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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 15 von 122

 

allem aber die Opposition, verlieren wichtige Kontroll- und Informationsrechte.

 

Mein Kollege StR Dr Schock wird dahin gehend noch Vorschläge machen, wie wir uns gerade auch die Rechnungsabschlussdebatte vorstellen könnten, wie man sie sozusagen modernisieren und diese Bereiche zur intensiveren Diskussion hier mit hereinnehmen könnte. Aussagekräftige Quartalsberichte als begleitende Kontrolle und mehrjährige Finanzpläne sollten verstärkt dazu beitragen, die Budgethoheit des Gemeinderates sicherzustellen.

 

Es ist ja auch wirklich ein Anachronismus, dass es seit 1997 keinen Finanzplan mehr gibt. Als man bemerkt hat, dass diese fünfjährigen Finanzpläne anfangen, immer problematischer zu werden, hat man nicht versucht, die Gründe zu eliminieren, sondern man hat einfach den Finanzplan gestrichen. Wir bekommen keinen mehr, wir wissen nicht genau, welche Planungen es gibt. Ich glaube, dass es gerade auch hinsichtlich dieser Ausgliederungsvorgänge wichtig wäre, dass wir uns darauf einigen könnten, dass wir hier im Gemeinderat wieder derartige Informationen bekommen und darüber Diskussionen und Gedankenaustausch haben. Es wäre wichtig, dass für den gesamten Konzern Stadt ein umfassender Finanzplan mit politischen Schwerpunktsetzungen vorgelegt wird, der dann jeweils vom Gemeinderat genehmigt werden soll.

 

Ich habe schon gesagt, ich will an sieben Punkten die falsche Budgetpolitik festmachen, die auch im Jahre 2002 zu verzeichnen gewesen ist.

 

Der 1. Punkt betrifft – im Gegensatz zu dem, wie es der Finanzstadtrat festgestellt hat – das Scheitern des Wiener Konjunkturpakets 2002, das aus dem vorliegenden Bericht abzuleiten ist.

 

Der Gemeinderat hat im Vorjahr ein Konjunkturpaket gegen die Rezession beschlossen. Damit hätten die Investitionen der Stadt angekurbelt und auch vorgezogen werden sollen. Jetzt muss man bedauerlicherweise feststellen – das ist eben aus dem Rechnungsabschluss ersichtlich –, dass dieses Paket nicht wirksam geworden ist, dass die Investitionen weiter gesunken sind und damit dieses Paket eben kein Konjunkturpaket war, sondern nur ein Ankündigungspaket.

 

2. Punkt: Es wurde eine falsche prozyklische Budgetpolitik betrieben. Die prozyklische Ausrichtung führte auch 2002, mitten in der Rezession, zu einer drastischen Reduktion der kommunalen Investitionen. Obwohl wir das immer wieder und immer wieder angemerkt haben, ist gerade auch im Jahre 2002 weiterhin diese Linie verfolgt worden. Bei einer richtigen antizyklischen Budgetpolitik (GR Dipl Ing Martin Margulies: Hätten wir eine andere Regierung!) hätten in dieser Konjunkturflaute die öffentlichen Investitionen angekurbelt werden müssen und nicht das Gegenteil gemacht werden.

 

Ich verweise etwa nur darauf: Die Leistung im Wiener Wohnbau ist halbiert worden in den letzten drei Jahren, die Ausgaben für die Wiener U-Bahn stagnieren auf niedrigem Niveau, der Voranschlag wurde gerade beim Bau der U-Bahn um ein Drittel unterschritten. (GR Friedrich Strobl: Sie verwechseln da etwas!) Da verwechsle ich nichts. Wenn Sie schon glauben, Sie müssen Zwischenrufe machen, die so unglaublich fehl am Platz sind, wie sie nur sein können, wenn Sie von Ihnen kommen, schauen Sie vielleicht in den Rechnungsabschluss hinein, dann werden Sie das an Hand der Zahlen sehen.

 

3. Punkt: die Kürzung der Wiener Wirtschaftsförderung. Die sollte tatsächlich den Wiener Klein- und Mittelbetrieben zugute kommen (GR Christian Oxonitsch: Die Kürzung? Die Kürzung soll den Klein- und Mittelbetrieben zugute kommen?), doch seit dem Jahre 2000 wird hier laufend gekürzt.

 

4. Punkt: Fehlstart der Wiener Fachhochschuloffensive. Wir haben uns einige Male schon sehr intensiv mit dieser Problematik auseinander gesetzt und festgestellt, wie wichtig die Fachhochschulen für die Jugend und für die Entwicklung dieser Stadt sind. Sie haben versprochen, Sie werden eine Offensive machen. Sie haben Sie mit 14 Millionen EUR veranschlagt. Diese 14 Millionen EUR wurden nicht budgetwirksam, dass heißt, diese Offensive ist in Wirklichkeit zusammengebrochen.

 

5. Punkt: Besonders dramatisch – leider Gottes begleitet uns das schon Jahre, und es hat sich 2002 weiter verfestigt – ist das Sparen in Wien auf Kosten der Arbeitsmarktpolitik.

 

Herr Finanzstadtrat! Sie haben den WAFF besonders hervorgestrichen und gelobt. Im Vorschlag waren noch 14 Millionen EUR für wirtschaftliche Notstandsmaßnahmen und für das Lehrlingspaket vorgesehen. Im Budgetvollzug waren es dann nur mehr 3 Millionen EUR, alles andere ist dem Rotstift zum Opfer gefallen.

 

Beim Arbeitsmarkt muss man einfach verweilen, denn nach wie vor hat Wien seine Stellung als Schlusslicht am österreichischen Arbeitsmarkt weiter verfestigt, und eine Trendwende ist weit und breit nicht in Aussicht. Ich habe vorhin schon erwähnt, als Sie Anfang des Jahres gemeint haben, dass es vielleicht doch dazu käme, hat sich dann letztlich herausgestellt, dass es sich um vermehrte Schulungsmaßnahmen gehandelt hat, die gut sind – da ist gar nichts dagegen zu sagen –, nur leider keine Trendumkehr bewirkt haben. Wenn man die Zahlen bereinigt, so beträgt laut Wifo das tatsächliche Beschäftigungsminus in Wien im Jahre 2002 netto 12 043 Arbeitsplätze.

 

Als Beispiel: Besonders schlimm sind die Beschäftigungsverluste in der Sachgüterindustrie, wo 7 505 Arbeitsplätze verloren gingen. Das ist fast das Dreifache des Österreichdurchschnittes. Aber auch – und das ist besonders bedauerlich – im Wiener Technologiesektor war ein 10-prozentiger Beschäftigungseinbruch zu verzeichnen. Und damit Sie nicht wieder mit der Ausrede kommen, dass der Bund auch an der Arbeitsmarktsituation in Wien schuld ist, möchte ich festhalten: Zirka drei Viertel der verlorenen Wiener Arbeitsplätze entfallen auf den privaten Sektor.

 

Ein Zitat noch zu diesem so problematischen Negativkapitel. Was sagt das Wirtschaftsforschungsinstitut zur aktuellen Arbeitsmarktkrise in Wien? "Ungünstiger" – ich

 

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