Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 122
Strukturen für die zwei verbliebenen Musical-Theater geben
könnte. Sie haben im Ausschuss gesagt, für das Raimund-Theater stellen Sie sich
internationale Musicals vor, und im Ronacher sollen sich die heimischen Künstler
produzieren können. Das klingt sehr gut, aber - wir haben oft darüber
diskutiert - es gibt Städte, wo das Kommerz-Musical sogar im Geschäft ist, und
wir wagen es nicht einmal, darüber nachzudenken, ob es da nicht auch Möglichkeiten
gibt!
Ich bin, was diese Frage betrifft, unverdrossen und
stelle diesbezüglich immer wieder Anträge. Wir haben ja auch jahrelang Anträge
dafür gestellt, dass das Theater an der Wien für klassisches Musiktheater
genützt wird. Darauf ist man jetzt eingegangen. Vielleicht denkt man auch
einmal darüber nach, dass bei den zukünftigen Strukturen der Musical-Theater
doch marktwirtschaftliche Kriterien Eingang finden könnten. (GR Günter
Kenesei: Haben Sie sich schon einmal angeschaut, in welcher Kombination die
dort funktionieren?)
Sehr geehrter Herr Kollege Kenesei! Wir haben uns in
London die Situation angeschaut und wir haben sie uns auch in den Vereinigten
Staaten angesehen. (GR Günter Kenesei: Haben Sie sich schon die Kombination
dessen angeschaut?) - Ich werde auf diese Frage eingehen. Wir wissen ganz
genau, wie das funktioniert. Ich sage nicht, dass wir das kopieren müssen, aber
wir dürfen doch wohl noch darüber nachdenken! Dort wird das 100-prozentig
privatwirtschaftlich gemacht, ohne eigene Orchester; die Produktionen werden
ganz einfach eingekauft. Ich sage nicht, dass das gut ist, aber es gibt vielleicht
die Variante einer gemischtwirtschaftlichen Nutzung! (Neuerlicher
Zwischenruf des GR Günter Kenesei.) - Nicht einmal das wird in Erwägung
gezogen - nein: Es wird von vornherein jegliche Innovation abgestoppt. Ich
finde das nicht richtig. Man könnte zumindest einmal eine Studie durchführen oder
Überlegungen anstellen.
Deshalb stelle ich hiermit noch einmal einen Antrag
dahin gehend, dass man in diesem Bereich vermehrt marktwirtschaftliche
Überlegungen mit einbeziehen sollte.
Im Zusammenhang mit den Vereinigten Bühnen und auch
mit der Zukunft des Theaters an der Wien möchte ich noch auf eine Sache
eingehen, die ich seit 14 Jahren verfolge - vielleicht gibt es da einmal
einen Erfolg. Es geht dabei um das Figarohaus hinter dem Stephansdom in der
Domgasse. Wir haben uns in dieser Angelegenheit jahrelang bemüht, aber bis
jetzt hat man es noch nicht geschafft, zwei leere Stockwerke für ein Mozarthaus
zu nützen. Ich versuche es jetzt noch einmal. Infolge dieser jahrelangen
Bemühungen von uns Freiheitlichen auf Bezirks- und auf Gemeindeebene gab es ja
in der Amtszeit der vorherigen Stadtregierung - Herr StR Marboe, wenn ich Sie
daran erinnern darf - bereits Planungen, dass dieses Figarohaus eingerichtet
werden soll. Das war, soweit ich mich erinnern kann, vor der letzten Wahl.
Jetzt ist das Ganze wieder ins Stocken geraten.
Ich stelle daher erneut einen diesbezüglichen Antrag
und hoffe, dass das endlich einmal in Angriff genommen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was die Förderungen
anbelangt, so möchte ich noch ganz kurz auf die Freien Gruppen eingehen.
Eigentlich wollte das mein Kollege Harald STEFAN tun, aber er muss leider jetzt
weggehen, und deshalb übernehme ich das.
Es ist nämlich so, dass sich unsere Kritik, die wir
jahrelang in Bezug auf den Sektor der Freien Gruppen geübt haben, durch einen
Bericht des Kontrollamts bestätigt hat. Es geht dabei um Abrechnungen: Im
Zeitrahmen 2000 bis Ende Jänner 2002 hat es 225 Förderungen gegeben.
48 Abrechnungen fehlen völlig. Durchschnittlich elf Monate musste man auf
eine Reaktion warten. 42 Abrechnungen sind im Laufen; davon sind nur 12
fristgerecht eingereicht worden.
Das, was wir immer wieder gesagt haben, nämlich dass
die Transparenz fehlt, dass man in Wirklichkeit nicht weiß, wofür die Gelder
ausgegeben werden - und das ist einer der größten Budgetbrocken! -, hat sich
also bewahrheitet. Ich glaube, dass das auch der Grund dafür ist, dass Herr StR
Mailath-Pokorny jetzt eine Studie durchführen lässt. Wir freuen uns darüber. Ich
hoffe, dass dann auch die richtigen Konsequenzen daraus gezogen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt
zu unserem letzten Punkt, der die Ausbildung und die Bildung zukünftiger
Generationen betrifft. Es ist nämlich sehr wichtig, dass man auch in diesem
Bereich die entsprechenden Grundlagen schafft, denn wir sind der Meinung, dass
auch das Wissen um die eigene Kultur, Sprache, Geschichte, um die eigenen Werte
und Sitten sowie auch die Liebe dazu und die Achtung davor sehr wichtig sind.
Aus der Fülle dieser Themen möchte ich noch einmal,
wie ich das seit vielen Jahren tue, die Musikerziehung hervorheben, wie auch
mein Kollege Andreas Salcher dies getan hat, denn die Musik und der Gesang sind
die Sprache der Seele. Wien soll Musikmetropole bleiben und dazu gehört der
Ausbau der Musikschulen in Wien und die Verbesserung ihrer Struktur. Wir haben
in den letzten Jahren eine Fülle von Anträgen hiezu eingebracht, aber Frau
StRin Laska hat sich nie wirklich ernsthaft um diese Dinge gekümmert. Ich
meine, dass auch Sie, Herr StR Mailath-Pokorny, dafür mitverantwortlich sind,
und ich hoffe, dass sich mit dieser geplanten Enquete in dieser Hinsicht etwas
verbessern wird.
Ich komme damit zum Schluss: Eine erfolgreiche Kulturpolitik
muss Raum für neue Ideen schaffen - ich erinnere daran: neue Struktur für die
Vereinigten Bühnen -, sie muss neue Formen möglich machen - ich denke an
moderne Architektur dort, wo Platz und Raum ist -, aber gleichzeitig die
kulturelle Tradition einer Gesellschaft bewahren - ich erinnere an die Bereiche
Musikerziehung oder kulturelles Erbe.
Die sozialdemokratische Kulturpolitik in Wien ist diesen
beiden Anforderungen nicht gerecht geworden. Deshalb lehnen wir das
Kulturbudget ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als
Nächste ist Frau GRin Klicka zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
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