Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 86 von 122
worauf er ganz entwaffnend und
ehrlich gesagt hat: Das geht ja nicht, denn wie Sie, Frau Ringler und Herr Marboe,
ja ganz genau wissen, ist diese Erhöhung von den Kollektivverträgen und von der
inflationären Abgeltung und so weiter längst aufgefressen.
Ich kann
also sozusagen als Kronzeugen Herrn Woller anführen, der gesagt hat, dass diese
Erhöhung schon nicht mehr zur Verfügung steht. Das war sehr ehrlich, meine
Damen und Herren: Es ist ein Minusbudget! Das ist ja leicht nachzuweisen.
Das
Zweite, was auch bedauerlich ist: Das Budget ist anteilsmäßig am Gesamtbudget
zum zweiten Mal in Folge gesunken. Das ist kein guter Trend, weil dieser Anteil
zuvor fünf Jahre lang gestiegen ist, und zwar im Durchschnitt all dieser fünf
Jahre - die letzten zwei Jahre ausgenommen - um 5 Prozent, meine Damen und
Herren. Das ist eine Budgetpolitik, wie wir sie uns vorstellen und wünschen! (Beifall bei der ÖVP.)
Nun ist - das möchte ich schon einräumen - nicht genug Zeit, um auch
das Positive zu erwähnen, und daher wirkt ein solcher Debattenbeitrag immer ein
bisschen ungleichgewichtig. Und es gibt Positives: Es gibt immerhin bei der
darstellenden Kunst eine Steigerung, bei den bildenden Künsten eine Steigerung,
bei den Bezirksmuseen - was mich sehr freut - eine Steigerung, und das soll
wirklich nicht unerwähnt bleiben.
Auf der anderen Seite muss es als bedrückend bezeichnet werden, wenn
die Altstadterhaltung ein Minus von 1,67 Millionen EUR aufweist, und es
muss auch als bedrückend bezeichnet werden, wenn die Sommerveranstaltungen -
nämlich der "Klangbogen" und der "Osterklang", zwei der bedeutendsten Festivals in dieser
Stadt - mit einem Minus von 571 000 EUR zu rechnen haben. Das ist
eine Art von Umverteilung, wie wir sie einfach nicht vertreten können, meine
Damen und Herren, und deshalb ist für uns eine Zustimmung zu diesem Budget auch
unmöglich.
Sie haben zu Recht, Frau Kollegin Klicka, auf das RSO verwiesen, und
ich unterschreibe das sofort, wenn wir diesbezüglich einen gemeinsamen Appell
formulieren sollten. Aber appellieren wir auch gemeinsam dafür, dass wir nicht
zwei der führenden Wiener Festivals, nämlich den "Osterklang" und den "Klangbogen", durch eine Kürzung um mehr als
500 000 EUR gefährden! Das können diese Festivals nicht überstehen,
ohne dass sich programmatisch etwas verschlechtert.
Ich möchte nur noch zwei Dinge erwähnen, weil hier ja bereits sehr viel
gesagt wurde - lassen wir also die Wiederholungen.
Das eine ist der Theaterbereich. Es mehren sich Gerüchte, Herr
Stadtrat, dass es tatsächlich zu Theaterschließungen kommen soll, die ja zum
Teil schon temporär erfolgt sind: "kosmos.frauenraum"
steht de facto schon einen Großteil des Jahres leer, das Auersperg-Theater wird
nicht bespielt, und nun müssen wir in den Zeitungen lesen, dass auch die "Tribüne", das
Ateliertheater und das Liechtenwerd gefährdet sind. Die Liste ist leider noch
fortführbar, aber ich hoffe, dass das wirklich unfundierte Gerüchte sind.
Ich appelliere wirklich an Sie, dass wir gemeinsam alles tun, damit
nicht in Wien das große Theatersterben beginnt! Kollege Woller hat bei derselben
Diskussion - Sie erinnern sich vielleicht - gesagt: Wenn ein neuer Direktor
kommt, dann hat man die Verpflichtung, in der Kulturpolitik darüber
nachzudenken, ob es so weitergehen soll wie bisher. - Und es stimmt ja: In der "Tribüne" ist durch den Tod von Herrn Ander, der das fast 50 Jahre lang
gemacht hat, eine neue Situation eingetreten. Aber Hand aufs Herz: Würden wir
dasselbe auch beim Burgtheater oder beim Volkstheater oder bei der Josefstadt
sagen, wenn ein Direktor weg ist oder wechselt? Würden wir dann gleich darüber
nachdenken, ob wir das Theater nicht überhaupt zusperren sollen? - Nein! Und
ich verlange einfach und erwarte, dass wir den kleinen Theatern in dieser Stadt
mit dem gleichen Respekt gegenübertreten wie den großen. Ich glaube nicht, dass
das zu viel verlangt ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht auf die Behauptung
eingehen, dass zwei Drittel aller künstlerischen Leitungen im Theaterbereich
von Frauen besetzt wurden. Ich glaube, wir sind uns einig darüber, dass da im
letzten Protokoll ein Fehler unterlaufen ist, und ich würde auch darum bitten,
dass man das berichtigt, genauso wie man auch den Zwischenruf der ÖVP berichtigen
möge. Da steht nämlich "eine
einzige". Es muss richtig
heißen: "keine einzige". Auch hier hoffe ich, dass sich das in
Zukunft einmal ändern wird.
Meine Damen und Herren! Wir werden einem Budget im Kulturbereich nicht
zustimmen können, das ein Minusbudget ist, das eigentlich keinen
Gestaltungsspielraum eröffnet, um wichtige Themen und wichtige Bereiche angehen
zu können, das kein klar ersichtliches Bekenntnis zur Erhaltung kleiner
Theaterräume in dieser Stadt beinhaltet. - Ich kann nur hoffen, dass die Zusagen,
die hier von politischer Seite immer wieder gegeben wurden, tatsächlich auch
eingehalten werden.
Wir können auch einem Budget nicht zustimmen, in dem wieder - Kollege
Salcher hat ja nur eines von vielen Beispielen angeführt - ein Klima entsteht,
in dem eines nicht gewährleistet ist, und das möchte ich jetzt schon sehr klar formulieren:
Jeder und jede in dieser Stadt soll politische Meinungen äußern, wie er oder
sie will, wann er oder sie will und in welche Richtung er oder sie will. Aber
seien wir doch gemeinsam der Meinung, dass nicht Vorteile - oder Nachteile -
damit verbunden sein sollen! Seien wir doch der Meinung, dass nicht ein Klima
entstehen darf, in dem man sich durch parteipolitische Wortmeldungen wieder
Vorteile erhofft! Ich glaube, dem sollten wir gemeinsam entgegentreten, und wir
sollten auch dafür sein, dass nicht Leute, die sich nicht parteipolitisch zu
Wort melden, wie etwa im Fall des Auersperg-Theaters Vilmos Desy, im Regen
stehen gelassen werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Und wir können einem Budget nicht
zustimmen, das im Grunde - soweit wir das überhaupt wissen; die Frau Kollegin
hat ja ziemlich genau dargelegt, wie begrenzt unsere Informationen
diesbezüglich sind - keine großen Perspektiven überhaupt in Betracht zieht,
nämlich im
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