Gemeinderat,
22. Sitzung vom 12.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 93
gegeben, die die geförderten Deutschkurse des Wiener
Integrationsfonds besucht haben. Und das Wichtigste ist: Das ist freiwillig.
Freiwillig besuchen die Menschen diese Kurse. Es gibt so einen Andrang, dass
man zwei- bis dreimal so viele Kurse anbieten könnte. Das übersteigt einfach
die Möglichkeiten des Integrationsfonds. Aber Zwangssprachkurse einzuführen,
ist nicht nur unmenschlich, ist nicht nur unpädagogisch, sondern auch kontraproduktiv,
weil die Menschen Deutsch lernen wollen, aber unter positiven Bedingungen und
auf freiwilliger Basis.
Und deshalb sage ich, die
Integrationspolitik nach dem Modell von StRin Brauner, nach dem Modell der
Stadt Wien ist einfach grundlegend anders und besser als der so genannte
Integrationsvertrag der Bundesregierung, welcher von uns nach wie vor abgelehnt
wird. (Beifall bei der SPÖ.)
Dieser Integrationsvertrag
zeichnet sich durch Zwang, durch Geldstrafen, durch Sanktionen bis hin zum
Verlust der Aufenthaltsbewilligung aus, und ich würde wirklich sagen, welche
Bundesregierung jetzt auch immer an die Regierung kommen wird - das steht ja
noch nicht ganz fest -, auf jeden Fall sollte man im Interesse der Sache und im
Interesse der Menschen diesen so genannten Integrationsvertrag grundlegend
überarbeiten. Wenn vielleicht die GRÜNEN eine schwarz-grüne Koalition machen,
sollte Kollege Ellensohn, der sich da ja schon öffentlich zu Wort gemeldet hat,
vielleicht auch seinen Einfluss geltend machen, dass der Integrationsvertrag
grundlegend abgeändert und seiner unmenschlichen Praxis entkleidet wird. Wir
hoffen hier natürlich auf die GRÜNEN, falls es dazu kommt. (Zwischenruf.)
Noch einmal kurz zur
Sprachoffensive des Integrationsfonds. Diese ist ein großer Erfolg, wir müssen
aber auch berücksichtigen, dass vom Integrationsvertrag nicht Betroffene
künftig noch in den Genuss dieser Sprachoffensive kommen und ihre
Deutschkenntnisse ausbauen können. Ich glaube, langfristig oder vielleicht
sogar mittelfristig werden wir uns nach dem Vorbild der Niederlande darauf
einstellen müssen, dass es auch Orientierungskurse gibt, bei denen die
berufliche Orientierung, die Qualifikation und auch die Informationsberatung
für den Alltag mit im Vordergrund stehen, bei denen diese Aspekte auch mit berücksichtigt werden.
Wenn ich jetzt nur kurz einige der
vielfältigen Aufgaben des Integrationsfonds aufzählen darf, dessen Bardotation
mit weit über 6 Millionen EUR wir heute beschließen, dann ist ein Thema,
das sicher im Vordergrund steht und das Kollegin Jerusalem angesprochen hat,
die Antidiskriminierung. Ich erwähne hier das Projekt "Equal" für
Gleichstellung von MigrantInnen am Arbeitsmarkt. Es soll versucht werden, dass
in Betrieben keine Form von Rassismus herrscht und dass auch die
Geschäftsleitung mit eingebunden wird, dass antidiskriminierende Maßnahmen
gesetzt werden können.
Ich bin voll für ein
Antidiskriminierungsgesetz, glaube aber auch - als Jurist muss ich das sagen -,
dass ein Antidiskriminierungsgesetz grundsätzlich vom Bund beschlossen werden
soll, weil dort einfach viel, viel mehr Wirkung möglich ist, weil die
wesentlichen Kompetenzen Bundeskompetenzen sind. Egal, zu welcher Bundeskoalition
es kommen wird, es wäre sicher eine ihrer Aufgaben, ein Antidiskriminierungsgesetz
auf Basis des Entwurfs des Ludwig-Boltzmann-Instituts - über den man noch
diskutieren kann, aber der ist eine Diskussionsbasis - zu beschließen. Sollte
aber eine zukünftige Bundesregierung kein Interesse an einem
Antidiskriminierungsgesetz haben, dann bin ich durchaus dafür, dass wir in Wien
mit unseren begrenzten Mitteln - in dem Fall juristisch begrenzt - natürlich
Antidiskriminierungsschritte auch auf gesetzlicher Basis setzen. Das werden wir
machen, so gut es geht, soweit wir die Kompetenz haben. Aber der echte
Schwerpunkt muss, wie gesagt, zuerst jetzt noch einmal sein, alles
daranzusetzen, dass es zu einem Bundes-Antidiskriminierungsgesetz kommt.
Ganz kurz noch zur
Außenstellenreform, weil darüber in letzter Zeit in der Öffentlichkeit auch
wieder einige Unrichtigkeiten verkündet worden sind. Die Außenstellenreform,
wie wir sie geplant haben, ist im Interesse der Betroffenen. Sie bringt eine
bessere Struktur und Organisation. Es ist, wenn einige Leute mehr in einer Außenstelle
arbeiten, eben besser möglich, dass man dann bei Krankenständen, bei Urlauben
sozusagen besser jonglieren kann. Auch eine Spezialisierung im Interesse derer,
die hinkommen, ist dann viel leichter möglich. Also es ist effizienter und
besser, so wie wir das jetzt beschlossen haben.
Ich kann die Außenstellen nur
loben, und zwar nicht nur die, mit denen ich am meisten zu tun habe, nämlich
jene für den 16. und 17. Bezirk - ich bin Mandatar des 17. Bezirks
und weiß, dass über Bassenagespräche und Konfliktschlichtung irrsinnig viel
geleistet wird -, sondern alle Außenstellen und alle MitarbeiterInnen leisten
großartige Arbeit. Ich darf in diesem Zusammenhang wirklich allen Mitarbeitern
und Mitarbeiterinnen des Wiener Integrationsfonds herzlich für ihre engagierte
Arbeit danken - das sei ihnen hiermit ausgerichtet -, auch dem Geschäftsführer
Seitner, der ja gerade auf dem Weg zur Bundesministerin ist. Herzlichen Dank
allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Integrationsfonds! (Beifall bei
der SPÖ.)
Sie bemühen sich auch um
Öffentlichkeitsarbeit. Ich erinnere an die Informationsmagazine, beispielsweise
"Viyana Postasi" in türkischer Sprache oder "Becki Glasnik"
in serbischer, kroatischer beziehungsweise bosnischer Sprache. Damit werden
Zielgruppen über Themen wie Recht, Wohnen, Gesundheit, Schule, Politik in Österreich
informiert, und das ist, glaube ich, auch eine sehr wichtige Sache für das
reale Leben der Menschen.
Ich wollte heute eigentlich nicht zum Wahlrecht Stellung
nehmen, weil wir das morgen im Landtag auf der Tagesordnung haben, aber leider
- ich muss in dem Fall wirklich sagen, leider - habe ich jetzt eine ein
bisschen sonderbare Aussendung vom Kollegen Ulm zusammen mit BV Homole und BV
Tiller gesehen, die heute, obwohl wir es morgen ohnehin diskutieren, über OTS
hinausposaunen: "Wahlrechtsreform in Wien stört Integrationsbemühungen und
strotzt vor SP-Eigeninteressen." Sie
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