Gemeinderat,
40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 78
hätte, nur Kopf Schütteln und Verwunderung ausgelöst
hätte (GRin Mag Marie Ringler: Jetzt auch!), weil man einfach nicht
annehmen konnte, dass eine Stadtregierung bei einem zugegebenermaßen sehr hohen
Kulturbudget, das in den letzten Jahren, anders als in allen anderen Städten
Europas, gestiegen ist, sich hinstellt und sagt, ja wir investieren in jenen
Bereich, wo wir unsere Kernkompetenz haben, in den Bereich der Kultur, in den
Bereich der Musik und des Musiktheaters. Und diese Stadtregierung trifft eine
Entscheidung, dass zusätzlich zu einem sehr hohen Budget
90 Millionen EUR für die Festigung und für den Ausbau dieser
Kernkompetenz der Stadt Wien, die weit über die Kultur hinausgeht,
Wirtschaftsfaktor ist, Tourismusfaktor ist, zur Verfügung gestellt werden.
Diese Stadtregierung trifft diese Entscheidung und
die Opposition ist völlig aus dem Häuschen und macht innerhalb von Monaten
Schwenks, die einfach unverständlich sind! Es ist daher wirklich nicht
verständlich, warum heute hier insbesondere die ÖVP gegen das ist, was sie noch
vor wenigen Monaten gefordert hat, nämlich gegen den Umbau des Ronacher.
Und es kommen hier sehr eigenartige Wortmeldungen
zustande. Die Kollegin Unterreiner stellt sich da her jetzt und stellt in den
Raum, was es doch für eine Unglaublichkeit wäre, dass der Stadtrat der Meinung
ist, es soll in dieser Stadt zwei Musicalhäuser geben. Es gibt in dieser Stadt
seit 20 Jahren zwei Musicalhäuser! Es wurde das Raimund Theater bespielt
und es wurde das Theater an der Wien mit Ausnahme von vier Monaten - Festwochen
und KlangBogen - bespielt.
Das heißt, es hat in den letzten Jahrzehnten schon
zwei Musicalhäuser in dieser Stadt gegeben! In Wirklichkeit wird jetzt nichts
verändert. Wir hatten zwei Musicalhäuser, die erfolgreich waren und die sehr
viele Touristen gebracht haben. Wir haben es heute schon gehört:
55 Prozent aller Besucher der Vereinigten Bühnen Wien in den letzten
Jahren sind nicht Wiener, sondern kommen aus den Bundesländern und aus dem
Ausland. Mehr als ein Drittel kommt aus dem Ausland und lässt hier in dieser
Stadt wahnsinnig viel Geld, weil sie dann mehrere Tage hier bleiben.
Und jetzt wird hier in den Raum gestellt, als ob es
sozusagen eine völlig neue Entwicklung wäre, dass wir zwei Musicalhäuser
hätten! Mitnichten! Wir hatten zwei Musicalhäuser und wir werden auch nach
dieser großen Theaterreform zwei Musicalhäuser haben!
Noch obskurer ist die Feststellung des Kollegen
Salcher, der hier so tut, als ob Musical ein Genre wäre, das gerade vor ganz,
ganz kurzer Zeit wie eine Sternschnuppe am Himmel aufgetaucht wäre und es
einfach anzunehmen ist, dass es innerhalb kürzester Zeit schon wieder
verschwinden wird.
Auch diese Vorstellung ist natürlich völlig
irrwitzig, weil es schon seit Jahrzehnten sehr erfolgreiche und auch weniger
erfolgreiche Musicals gibt. Es hat gute und es hat schlechte Musicals gegeben.
Gute Musicals gehen auch noch mit 100 Prozent Auslastung, wenn Sie
10 Jahre alt sind, wie beispielsweise jetzt „Elisabeth“ - und das war eine
Wiener Eigenproduktion. Daher verstehe ich die Aufregung nicht, denn das, was
die Wiener Stadtregierung und besonders der Kulturstadtrat machen, ist, dass
der Wunsch, der seit Jahrzehnten in dieser Stadt existiert, nämlich dass das
Theater an der Wien für Opernbespielung genutzt wird, jetzt tatsächlich
umgesetzt wird und die Stadtregierung, insbesondere der Bürgermeister und der
Finanzstadtrat, der Meinung sind: Ja, zur Festigung dieser Kernkompetenz der
Stadt Wien wollen wir zusätzliches Geld einsetzen und wir sagen und wir
bekennen uns trotz dieser Umwidmung des Theaters an der Wien dazu, dass es in
Wien zwei qualifizierte Spielstätten für Musical geben soll, und zwar für
Musical, das nicht Abspielstätte für abgespielte Tourneeproduktionen aus dem
Ausland ist, sondern wo Wien eigenständiges Musical, Eigenproduktionen, neue
Stoffe...(GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Welche? Welche?) Alle
Produktionen, die die Vereinigten Bühnen Wien in den letzten Jahren
herausgebracht haben, waren eigenständige Stücke, egal ob das jetzt „Mozart“,
„Elisabeth“, „Freudiana“ oder „Tanz der Vampire“ war oder ob es jetzt
„Barbarella“ ist. Da hat es bessere und schlechtere gegeben, da hat es erfolgreiche
und weniger erfolgreiche gegeben, aber das ist überall so in der Kunst, in
jedem Theater. Das ist in der Staatsoper genauso wie im Musical.
Wozu wir uns bekennen, ist, dass wir sagen, eine
vielfältige Kulturstadt Wien soll eben nicht nur tolles Theater bieten, soll
nicht nur tolle Oper bieten, soll nicht nur Filmproduktion bieten, soll nicht
nur Musik bieten, sondern wir wollen auch jenes Publikum hochqualitativ
bedienen, das Musical liebt. Jetzt sage ich ganz persönlich: Ich selbst bin
nicht so ein Musicalfan, aber ich anerkenne, dass es wahnsinnig viele Leute in
dieser Stadt gibt, die das sehen wollen und die ja die 100 Prozent
Auslastung von beispielsweise „Elisabeth“ zusammenbringen. Und wer sich die
Vorstellungen anschaut, wird immer wieder sehen, mit welcher Begeisterung vor
allem junge Menschen diese Musicals lieben. Ich brauche mir nur meine eigenen
Kinder anzuschauen, die alle Texte, alle Lieder auswendig können, weil sie
einfach auf diese Art von Musiktheater stehen.
Daher glauben wir, wenn wir sowieso wissen, dass sich
genauso viele Menschen in dieser Stadt für Musical begeistern wie
beispielsweise für Oper und Operette, dass es unsere Aufgabe als
Stadtverwaltung ist, beide Bereiche hochqualitativ zu bedienen und das wollen
wir jetzt. Das können wir aber nur, wenn es zwei technisch einwandfreie Häuser
gibt.
Das Ronacher ist im derzeitigen
Zustand aber für eine Vollbespielung nicht ausreichend und auch das, was das
Ronacher in den letzten Jahren geliefert hat, ist nicht zufriedenstellend. Und
weil die Kollegin Ringler am Vormittag gesagt hat, es ist eh alles toll, was
dort läuft: Also es ist nicht alles toll, was dort gelaufen ist. Wer sich in
den letzten Jahren im Ronacher nur einigermaßen Produktionen angeschaut hat,
der wird mit freiem Auge erkennen, dass die Produktionen viel schlechter sind
und schlechtere Schauspieler und schlechtere
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