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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 78

 

Möglichkeiten in keiner Weise interessiert. Auch heute haben wir wieder einmal eine Ankündigung von Ersatzvornahmen mit Fristensetzungen, die in naher Zukunft erfolgen werden, vernommen, bei denen wir uns wieder einmal fragen müssen, ob sie auch durchgeführt werden. Denn es ist sicher eine Frage, was in einem Jahr passiert, wenn wir feststellen, dass sie leider wieder nicht nachdrücklich und nachhaltig verlangt worden sind.

 

Daher ist trotz aller Bekenntnisse festzustellen, dass die Sozialdemokraten ein äußerst zwiespältiges Verhältnis zu den Sofiensälen und zur Erhaltung von Altstadtwerten haben. Der ehemalige SPÖ-Bezirksvorsteher-Stellvertreter der Landstraße hat zum Beispiel gleich nach dem Brand festgestellt, insgesamt sei eine völlige Rekonstruktion einer weitgehend zerstörten mittelmäßigen Hülle ohne ausreichende ökonomische Basis abzulehnen. Das heißt also, die Begeisterung für eine Erhaltung der Sofiensäle war bei ihm nicht gegeben.

 

Auch Herr Oxonitsch hat festgestellt: Bislang ist die Brandursache nicht geklärt. Diesbezüglich würden noch Untersuchungen seitens der Sicherheitsorgane laufen, deshalb sei zuzuwarten. Das ist bis heute noch nicht abgeschlossen.

 

Und dann sagt er: Stelle das Denkmalamt fest, dass der denkmalgeschützte und durch den Brand schwer in Mitleidenschaft gezogene große Veranstaltungssaal unter vertretbaren Prämissen wieder hergestellt werden könne, so ergebe sich für den Besitzer eine richtungsweisende Grundlage für seine Entscheidung. Aber ohne Vorliegen der Erkenntnisse des Denkmalamtes sowie der genauen Schadenssumme und so weiter sei eine Festlegung durch die Stadt Wien und die SPÖ nicht möglich. Das sind diese Dinge, wo man sagt: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.

 

Andererseits hat StR Schicker schon von sich aus einen Plan, ein Projekt vorgestellt, das ja bis ins Detail hinein unseren Vorstellungen ähnelt, rund um den verbliebenen Ballsaal ein Hotel und ein Veranstaltungszentrum zu bauen – das ist ein Pressedienst von Ihnen vom 16. April 2002 –, und dass diese Sache etwas sehr Wertvolles wäre, davon sind wir immer schon überzeugt gewesen. StR Schicker hat das in einem Pressedienst vom 16. April des Jahres 2002 festgestellt. Da bin ich mit ihm einer Meinung, die Freiheitlichen sind mit ihm einer Meinung, und wir glauben, dass ein solcher Hotelbau von Interesse wäre – ich hoffe, nicht sagen zu müssen, "gewesen wäre" –, weil ein historischer Ballsaal, umgeben von einem Hotel mittlerer Größe mit 300, 400 Zimmern etwas wäre, was in Wien von großer Bedeutung und auch von großem Wert wäre und auch finanziell und geschäftlich etwas brächte.

 

Das heißt also, aus all dem kommt hervor, dass die regierenden Sozialdemokraten in Sachen Sofiensäle letzten Endes nur Distanz und Desinteresse haben. Die Feststellungen hinsichtlich des Strafprozesses wurden vom Kollegen Strache bereits getroffen. Ich meine, dass es auch interessant ist, dass die Frage unbeantwortet geblieben ist, ob es zwischen dem Herrn Bürgermeister und dem Eigentümer oder einem Beauftragten ein Gespräch gegeben hat. Er hat das nicht beantwortet. Man kann daher davon ausgehen, dass es feststeht, dass bis zum Herbst 2002 so etwas nicht geschehen ist und dass es wahrscheinlich auch jetzt wieder nicht stattgefunden hat.

 

Ich meine daher, wenn man sich schon überlegt, dass es ein wertvolles Kulturgut ist, das dort verkommt, dann könnte man auch Folgendes sagen: Hätten die Sozialdemokraten einen Teil des fehlgeleiteten Engagements für den Bahnhof Wien-Mitte mit den ganzen Troubles, den ganzen Problemen und Krämpfen rund um das Weltkulturerbe dazu benützt, auch den Sofiensälen eine Widmung zukommen zu lassen, dann wäre der Zustand wohl ein anderer. Dann wäre nämlich bereits ein Gespräch mit den Eigentümer geführt worden, dann hätte sich ein Investor gefunden, und die Sofiensäle hätten wieder einer Zukunft.

 

Herr Bürgermeister, so wie der Abriss der Rauchfangkehrerkirche etwas gewesen ist, dass im kollektiven Gedächtnis der Wiener verblieben ist, kann ich, glaube ich, feststellen, wird das Untergehen der Sofiensäle, wenn es wirklich stattfinden sollte, mit dem Namen des Bgm Häupl verbunden bleiben wird.

 

Daher sollten wir die wenige verbliebene Zeit nutzen, einen wiederhergestellten Ballsaal der Sofiensäle in ein neues Projekt zu integrieren, und Sie, Herr Bürgermeister, sollten die Idee aufgreifen, die schon öfter vorgeschlagen wurde, nämlich die Rettung der Sofiensäle zur Chefsache zu machen, damit es eines Tages nicht heißt: Die Sofiensäle, entstanden unter Kaiser Ferdinand, benützt von der Strauß-Dynastie, gestorben unter Bgm Michael Häupl. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Kenesei. – Bitte schön.

 

GR Günter Kenesei (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Herr Bürgermeister, ich habe auch gut aufgepasst bei Ihren Ausführungen, und irgendwie ist mir hängen geblieben, dass das mit der Zeitrechnung offensichtlich nicht ganz hinhaut. Jetzt weiß ich schon, in einem Rechtsstaat sind Fristen einzuhalten. Wenn etwas beeinsprucht wird, geht das in die nächste Instanz, dort gibt es wieder Fristen, und das dauert, alles braucht seine Zeit. (GR Heinz-Christian Strache: Es gibt einen Bescheid ohne aufschiebende Wirkung!) Ich weiß, acht Wochen, ohne aufschiebende Wirkung. So ist es.

 

Ich rufe nur noch einmal in Erinnerung, Herr Bürgermeister: Der Brand war nicht im August des Vorjahres, da ist noch ein bisschen was dazwischen gewesen, in Summe jetzt mittlerweile 30 Monate. Im August 2001 war der Brand. Da hat man dem ersten Winter lässig entgegengesehen und hat gesagt, es wird schon nichts sein, das ist jetzt ohnehin abgebrannt. Dann haben sich einige sozialdemokratische Funktionäre schon geäußert und haben gemeint: Reißen wir das Ganze weg, das brauchen wir nicht. Andere haben gemeint, das sollte man sich vielleicht doch anschauen. Und somit ist einmal der erste Winter ins Land gezogen, und es ist nichts

 

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