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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 28.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 67

 

Wir stehen - und „wir“ bedeutet die Menschen dieser Stadt, unabhängig von der parteipolitischen Zugehörigkeit und von einer weltanschaulichen, religiösen oder ethnischen Herkunft - hinter der Politik, die Österreich in dieser Situation verfolgt. Österreich wird sich an keiner wie immer gearteten militärischen Aktion beteiligen. Es werden keine militärischen Überflüge zugelassen. Der Luftraum wird überwacht und geschützt. Ich sage das ganz bewusst auch an die Adresse jener, die die Notwendigkeit einer Luftraumüberwachung in Zweifel ziehen.

 

Österreich wird sich aktiv, das hat Bundeskanzler Schüssel klar und deutlich gesagt, für die Wiederherstellung der Autorität der Vereinten Nationen einsetzen. Nur die Vereinten Nationen können über ein militärisches Eingreifen verfügen. Unser Bestreben muss auch eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU sein. Das wird das vorrangigste Ziel der österreichischen Außenpolitik in den nächsten Jahren sein. Und humanitäre Hilfe ist unser Gebot. Es geht darum, die irakischen Kriegsflüchtlinge in Akkordierung mit der EU von Österreich aus entsprechend aufzunehmen. Das ist auch für uns in Wien eine Aufgabe.

 

Wir können froh sein, dass in dieser Frage hier in diesem Land eine übereinstimmende Position zwischen den Parteien besteht. Österreich spricht mit einer Stimme. Ich darf in diesem Zusammenhang an den einstimmigen Beschluss des Nationalen Sicherheitsrats verweisen.

 

Ich möchte auch auf unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten eingehen. Für Europa und für die Zukunft unserer Europäischen Union sind korrekte und freundschaftliche Beziehungen zu den Vereinigten Staaten notwendig. Das ist gerade zu einem Zeitpunkt gesagt, wo Kritik an der Vorgehensweise der derzeitigen Regierung der Vereinigten Staaten besteht und ausgesprochen wird. Es gilt aber auch festzuhalten, dass wir als Österreicher diesen Vereinigten Staaten in der Vergangenheit viel für unsere Freiheit und für unseren Wohlstand verdanken. Wir verdanken ihnen die Befreiung nach dem Zweiten Weltkrieg von Diktatur und Terrorherrschaft. Ebenso sind wir dankbar dafür, dass die Vereinigten Staaten dem Morden am Balkan ein Ende gesetzt haben.

 

Unsere Aufgabe wird es nun sein, in Österreich und in Wien humanitäre Hilfe zu leisten, Brücken zu bauen und die bestehenden Einrichtungen des Dialogs insbesondere der im Nahen Osten beheimateten Religionen und Völker zu stärken. Wien soll seiner Rolle als Drehscheibe des Friedens gerecht werden.

 

Als Christdemokraten haben wir in den letzten Wochen besonders auch die mutige Haltung des Papstes Johannes Paul II als Kompass für unser Verhalten verstanden, seine unmissverständlichen Worte, seine Appelle, seine Aktionen, seine Handlungen. Er hat klar und deutlich gegen die kriegerischen Lösungen gesprochen. Er hat sich auf die schrecklichen Konsequenzen von Militärschlägen bezogen und er hat davon gesprochen, dass Gewalt und Waffen nie das Problem der Menschen lösen können. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Mag Kabas.

 

GR Mag Hilmar Kabas (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich glaube, dass es sehr richtig ist, dass wir heute auch hier im Wiener Gemeinderat eine einstimmige Resolution zu diesen fürchterlichen Vorgängen im Nahen Osten beschließen werden.

 

Wenn der Klubobmann Chorherr gemeint hat, dieser Krieg ist so falsch wie nur etwas falsch sein kann, dann stimme ich dem zu. Man muss aber auch hinzufügen: Er ist leider auch so wahr, Realität, fürchterliche Realität. Man kann das sicher jetzt nicht so sagen, dass man meint, es haben hier einzelne Organe der UNO oder die UNO als solche, wie der Klubobmann der ÖVP das gemeint hat, versagt, weil letztlich die UNO so stark ist wie die einzelnen Mitglieder miteinander vorgehen und wirken, sondern es hat hier eine oder wahrscheinlich die einzige Supermacht, kann man sagen, Spielregeln verletzt, die eigentlich schon eingeführt gewesen sind und in den letzten Jahrzehnten sehr an Boden gewonnen haben. Ich glaube, das ist das Entscheidende, was wir uns vor Augen halten sollen.

 

Auf der anderen Seite haben diese Ereignisse in den letzten Monaten schon auch eines gezeigt: Dass eigentlich sehr, sehr viele Menschen weltweit meinen, dass Krieg heutzutage niemals mehr eine Lösung sein kann. Das, glaube ich, ist auch ein positiver Aspekt für die Zukunft, so fürchterlich jetzt die Gegenwart und die Verhältnisse sind, die durch einen willkürlichen Akt mutwillig vom Zaun gebrochen wurden, weil eben noch nicht alle Mitteln ausgeschöpft gewesen sind. Und das, glaube ich, ist auch etwas sehr, sehr Entscheidendes, vor allem dann, wenn man sieht, dass hier Tausende und Abertausende unschuldige Menschen getötet werden und eben auch der Einsatz von Waffengewalt im bewohnten Gebiet vor sich geht. Es trifft viele Unschuldige - Zivilisten, Frauen, Kinder, alte Menschen -, aber Menschenleben ist unteilbar. Ich sage selbstverständlich auch, dass die Soldaten auch sehr darunter zu leiden haben was ein paar, die an den Schalthebeln sitzen, hier befehlen.

 

Die Bilder in den Zeitungen, in den Magazinen und im Fernsehen erschüttern immer wieder von Tag zu Tag neu, auch dann, wenn man sagt, es ist alles gefiltert. Aber selbst diese gefilterten Bilder sind eben erschütternd und zeigen, dass wir in der Weiterentwicklung des Völkerrechts jetzt eigentlich wieder sehr stark zurückgeworfen wurden.

 

Es ist keine Rede mehr von einem sauberen, kurzen Krieg, wobei ich sage, das besonders Absurde war ja, dass sogar noch bevor der Krieg begonnen hatte von USA-Seite mit dem Einsatz atomarer Waffen gedroht wurde. Das ist etwas, was eigentlich besonders schockierend ist.

 

Es ist eigentlich auch nicht mehr die Rede von einem raschen Machtwechsel - und gerade heute in der Früh haben wir es wieder gehört -, sondern ganz im

 

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