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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 16.01.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 35

 

von Jugendlichen. Und da kann man zweifelsohne sagen: Das Angebot in Wien im Kindergartenbereich ist in Ordnung. Es ist aber sicher nicht in Ordnung, wenn man die Kostenrelation dazunimmt: Wien hat die teuersten Kindergärten! (Beifall bei der ÖVP. – GRin Mag Sonja Wehsely: Sie sprechen wider besseres Wissen!)

 

Dies ist auch dann der Fall, liebe Kollegin Wehsely, wenn - wie Sie in Presseaussendungen mitteilen - ein Drittel gratis in den Kindergarten gehen darf, weil sie es sich offenbar - und damit sind wir wieder beim Thema Kinderarmut - gar nicht leisten können (weiterer Zwischenruf der GRin Mag Sonja Wehsely), den Kindergarten zu bezahlen. (GRin Mag Sonja Wehsely: Aber warum? – Weitere Rufe bei der SPÖ: Warum?) Und die anderen zwei Drittel - davon ist noch ein Großteil der Mittelschicht betroffen - sind alles Wiener Kinder. Die sind durch solche Zahlungen nicht bevorteilt, sondern massiv benachteiligt. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Dass das anders geht, meine Damen und Herren, zeigen uns viele Bundesländer vor. Man muss es ... (GRin Martina LUDWIG: Dort gibt's nämlich keine!) Na sicher! Na sicher! Da gibt es keine?! – Sie bezeichnen sie als "keine", nur weil sie gratis sind, weil die Betreuung zum Beispiel in Niederösterreich gratis ist! (GRin Martina LUDWIG: Wo sind die Krippenplätze? - GRin Josefa Tomsik: Mit Mittagspause! – GRin Martina LUDWIG: Die sperren mittags zu!)

 

Noch einmal, meine Damen und Herren: Ich habe dieser Stadt attestiert, dass es ausreichend Angebote gibt. Nur: Sie werden sich damit auseinander setzen müssen, dass diese Angebote die teuersten in Österreich sind. Und das ist nicht sozial, da können Sie machen, was Sie wollen! Das ist nicht sozial! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Kollegin Wehsely wird dann in Ihrer Presseaussendung noch weiter zitiert, und sie weist auch darauf hin, dass jedes Volksschulkind, das eine ganztägige Schulbetreuung möchte, diese haben kann.

 

Nun, wie Sie das machen, ist mir schleierhaft. Ich habe mir die genauen Zahlen herausgesucht, und das Ganze sieht so aus: Wir haben in Wien 273 Volksschulen, davon haben 36 eine ganztägige Betreuung. Das sind genau 13 Prozent. Ich habe mir die Hauptschulen angesehen: Es gibt in Wien 121 Hauptschulen, davon haben 33 ein ganztägiges Angebot. Das sind ganz genau 27,5 Prozent. Und es gibt 44 Sonderschulen, davon haben überhaupt nur 13 ein derartiges Angebot.

 

Ich sage Ihnen nur zum Vergleich Folgendes - weil Sie immer so gerne einen Bezug zum Bund herstellen -: Von den Schulen, wo der Bund Schulerhalter ist, also den Bundesschulen, den Gymnasien, gibt es in Wien rund 90 Standorte, und davon haben 85 Standorte ganztägige Betreuung!

 

Meine Damen und Herren! Das ist Bildungspolitik gepaart mit Sozialpolitik, wie sie diese Bundesregierung umsetzt. Damit zeigt diese Bundesregierung Wien, wie man es macht! (Beifall bei der ÖVP. – GRin Mag Sonja Wehsely – auf ihre Wangen weisend -: Wird schon rot! Wird schon rot!)

 

Aber bleiben wir bei den ganztägigen Schulbereichen. Das trifft ja auch die Lehrersituation. (GRin Josefa Tomsik: Ist in den Bundesschulen die ganztägige Schulbetreuung gratis?) Ja - bis auf das Mittagessen, das muss bezahlt werden. (GRin Josefa Tomsik: Das glauben Sie aber selbst nicht!) Das müssen Sie nicht glauben, es ist aber trotzdem so. (GRin Josefa Tomsik: Ich weiß es, dass es nicht so ist!) Wenn Sie es wissen, dann fragen Sie mich nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Lehrersituation an den ganztägigen Schulen ist so, dass der Bund in seiner ursprünglichen Berechnung, als es den Finanzausgleich 2000 noch nicht gab, für eine Gruppengröße von 15 Kindern fünf Stunden Betreuung zur Verfügung gestellt hat. Diese Zahl nimmt auch der Wiener Stadtschulrat heute noch aus dem Pauschaltopf der zugewiesenen Lehrer und berechnet daraus die Zuweisung für die ganztägigen Schulen. Sie können sich vorstellen, dass das natürlich in der Summe viel, viel zu wenig ist. Das deckt maximal ein Drittel des Bedarfs, der dort für die Betreuung, für die Freizeiteinrichtungen besteht. Die Aufforderung an die Kommune, diesen Betreuungsteil natürlich selbst zu übernehmen, funktioniert in ganz Österreich - in Wien mit genau 60 Lehrern. Gebraucht werden 200 Lehrer mehr, die dort den ganztägigen Betrieb durchführen sollen. Diese 200 Lehrer müssen aber von Wien zur Verfügung gestellt werden!

 

Die Folge wird sein - und ich höre das bereits in Wien -, dass man nun die Lehrer, die ja in den Wiener Schulen fehlen, aus dem Bereich der ganztägigen Betreuung herausnehmen wird, weil sie ja eigentlich vom Bund für den Unterricht zur Verfügung gestellt wurden, und dann einfach die ganztägigen Schulen - wahrscheinlich, sage ich jetzt einmal - um 16 Uhr zusperren wird müssen.

 

Also das ist jene Sozialpolitik, die Sie hier in Wien - wo Sie ständig stolz darauf sind, was alles so toll funktioniert - in Wahrheit nicht zuwege bringen. Sie bringen es nicht zusammen, und ich werde Ihnen auch noch dazusagen, warum: weil Sie sich nämlich mit den gesetzlichen Bedingungen offenbar nicht ganz auskennen.

 

Wir haben hier ein Rahmengesetz im 15. SchOG, wo Folgendes drinnen steht: "Die Festlegung der Standorte öffentlicher ganztägiger Schulformen erfolgt unter Bedachtnahme auf den Bedarf durch die Schulbehörde erster Instanz." Das ist das Kollegium des Landesschulrates, bei uns in Wien des Stadtschulrates.

 

"Vor dieser Festlegung ist das Schulforum, der Schulgemeinschaftsausschuss der betreffenden Schule“ - et cetera – „zu hören." Dann heißt es weiter: "Für die gegenstandsbezogene Lernzeit sind die erforderlichen Lehrer und für die individuelle Lernzeit und die Freizeit die erforderlichen Lehrer oder Erzieher zu bestellen.“

 

Wer hindert Sie daran, meine Damen und Herren von der SPÖ - das Gesetz gibt es seit 1993 -, das umzusetzen und bei den 13 Prozent Volksschulangebot in Wien wirklich ein Angebot zu machen, das zumindest 50, 60 Prozent dieser Schultypen auf freiwilliger Basis umfasst, weil wir eines wissen: Eltern aus unteren sozialen Schichten haben Probleme, wenn ihre Kinder in der

 

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