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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 78

 

Finanzierung keineswegs sichergestellt war, auch zusätzliche Mittel. Und beispielsweise das Kindertheaterhaus, das wir jetzt im Herbst dann eröffnen werden, auch zusätzliche Mittel, die in diesem Fall niemandem weggenommen werden.

 

Ich verstehe natürlich und habe das auch heute in der Früh schon gesagt, dass wir bei der Weichenstellung der Musiktheaterbühnen von sehr großen Investitionen reden, und es ist offensichtlich immer einfach, rasch vermeintlich passende Vergleiche anzustellen. Aber ich warne davor, dass Kulturinstitutionen, Kultureinrichtungen, Kulturschaffende gegeneinander ausgespielt werden oder sich Kulturschaffende auch instrumentalisieren lassen. Das hielte ich für eine sehr bedenkliche und bedauerliche Entwicklung. Zumal wir uns vor Augen halten müssen, dass wir, schauen wir doch nach Deutschland, schauen wir nach England, schauen wir in die USA, schauen wir aber auch auf die Bundessituation hier in Österreich, tatsächlich in Wien eine fast einzigartige Situation haben. Wien investiert in die Kultur. Überall sonst wird gekürzt. Wir schaffen zusätzliches hochqualitatives Angebot, ohne anderen Kulturbereichen etwas wegzunehmen.

 

Zu Ihren Fragen, Herr Gemeinderat, im Detail:

 

Zur Frage 1: Durch hohe Besucherzahlen und hohe künstlerische Qualität sowie durch die Tatsache, dass es sich ganz überwiegend um zusätzliche Mittel für die Kultur handelt.

 

Zur Frage 2: Zur Umwandlung und Weiterentwicklung der Wiener Musiktheater liegen zahlreiche Studien vor, insbesondere auch für die technische Nachrüstung des Ronacher, so zum Beispiel eine von Direktor Jörg Koßdorff, dem technischen Direktor der Vereinigten Bühnen Graz, der eine umfangreiche Projektstudie zur technischen Modernisierung der Bühne erstellt hat.

 

Zur Frage 3: Im Kulturbereich sind keine linearen Rentabilitätsrechnungen möglich beziehungsweise sinnvoll, da sich die Rentabilität vielfach nur über Umwege niederschlägt. Vom Wiener Tourismusverband wissen wir, dass 1,9 Millionen Besucher des Musicals und 1,8 Millionen Besucher jährlich der Oper wegen nach Wien kommen. Weitere Studien belegen, etwa jene der Wiener Festwochen, der Salzburger Festspiele, der Operettenfestspiele in Mörbisch, dass jeder eingesetzte Euro zumindest zweieinhalbfach zurückkommt. Da sind diese Investitionen durchaus auch wirtschaftlich gerechtfertigt.

 

Zur Frage 4: Es gibt keine alternative Standortplanung. Als Basis der Überlegungen gilt, das Ronacher als historisches Gebäude zu erhalten und zu beleben und sowohl die Technik als auch den Zuschauerraum dem heutigen Standard anzupassen. Wien ist als eine von wenigen Städten dafür bekannt, die Musicals nicht in atmosphärelosen Hallen abzuspielen.

 

Zur Frage 5: Die zusätzlichen Geldmittel kommen zusätzlich aus der Finanzverwaltung. Die Adaptierung der Spielstätte Ronacher in Richtung einer Mehrzwecknutzung wird ausschließlich durch Zusatzdotationen der Finanzverwaltung an die Vereinigten Bühnen, das heißt ohne Belastung der Kulturverwaltung, und zwar in Form eines so genannten Leasing-Restwertmodells mit einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren, finanziert.

 

Zur Frage 6: Was die Errichtung betrifft, verweise ich auf die vorhergehende Antwort. Die Stadt Wien hat bereits einmal einen Versuch mit privaten Betreibern gemacht. Das war weder imagefördernd noch in irgendeiner anderen Weise gewinnbringend.

 

Zur Frage 7: Es ist eine der liebevoll gepflogenen Mythen, dass sich Musical ganz oder teilweise selbst finanziert. Dort, wo es das vermeintlich tut, geschieht das über Risikokapital, das nur deshalb investiert wird, als günstige Abschreibemöglichkeiten vorhanden sind, also etwa in Amerika. Günstige Abschreibemöglichkeiten wiederum sind besondere Formen staatlicher Förderung, weil sie das Gesamtsteueraufkommen reduzieren. Kunst- und Kulturfinanzierung über direkte Förderung und Kunst- und Kulturfinanzierung über Abschreibemöglichkeiten sind daher zwei Seiten ein und derselben Medaille. Wir in Österreich gehen jedenfalls lieber, und wie ich meine mit Recht, den Weg der direkten Förderung, der kontrollierbar, demokratisch legitimierbar und transparent ist.

 

Im Übrigen sind die Produktionsbedingungen nicht vergleichbar. In Wien sind es kleinere Häuser als international üblich. In Wien wäre gar nicht die Möglichkeit gegeben, mit Venture-Kapital Produktionen zu finanzieren. Im Übrigen eröffnet die geplante Steuerreform auch keinerlei Perspektiven in diese Richtung. Und schließlich finden internationale Produktionen in Amerika, England oder auch in Deutschland unter sozialen Bedingungen für die Kulturschaffenden statt, die wir hierzulande nicht akzeptieren wollen.

 

Zur Frage 8: In der freien genau so wie in der restlichen Theaterszene werden immer wieder Projekte abgelehnt und nicht realisiert, zumeist aus künstlerischen Gründen, weil sie die Empfehlung eines Beirates oder einer Jury nicht finden. Einige Ablehnungen im Bereich der freien Theaterszene, denen im Übrigen zahlreiche Erhöhungen gegenüberstehen, mit einer geplanten Finanzierung der großen Musiktheater Wiens in den Jahren 2006 und folgenden Jahren im Zusammenhang zu bringen, ist ebenso ungerecht wie falsch. Selbstverständlich wurde niemandem in der freien Theaterszene und auch sonst wo Geld gestrichen, weil die Finanzierungen ab dem Jahre 2006 für die Wiener Musiktheater zusätzlich erfolgen.

 

Auch sonst muss ich anlässlich dieser Frage einmal mehr daran erinnern, dass die Stadt Wien in den letzten Jahren das Kulturbudget ausgeweitet und dadurch jährliche Kürzungen des Bundes in der Höhe von etwa 5 Millionen EUR insgesamt, also mittlerweile weit über 15 Millionen EUR, zum guten Teil ausgleichen konnte.

 

Ein solcher Fall ist im Übrigen auch das Künstlerhaus, dessen jährliche Subvention gegenüber der Zeit, als ein ÖVP-Stadtrat dafür verantwortlich war, verdreifacht wurde und sich die verantwortlichen VP-Minister in der Bundesregierung gleichzeitig aus ihrer Verantwortung gänzlich herausgenommen haben.

 

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