Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 121
Belastungswelle, die Sie letztlich zu verantworten haben, auf die Bürger hereinrollen wird, nämlich Erhöhung des Kehrtarifs, Erhöhung der Ambulatoriumsbeiträge in den Wiener Spitälern um mehr als 6 Prozent, Erhöhung der Rettungsgebühren, der Pflegegebühren, Verteuerung der Gebühr bei allen Impfungen um 25 Prozent, Erhöhung der Sonderklassegebühren ab 5. Jänner 2004, Kürzungen der MA 56-Zuschüsse für Schulschikurse und Schullandwochen, nämlich gerade für die sozial schwachen Eltern, die davon betroffen sein werden, um 20 Prozent. Und all das ist Ihre Politik in dieser Stadt! Da ist keine Bundesregierung dafür verantwortlich zu machen. Da sind Sie Verantwortungsträger. Sie sind Verantwortungsträger, dass im Pflegebereich in dieser Stadt am völlig falschen Platz gespart wird, nämlich seit über 10 Jahren am völlig falschen Platz gespart wird. Sie sind dafür verantwortlich, dass zu wenig Pflegepersonal in unserer Stadt ausgebildet wird und wir in Wirklichkeit diese drastische Situation in den Pflegeheimen vorfinden, wo immer mehr Pflegepersonal aufgrund der Überlastung krank wird und die Krankentage steigen und man dann in Wirklichkeit mit diesen Situationsbildern nicht mehr zurecht kommt. Das ist alles Ihre Verantwortung, wo Sie jetzt den Kopf senken und in die Zeitungen schauen und wo Sie versuchen, sich hier sozusagen irgendwo weg zu drehen, weil es unangenehm ist.
Ich glaube, gerade beim Rechnungsabschluss sollte man
über Ihre ureigenste Verantwortung, über Ihre Misswirtschaft, die Sie in dieser
Stadt zu verantworten haben, reden.
Deshalb sind wir heute auch bei diesem jährlichen
Ritual, auch wenn es unangenehm ist, aber genau das ist es.
Nehmen wir doch einmal den Pflegebereich her. Gerade
im Pflegebereich können wir positive Beispiele in Österreich erkennen, wie in
der Steiermark, wo man vor 10 Jahren begonnen hat, darüber nachzudenken, eine
positive Entwicklung festzumachen. Vor 10 Jahren hätten wir in Wien damit
anfangen müssen. Seit 10 Jahren heißt der Bürgermeister in dieser Stadt Dr
Michael Häupl. Seit 10 Jahren ist leider Gottes in diesem Bereich nichts
passiert. Nichts ist passiert. Man ist nicht hergegangen, hat den Markt, so wie
in der Steiermark, auch für private Investoren geöffnet. Heute ist es nach wie
vor so in dieser Stadt, dass der Pflegling zum Bittsteller degradiert wird und
bei den zuständigen Stellen bitten und betteln muss, damit er vielleicht eine
Zwangszuweisung in ein Pflegeheim bekommt.
Gehen wir weg von dieser Politik! Gehen wir weg!
Öffnen wir den Markt! Gehen wir weg von Zwangszuweisungen! Stellen wir den
Kunden in den Mittelpunkt! Der Kunde soll im Wiener Pflegebereich König sein
und werden. Lassen wir das durch positive Veränderungen zu, dass der Pflegling
die freie Heimwahlmöglichkeit hat, dass er sich aussuchen kann, wohin er gehen
will und ziehen Sie sich auf Ihre wesentlichen Verantwortungsbereiche zurück,
nämlich den Bereich der Gesetzgebung und der Kontrolle!
Ich bin davon überzeugt, wenn Sie sich auf diese
Bereiche zurückziehen, dann würden Sie auch bei den Kontrollen im privaten
Pflegebereich nichts unter den Teppich kehren, so wie Sie das in öffentlichen
Pflegeheimen der Stadt Wien getan haben. Dann würden Sie auch anders auftreten
und die Kontrolle wäre eine wirklich gelebte.
Ich glaube, da liegt vieles im Argen, aber es fehlt
Ihnen an Mut. Sie haben nicht den Mut zur Veränderung. Deshalb erleben wir den
Stillstand in dieser Stadt, völlig visionslos, ohne wirkliche Perspektiven.
Deshalb erleben wir seit nahezu 10 Jahren eigentlich eine Art
Handlungsunfähigkeit, die vorhanden ist, und die Arbeitslosenzahlen, die heute
schon Thema waren, wo natürlich das Schlusslicht Wien und seine schlechten
Zahlen auch die Bundeszahlen in ein unangenehmes Minus hineingerissen haben.
Aber es geht gerade von Wien aus. Genauso das negative und schlechteste
Wirtschaftswachstum im Bundesländervergleich.
Da muss man sich irgendwann einmal auch die Frage
stellen, wieso das in anderen Bundesländern anders ist, wenn es überall die
gleiche Bundesregierung gibt. Die Bundesregierung müsste, wenn man Ihrer
Diktion folgt, allen anderen Bundesländern letztlich genauso negative
Einwirkungen auf den Weg mitgeben und es müssten überall in allen anderen
österreichischen Bundesländern die gleichen negativen Entwicklungen spürbar
sein. Das ist nicht der Fall. Deshalb ist Ihr Argument - ich möchte jetzt nicht
den falschen Begriff verwenden - so etwas von hanebüchen, weil Sie das immer
wieder bringen und immer wieder versuchen wiederzukäuen.
Es stimmt schon, es ist Ihnen 2001, bei der
vergangenen Wiener Gemeinderats- und Landtagswahl, gelungen, mit diesem Modell
die Verantwortung wegzuschieben und den Menschen einen falschen Eindruck zu
vermitteln. Sie haben es geschafft, den Menschen etwas vorzutäuschen und den
Eindruck zu vermitteln, dass für die Belastungen, die Sie selbst beschlossen
haben, für die Sie selbst verantwortlich zu machen sind, die Bundesregierung
verantwortlich ist. Genau das wird es zu verhindern gelten. Wir werden uns mit
Sicherheit auch in den nächsten Wochen und Monaten bemühen, den Menschen in
diesen Bereichen die Augen zu öffnen. Das darf Ihnen nicht mehr gelingen, diese
doppelschneidige Politik in Wien festzumachen. Bis dato, das muss man
eingestehen und Ihnen zuerkennen, ist es Ihnen gelungen. Ich bin ja keiner, der
Realitätsverweigerung betreibt. Es ist Ihnen bis dato gelungen, aber es wird
auf Dauer nicht gelingen.
Sie leiden heute durchaus auch an der Schwäche der
anderen Parteien auf bundespolitischer Ebene, keine Frage. Aber Ihre eigene
Schwäche ist viel eklatanter. Sie ist viel eklatanter, wenn man sich die Zahlen
ansieht. Wenn man sich die Zahlen vor Augen führt, dann kommt hervor und
heraus, warum es eine sozialpolitische Kälte in dieser Stadt gibt. Dann kommt
die Zahl heraus, dass die Familien in dieser Stadt durch Ihre
Belastungsmaßnahmen, durch Ihre kommunalen Steuererhöhungen im Durchschnitt in
dieser Stadt um 450 EUR belastet sind und manche bis 950 EUR belastet
werden.
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