit zitiert, dass er gefordert hat - ich muss das
jetzt wörtlich vorlesen, damit Sie nicht glauben, ich verdrehe die Worte -:
"ein kräftiges Drehen an der Gebührenschraube". Das hat er verlangt.
Das war im Oktober dieses Jahres. (GR Dr Matthias Tschirf: Das war ein
Missverständnis!) Sie machen uns Vorwürfe und machen daraus eine dramatische
Situation, aber Ihr eigener Parteiobmann - bitte nachzulesen - fordert das
Drehen an der Gebührenschraube! (GR Dr Matthias Tschirf: Und Sie führen es
durch!) Der Artikel steht unter dem Titel "einfach ehrlich", auch
das sollte man sich merken, weil die Gebührenschraube nicht die Abgabenquote belastet.
Daher ist durchaus ein konstruktiver Vorschlag der Finanzpolitik, erhöhen wir
die Gebühren (GR Dr Matthias Tschirf: Das ist das, was Sie gemacht haben!),
dann haben wir trotzdem eine niedrigere Abgabenquote. Das nur unter dem Titel
"einfach ehrlich" zu
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