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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 12.12.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 92 von 93

 

Streetwork findet irgendwie auf der Straße statt, und von der Straße haben die Obdachlosen ziemlich genug. Die hätten ganz gerne Räume, wo sie sich aufhalten können, Wäsche waschen können, Dokumente hinterlegen können, miteinander reden können und so weiter. (Zwischenruf der VBgmin Grete Laska.) Frau Stadträtin, Sie haben in dieser Sache ziemlich alle gegen sich, die auf dem Gebiet arbeiten und von dieser Sache etwas verstehen. Ich glaube nicht, dass es für Sie sehr günstig ausginge, wenn Sie jetzt die Schließung der Pazmanitengasse mit dem Vorhandensein von Streetwork rechtfertigen. Das ist einfach die vollkommen falsche Auskunft, die man in diesem Augenblick geben kann. Glauben Sie mir, die Obdachlosen wollen gerne ein weiteres Tageszentrum haben, der 2. Bezirk braucht eines, und ich hoffe, es wird irgendwann einmal auch wieder eines geben.

 

Ich habe mich auch zu Wort gemeldet, weil ich heute eine Anfrage an den Herrn Bürgermeister gestellt habe, einfach deswegen, weil obdachlose Menschen derzeit, wenn sie sich für eine Gemeindewohnung vormerken lassen wollen, folgende Auskunft erhalten: "Wir haben Ihr Ansuchen um Vergabe einer Wohnung überprüft, bedauern jedoch, dieses mangels Vorliegens eines anrechenbaren Umstands nicht in Vormerkung nehmen zu können."

 

Wenn Obdachlosigkeit kein Grund für eine Vormerkung für eine Sozialwohnung dieser Stadt ist, dann weiß ich wirklich nicht, was sehr wohl ein Grund dafür sein soll! Da haben Sie einen dringenden Erklärungsbedarf. Denn selbst, wenn dieser Satz möglicherweise ganz anders gemeint ist - ich weiß nicht, wer ihn dann verstehen soll, aber bitte -, selbst wenn also der Satz ganz anders gemeint ist, kommt er als blanker Zynismus hinüber und an, und zwar nicht nur bei den Obdachlosen, sondern bei allen Menschen, die sich in sozialen Angelegenheiten engagieren und die wollen, dass es auch den Ärmsten der Armen in dieser Stadt gut geht.

 

Diese Ablehnung, dieser ablehnende Bescheid, weil angeblich Obdachlosigkeit kein Grund dafür ist, eine Wohnung zu wollen, führt im Übrigen nicht, wie behauptet wird, direkt und automatisch zur sozialen Schiene, sodass man sagen könnte: Gut, diese Menschen werden zwar im ersten Anlauf einmal abgelehnt, aber sie stehen dann mit beiden Beinen auf der sozialen Schiene und erhalten - so wie der Herr Bürgermeister das heute behauptet hat und möglicherweise auch will, ich unterstelle ihm da gar nichts - innerhalb von drei Wochen eine Auskunft darüber: entweder bekommt man eine Gemeindewohnung, oder man kommt ins betreute Wohnen, oder es passiert gar nichts. Dann müsste aber ein obdachloser Mensch für den Fall, dass die Stadt wirklich meint, er soll ruhig obdachlos bleiben, zumindest einmal den Grund dafür erfahren, warum diese Stadt der Meinung ist, dass er obdachlos bleiben soll. Es müsste jeder Mensch mit Sicherheit einen Anspruch haben, diesen Grund zu erfahren.

 

Ich habe mir die Antwort des Herrn Bürgermeisters auf meine Anfrage ausgehoben, diese gibt es ja im Stenografischen Protokoll. Ich werde die Antwort auch öffentlich machen, und zwar dort, wo obdachlose Menschen dazu kommen, die Antwort des Herrn Bürgermeisters zu lesen. Die GRÜNEN werden es sich zur Aufgabe machen, dafür zu sorgen, dass auch alles so geschieht, wie der Herr Bürgermeister gesagt hat.

 

Einige Fragen hätte ich noch. Ich werde sie ganz kurz ansprechen und bitte darum, mir diese Fragen zu beantworten.

 

Was, bitte, geschieht in Zukunft mit jenen Obdachlosen, die psychisch krank sind, die derzeit auf der Straße stehen und nirgendwo unterkommen? Was geschieht mit ihnen? - Wenn Sie ein bisschen bei den Sozialarbeitern und bei den Einrichtungen herumfragen, so wird Ihnen bestätigt werden, dass ein gutes Drittel der Obdachlosen, die auf den Straßen Wiens herumirren, psychisch krank sind. So kann die Psychiatriereform nicht gemeint gewesen sein. Das war nicht so gemeint: wir öffnen die Tore der psychiatrischen Einrichtungen, hinaus mit euch, und schaut, wo ihr bleibt!, sondern diese Leute muss man ansprechen, man muss ihnen etwas anbieten, man muss mit ihnen in geeigneter Form umgehen.

 

Das ist die eine Frage, die ich stelle: Was wird es diesbezüglich in Zukunft geben? - Ihre Antwort hat schon eine gewisse Dringlichkeit. Denn ich frage jetzt schon längere Zeit, und es kommt wirklich absolut nichts, es geschieht derzeit nichts! Ich weiß, es gibt diesen neuen Vertrag. Aber das existiert auf dem Papier, die Leute sind noch immer auf der Straße.

 

Meine zweite Frage lautet: Was geschieht mit jenen Obdachlosen, die aidskrank sind und aus diesem Grund weder von der Gemeinde noch von irgendeiner anderen Einrichtung aufgenommen werden? Was haben Sie mit den aidskranken Obdachlosen vor? Wie geschwind haben Sie vor, etwas zu antworten? - Das steht an und Sie wissen es. Betreten zu schauen oder darüber zu lachen, wird in dem Fall nichts nutzen. Es muss es eine Antwort geben und es muss eine rasche Antwort geben.

 

Meine dritte Frage an Sie: Ist es Ihr Ernst, dass Familien mit Kindern, kleinen Kindern und älteren Kindern, von der Gemeinde Wien ebenfalls auf die Straße gesetzt werden? Was können diese Kinder und Jugendlichen dafür, dass vielleicht Mieten offen sind? Warum wird da delogiert? Schaut so das soziale Gewissen der Stadt aus? Ist das wirklich die Antwort der Sozialdemokratie?

 

Das sind Fragen, die noch offen sind und auf die wir eine Antwort erwarten.

 

Im Übrigen möchte ich meine Hoffnung ausdrücken, dass die Frau Berichterstatterin, Frau GRin Stubenvoll, die sicher auch noch einiges sagen wird, sich auch in Hinkunft in Einzelfällen engagieren und um den ganzen Bereich überhaupt kümmern wird, wie sie das auch bisher schon getan hat. Denn es gibt einzelne Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, die sich engagiert kümmern.

 

Aber dabei kann es nicht bleiben. Denn es geht nicht darum, dass einzelne Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sich kümmern, sondern es geht darum, dass eine Stadt Politik macht: Politik macht zugunsten der Ärmsten der Armen, Politik macht für die

 

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