Gemeinderat,
28. Sitzung vom 23.05.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 80
dieser Aussage bezweckt. Ich freue mich sehr, dass es
wenigstens einen unter Ihnen gibt, nämlich Herrn StR Marboe, der sich halbwegs
von diesen Vorgängen distanziert hat. Ich kann mir vorstellen, dass er es damit
nicht ganz leicht hat. Wahrscheinlich muss er sich das auch mit seinem
Landesparteiobmann ausmachen, der offensichtlich sehr froh darüber ist, dass
Gelder aus Wien abgezogen werden und dass er als Staatssekretär auch
unterschrieben hat.
Aber irgendwann muss man sich schon fragen, was
bedeutet das für die Großstadt Wien, für das Kulturzentrum Wien, wenn sich da
offensichtlich auch eine ganze - wie Sie sich, glaube ich, selbst nennen -
Stadtpartei davon distanziert; mit einer Ausnahme, wofür ich mich im Übrigen
sehr herzlichen bedanke. Man soll ja von dieser Stelle aus offen dazu stehen:
Ich fand die Äußerung meines Amtsvorgängers besonders zurückhaltend und fair
gegenüber Wien, gegenüber den Wiener Festwochen, und er hat sich damit
natürlich auch sehr in Gegensatz zu seiner eigenen Partei gestellt.
Meine Damen und Herren! Ich meine, dass wir dieses
Modell in Wien selbstverständlich fortsetzen werden. Es wird selbstverständlich
auch weiterhin keinen politischen Einfluss geben. Wir werden selbstverständlich
weiterhin danach trachten, auch kritische Initiativen und kritische
Kultureinrichtungen ausreichend zu fördern. Wir werden weiterhin danach
trachten, dass in Wien die Kultureinrichtungen ausreichend unterstützt werden.
Wir werden weiterhin danach trachten, dass die Kultur in Wien jedenfalls dieses
Ausmaß an Förderung erfährt, dass man sagen kann: In Wien wird weiterhin in
Kultur als eine Zukunftsinvestition investiert, und nicht
kleinlich-buchhalterisch versucht, damit politisches Kleingeld zu machen und
kritische Initiativen zu verfolgen.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke. - Die erste Zusatzfrage: Frau
Mag Ringler.
GRin
Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Ich glaube, wir sind uns einig in unserer
Einschätzung, dass die Vorgangsweise von Staatssekretär Morak eine
bodenlose Sauerei ist. Dass die Vorgangsweise auch den sehr grundsätzlichen
Prinzipien der Höflichkeit und des Anstands wohl nicht mehr entspricht, und das
von einem bürgerlichen Staatssekretär, ist umso erstaunlicher.
Nichtsdestoweniger
ist eines klar: In den letzten drei, vier Jahren dieser Regierungskonstellation
hat es zuerst die kleinen Initiativen getroffen, jetzt trifft es auch die
großen, und zwar auch die internationalen Festivals. Ich erinnere nur an die
äußerst umstrittene Bestellung einer neuen Direktion der "Diagonale".
Eindeutig steht fest, dass Herr Staatssekretär Morak wohl kein gutes Händchen
hat in dem, was er da tut. Es ist wohl auch klar, dass seine Vorgehensweise in
vielerlei Hinsicht eindeutig parteipolitisch motiviert ist.
Nichtsdestoweniger
kann ich jetzt Sie, lieber Herr Stadtrat, nicht ganz aus der Verantwortung
entlassen. Sie haben etwas sehr Wichtiges gesagt, nämlich dass die Stadt Wien
dafür sorgen wird, dass gerade auch die kritischen Institutionen, die unter den
Kürzungen des Bundes besonders zu leiden haben, von der Stadt Wien ausreichend
gefördert werden. Ich habe mir eine kleine Liste von Institutionen gemacht, die
in genau diesem Potenzial aufzufinden sind: die kritisch sind, die innovativ
sind, die "Cutting Edge" und "State of the Art" sind, die
innovative Kulturarbeit in Wien machen, durchaus nicht nur für Wien, und die
große Probleme haben, ausreichende Förderungen auch von der Stadt zu bekommen.
Ich nenne hier nur das "Depot", "Unit F", das "City
Art"-Projekt von Karin Schorm und jetzt Hawelka, alles innovative
künstlerische Ansätze, die genau in diese Richtung gehen.
Jetzt
verstehe ich zwar das Problem, dass wir vor der Situation stehen, dass der Bund
immer mehr kürzt, was auch in Wien Löcher reißt. Aber trotzdem scheint es mir
angebracht, jetzt endlich das zu tun, was in dieser Stadt notwendig wäre,
nämlich Schwerpunkte zu setzen, Schwerpunkte auch einer sozialdemokratischen
Kulturpolitik in der Stadt, die genau diese innovativen künstlerischen Ansätze
ermöglicht.
Insofern
lautet meine Frage, Herr Stadtrat: Wie haben Sie vor, das von Ihnen vor
mittlerweile drei Jahren angekündigte Gegenmodell zu Blau-schwarz endlich
umzusetzen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Bitte.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!
Vor drei Jahren war ich noch nicht Stadtrat, vor zwei
Jahren bin ich Stadtrat geworden. Aber es stimmt: vor zwei Jahren habe ich es
gesagt. Wir sind auch schon längstens dabei, das zu tun. Genau die Initiativen,
die hier genannt wurden, haben im letzten Jahr und in diesem Jahr eine massive
Erhöhung bekommen, und zwar indem wir versucht haben, zusätzliche Mittel zu
bekommen.
Beispielsweise das "Depot", das
ursprünglich eine Initiative des Bundes war, ist von der Stadt Wien mehr oder
minder völlig übernommen worden. Es gibt mittlerweile keine Unterstützung des
Bundes mehr. Die Stadt Wien ist letztes Jahr eingesprungen, die Stadt Wien ist
heuer eingesprungen, die Stadt Wien hat das "Depot" jeweils mit einem
hohen Betrag unterstützt. Wir haben das auch mit der dortigen Leitung
abgesprochen, aus genau diesem Grund. Es ist nur eines passiert: In dem Moment,
in dem der Bund gemerkt hat, dass die Stadt Wien eine Förderung gibt, kommt
sofort die Begründung "Aha, wunderbar, die Stadt Wien zahlt" - und es
wird daher um diesen Betrag, den die Stadt Wien zahlt, die bisherige Förderung
des Bundes gekürzt!
Das ist ebenfalls eine der vielen Maßnahmen, die
stattfinden. Wenn ich zum Beispiel höre - ich weiß nicht, ob das auch
tatsächlich stattfindet -, dass mit der Begründung, dass die Stadt Wien dem
Österreichischen Filmarchiv in der Stadtmitte ein Kino zur Verfügung stellt,
nämlich das Metro-Kino, daraufhin auch dort über die Bundesförderung
nachgedacht wird, mit der Begründung: na ja, dann geht doch zu euren Wiener
Freunden, die machen euch das schon!, dasselbe im Filmmuseum
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