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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 12.12.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 93

 

releviert wurde, umgegangen ist, kann man im besten Fall als uncharmant bezeichnen.

 

Die Grünen zeigen daher heute dem Herrn Stadtrat die rote Karte, indem sie alle Rahmenvereinbarungen ablehnen. Wir haben dem Herrn Stadtrat schon einige Male die gelbe Karte gezeigt, das ist aber heute auch aus unserer Sicht das letzte Mal die gelbe Karte. Sollte es kein Gesprächsangebot geben, mit uns über Rahmenvereinbarungen zu reden, die sozusagen ein Mindestmaß an Einbindung der Opposition vorsehen - und soweit ich vom Fußball weiß, kommt die zweite gelbe Karte einer roten Karte gleich -, dann werden wir uns in Zukunft sehr ernsthaft überlegen, auch entsprechend mit den Rahmenvereinbarungen umzugehen. Dies geschieht nicht zuletzt deshalb, weil Sie, sehr geehrter Herr Stadtrat, das letzte Mal in der Budgetdebatte, bei der die ÖVP sich nach einem triumphalen Wahlergebnis sozusagen in sehr nobler Zurückhaltung geübt hat und nur sehr reduziert Kritik geübt hat, das sofort so interpretiert haben, dass die Opposition ohnehin nichts zu sagen hat. Die Grünen kennen sich mit dem Budget nicht aus, weil Frau Kollegin Ringler nicht in der Lage ist, es zu lesen, und die ÖVP mäkelt halt ein bisschen herum, weil zwei oder drei Projekte nicht angenommen wurden.

 

Ich sage, das ist kein Klima der Zusammenarbeit, das uns in Zukunft die Möglichkeit geben wird, derartigen Rahmenbedingungen einfach weiterhin so zuzustimmen. Aber ich will zeigen, dass wir jeden, auch den kleinsten ernst gemeinten Vorschlag zur Kooperation von Ihnen natürlich sofort gerne aufgreifen. Sie haben in der letzten Budgetdebatte gesagt und es auch in der Kulturausschusssitzung erneuert, dass Sie gerne bereit sind, sozusagen für lernwillige Gemeinderätinnen und Gemeinderäte ein Informationsseminar zum Budgetlesen zu machen. Da sind wir gerne bereit, diesen Vorschlag aufzunehmen, und ich stelle daher folgenden Antrag:

 

"Der Gemeinderat bekräftigt die Zusage von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny,

 

1. vor der jeweiligen Budgetdebatte im Gemeinderat Informationsseminare zum aktuellen Kulturbudget anzubieten, in denen er das Zustandekommen des Budgets und Fragen zu den einzelnen Budgetposten erläutert,

 

2. seine Beamten anzuweisen, Fragen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller im Gemeinderat vertretenen Fraktionen zu den einzelnen Budgetpunkten zu beantworten."

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Zu der Informationspflicht Ihrer Beamten möchte ich auch etwas sagen. Sie wurden in der letzten Kulturausschusssitzung von einer Vertreterin der Frau Kollegin Unterreiner gefragt, ob Sie eine Weisung gegeben haben, dass diese keine Budgetauskünfte mehr geben dürfen. Sie haben gesagt, Sie haben das nie getan. Wir wollen den zuständigen Beamten klarerweise schützen und ihn nicht hier vor den Gemeinderat zerren, aber einem Mitarbeiter unseres Klubs - und ich glaube, es gibt auch einen ähnlichen Fall bei den Grünen - wurde dezidiert von einem Beamten erklärt, dass Auskünfte über das Budget ausschließlich über das Stadtratbüro abzufragen sind.

 

Das ist meiner Meinung nach ein Widerspruch, dem ich jetzt gar nicht näher nachgehen will, aber wir werden natürlich gerade Ihr Angebot aufgreifen, dass Sie uns in Zukunft persönlich über alle uns relevant erscheinenden Budgetfragen informieren. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Bisher haben Sie mich noch nicht gefragt! Also, dürfte das nicht so ein Bedürfnis sein!) Wir sind bisher davon ausgegangen, dass die Beamten das Recht haben, uns Auskünfte zu erteilen. Übrigens gab es in der Ära Marboe überhaupt nie ein Problem mit den Oppositionsparteien, obwohl wir damals auch drei Oppositionsparteien hatten, während jetzt ein Mitarbeiter unseres Klubs ... (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Dann bemühen Sie sich, vielleicht einmal selbst anzurufen! - GRin Renate Winklbauer: Den Mitarbeitern steht gar nicht das Recht zu!) Na, da bin ich aber neugierig. Darf ich das laut sagen? Den Mitarbeitern steht dieses Recht nicht zu. (GRin Renate Winklbauer: So ist es! - GR Christian Oxonitsch: Das ist ganz klar geregelt in der Geschäftsordnung!) Na, da bin ich aber neugierig, wenn eine Mitarbeiterin des SPÖ-Klubs beim Herrn Stadtrat oder bei einem zuständigen Beamten anruft, ob er dort die Antwort bekommt: Melde dich bitte gefälligst beim Herrn Stadtrat! Da bin ich aber sehr neugierig, ob das so gehandhabt wird. Wir werden das gerne einmal ausprobieren. (Beifall bei der ÖVP.) Also, darüber können wir gerne diskutieren. (GRin Renate Winklbauer: Das ist klar geregelt! - GR Christian Oxonitsch: Das ist ganz klar geregelt! - GR Godwin Schuster: Die Vorgangsweise ist ganz klar geregelt! Dazu hat nur der Mandatar das Recht!)

 

Aber, Herr Stadtrat, das zeigt nur einmal mehr, dass Sie offensichtlich nicht bereit sind, mit einer Opposition ein vernünftiges, konstruktives Gesprächsverhältnis aufzubauen. Wir haben ja heute schon in der Früh eine Aktuelle Stunde gehabt, die sich mit einer Frage auseinander gesetzt hat. Ich glaube, der Wortlaut dieser Fragestellung, die wir heute in der Früh an eine andere Stadträtin gerichtet haben, ist eigentlich, muss ich sagen, von der Formulierung her durchaus in Ordnung, aber man wird sich überlegen müssen, welche der Oppositionsparteien dann einfach nur einen Namen wird austauschen müssen, um das nächste Mal ... (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: So groß kann das Interesse nicht sein, wenn Sie mich nicht anrufen).

 

Lieber Herr Stadtrat, ich rufe Sie in Zukunft gerne jedes Mal persönlich an, wenn ich ein Problem habe. Wir haben das bisher der Fairness halber immer so gemacht - ich glaube, das gilt für alle Fraktionen -, dass wir die Zeit eines amtsführenden Stadtrats geschont haben, so weit das möglich war. Wenn es nicht um eine hochpolitische Auskunft gegangen ist, haben wir nicht den Stadtrat persönlich angerufen, sondern seine Beamten, die auch immer bereit waren, uns Auskunft zu geben. Wenn Sie in Zukunft offensichtlich gerne mit uns telefonieren, ist das kein Problem. Wir können noch einen viel intensiveren Kontakt haben.

 

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