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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 28.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 67

 

auch in Zukunft gewährleistet sein. Sie selbst, Frau Pilz, haben gesagt, dass die Qualität gesichert werden muss und dass Sie keine Billigstbieter in diesem Bereich wollen. Das wollen wir auch nicht. Wir wollen Trägerorganisationen, die eine gute Infrastruktur haben, die alle arbeitsrechtlichen Bestimmungen einhalten und ihre Arbeitnehmer absichern. Ich denke, auch die Verhandlungen der PAKs zur Erstellung eines Kollektivvertrages sind gute Voraussetzungen für die ArbeitnehmerInnen in diesem Bereich, damit die Konkurrenz aus dem Ausland dann auch nicht so stark ist für unsere inländische Arbeitnehmer.

 

Wir wollen Qualität der Leistung, und ich denke, um diese Sicherung der Qualität vornehmen zu können, muss auch der Konsumentenschutz im Vordergrund stehen. Der Klient oder der Betreute ist Konsument, deshalb wird es auch wichtig sein, eine genaue Produktbeschreibung der sozialen Dienstleistung durchzuführen. Es gibt einen enormen Bedarfsdruck, die Dienste werden wachsen, was in Bezug auf Arbeitskräfte ja auch ein Vorteil ist. Wir werden damit die Möglichkeit schaffen können, mehr Beschäftigte zu haben, allerdings eben immer auch unter dem Aspekt der Weiterentwicklung der Qualität.

 

Der dritte Punkt zur Sicherung der Qualität ist natürlich auch die Notwendigkeit der Rechenschaft, denn es werden enorme Budgetmittel aufgewendet, und die Gesellschaft hat selbstverständlich ein Recht darauf, auch eine inhaltliche Rechenschaft zu bekommen. Sie soll auch die Sicherheit haben, dass die Menschen, die bedürftig sind, ihren Bedürfnissen gerecht werdende Leistungen bekommen.

 

Als Beispiel möchte ich da nur anführen, was wir in der Behindertenpolitik jetzt gerade entwickeln, nämlich die Möglichkeit einer gesetzlichen Verankerung von Grundwerten – Recht und Würde – und damit auch eine Sicherung der Gleichstellung. Dies ist natürlich die hoheitliche Aufgabe, die wir hier im Wiener Gemeinderat zu erfüllen haben, und ich denke, wir haben oft genug ein Bekenntnis zur Verantwortung eben für diese hoheitlichen Aufgaben hier abgelegt. Die gesetzliche Verankerung des Rechtes von behinderten Menschen zum Beispiel auf bedürfnisorientierte Entwicklungsziele und Zukunftsperspektiven, also sozusagen das Recht, das das Individuum hat, müsste natürlich auch zur Sicherung der Qualität gehören.

 

Wenn wir bei dieser Reform diese Ziele vor Augen haben – und sie werden ja auch in die Diskussion eingebracht –, dann können wir hier nur einen guten und erfolgreichen Weg beschreiten. Ich sehe nicht so schwarz, wie das die Opposition tut – Schwarz, Blau oder Grün jetzt in diesem Fall –, sondern ich bin sehr optimistisch, dass diese Reform vor allem den Bürgerinnen und Bürgern von Wien zugute kommen wird. Sie werden eine höhere Leistung bekommen, eine höhere Qualität, und die Steuermittel, die wir alle aufbringen, werden effizient und wirkungsvoll eingesetzt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr Dipl Ing Margulies gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Gemeinderat! Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Sie dürfen übrigens gerne gehen, wenn Sie wollen, zumindest während meiner Wortmeldung. Ich würde mich freuen, wenn Sie zuhören, aber Sie können es auch nachlesen, und ich weiß, Sie können lesen. (GRin Ursula Lettner: Da können wir alle gehen! – GR Franz Ekkamp: Schmeißt du uns hinaus?) Das heißt, wenn Sie der Redebeitrag interessiert, können Sie es gerne nachlesen. Ansonsten würde ich mich allerdings – so wie meine Vorredner und Vorrednerinnen freuen –, wenn Sie mir vis-à-vis sitzen würden.

 

Aber ich komme ganz zurück zum Beginn und stelle zunächst einmal fest, dass ich mich gefreut habe, als ich das Thema der Mitteilung gehört habe. Ich habe mir gedacht, ein neuer Wind weht durch die Sozialdemokratie, ein Wind der Öffnung, ein Wind der Transparenz. Wir werden heute darüber informiert werden, was tatsächlich geplant ist, und es wird ein Einstieg werden in den Versuch, gemeinsam darüber nachzudenken, welche Reformen im Bereich der Sozialpolitik notwendig und sinnvoll wären.

 

Während der Rede selbst, während der Mitteilung selbst bin ich dann immer mehr enttäuscht worden und habe mir gedacht, das, was ich jetzt hier höre, das kenne ich alles, mit einer Ausnahme – diese Offenheit hat mich natürlich schon überrascht –, als die Frau Stadträtin davon gesprochen hat, dass wir uns auf die Wettbewerbsfähigkeit vorbereiten müssen, dass wir Doppelgleisigkeiten endlich einmal beseitigen müssen. Da habe ich mir gedacht: Was für eine Einsicht! Jahrelange Kritik der Grünen, was alles im Bereich der Sozialpolitik verbesserungswürdig ist, findet endlich Gehör. Denn wir haben immer gesagt, es gibt Doppelgleisigkeiten, es gibt Intransparenzen, die Mittel werden nicht dort verwendet, wo sie wirklich am nötigsten sind. Diese Einsicht freut uns, dieses Eingeständnis, dass man das Wiener Sozialwesen verbessern kann, das freut uns und daran werden wir, wie schon in der Vergangenheit, auch weiterhin mitwirken, weil uns die Sozialpolitik in Wien immer ein wesentliches Anliegen war und auch in Zukunft ein wesentliches Anliegen sein wird.

 

Doch jetzt ist die Frage: Was passiert? Wir sehen die Rahmenbedingungen, die sich gegenwärtig im Bereich der Liberalisierung auf EU-Ebene herausbilden, denn es ist nicht nur das Allgemeine Dienstleistungs- und Handelsabkommen GATS, sondern es tut sich auch etwas auf der EU-Ebene. Wir sehen, was sich im Bereich der österreichischen Bundesregierung tut, wir sehen, welche Budgetrestriktionen nach und nach auch auf die Gemeinde Wien zukommen, und wir sehen, wie unseres Erachtens nach die Gemeinde Wien in vollkommen falscher Weise darauf reagiert, nämlich mit dem Versuch, weiter auszugliedern, den politischen Handlungsspielraum des Gemeinderates weiter einzuengen und nicht gemeinsam mit den Betroffenen und den Beschäftigten

 

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