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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 121

 

geehrter Kollege Ekkamp, auch wenn Sie es in Abrede stellen: Ich werde Ihnen sagen, warum. So wurden die Bruttojahreseinkommen bei Arbeitnehmern mit 15 770 EUR, bei Pensionisten mit 13 500 EUR sowie einem steuerpflichtigen Einkommen bei Selbstständigen von 10 000 EUR überhaupt komplett steuerfrei gestellt. Das bedeutet, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass von insgesamt 5,9 Millionen Erwerbstätigen in ganz Österreich ab dem 1.1.2005 rund 2,6 Millionen Personen, das ist fast die Hälfte aller Erwerbstätigen, überhaupt keine Steuer mehr bezahlen müssen! Es ist also nicht so, dass es sich hier die Großen gerichtet haben, sondern der Schwerpunkt lag eben bei den Kleinen. (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenruf des GR Franz Ekkamp.)

 

Weiters wird im Rahmen des Familienpakets ein Kinderzuschlag zum Alleinverdiener- beziehungsweise zum Alleinerzieherabsetzbetrag eingefügt. Des Weiteren wird die Zuverdienstgrenze beim Alleinverdienerabsetzbetrag mit Kind deutlich, nämlich von 4 400 EUR auf 6 000 EUR, angehoben. Alle Maßnahmen des Familienpakets werden bereits ab dem Jahr 2004 wirksam werden. Bei den Werbungskosten soll vor allem das Pendlerpauschale generell um rund 15 Prozent angehoben werden. Auch diese Maßnahmen werden schon ab 2004 gelten. Die Freigrenzen für die sonstigen Bezüge - das sind im Wesentlichen die Sonderzahlungen, also das 13. beziehungsweise 14. Monatsgehalt - soll für 2004 auf 1 950 EUR und ab 2005 auf 2 000 EUR angehoben werden.

 

Ein ganz wesentlicher Punkt dieser Steuerreform ist eben auch für die Klein- und Mittelbetriebe die Senkung des Körperschaftssteuersatzes von derzeit 34 Prozent auf 25 Prozent. Die Herabsetzung war vor allem durch die am 1. Mai erfolgte EU-Erweiterung von besonderer Bedeutung, da ja alle neuen Mitgliedsländer wesentlich geringere KöSt-Sätze als wir hier in Österreich hatten. Eine deutliche Verbesserung für Unternehmen gab es bereits bei der ersten Etappe der Steuerreform, und zwar durch die steuerliche Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns. Diese Begünstigung war ein sehr wichtiger Schritt in Richtung der Stärkung des Eigenkapitals. Zusätzlich wurde die unter einem SPÖ-Finanzminister eingeführte 13. Umsatzsteuervorauszahlung ersatzlos gestrichen.

 

Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Auch Wien sollte solche Schritte setzen. Denn künftig wird die finanzielle Situation dieser Betriebe noch schwieriger, und zwar, wie ich auch hier schon erwähnt habe, durch Basel II. Auch wenn für die Kleinbetriebe und die überwiegende Anzahl von Mittelbetrieben Basel II gar nicht vorgesehen ist, wirft Basel II schon heute seinen negativen Schatten voraus. Die Banken haben bereits seit mehreren Jahren ein eigenes Rating - egal ob für Klein-, Mittel- oder Großbetriebe - für ihre Kreditvergaben geschaffen. Und was bedeutet das Rating für diese Betriebe? - Nicht nur, dass sich die Kreditkosten bei schlechtem Rating enorm erhöhen, gibt es für viele solcher Betriebe überhaupt keine Kredite mehr.

 

Dazu gibt es in den Medien auch genügend Schlagzeilen: "KMUs haben zu wenig Alternativen zum Kredit". Oder: "An den KMU geht keine Bank zugrunde". "Wolfgang Ulrich, Boss der Bank Burgenland, kritisiert: In der Basel-II-Debatte werden oft Maßnahmen zum Eigenkapitalaufbau vergessen." Oder: "Basel II - KMU sehen ihre Kreditchancen schwinden". Daraus: "Auffällig ist, dass Betriebe mit 6 bis 20 Mitarbeitern am meisten zu kämpfen haben." Oder: "Für die Masse der KMUs gibt es keine Alternative zum klassischen Bankkredit." Oder: "Das einzige Rezept heißt Stärkung des Eigenkapitals, wobei die gesenkte KöSt sicher hilft."

 

Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Diese Problematik habe ich auch schon in der Budgetdebatte 2004 aufgezeigt. Sie haben damals geantwortet, dass die Stadtregierung bei ihrer Herbstklausur beschlossen hat, die Geschäftsführung des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds zu beauftragen, sich mit diesem Thema zu befassen, nämlich der Förderung jener Kosten, die aus Ratings entstehen, weil diese Kosten - wie Sie richtig festgestellt haben, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister - die Kreditaufnahmen für die Klein- und Mittelunternehmen außerordentlich erschweren. Sie haben vollkommen Recht, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, nur darf ich Sie fragen, was aus dieser Initiative geworden ist. Mir sind keine diesbezüglichen Förderungsüberlegungen bekannt. Auf der Homepage der Wirtschaftskammer gibt es zu Basel II wohl genügend Links mit mehr oder weniger guten Tipps oder Ratschlägen, aber eben keine Fördermaßnahmen.

 

Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Aufgrund der ohnedies schon schlechten Situation im Bereich des Eigenkapitals dieser Betriebe und weiterer kommender Ereignisse, eben Basel II, wäre die Stärkung des Eigenkapitals der KMUs von immenser Wichtigkeit. Ich darf meine Forderung nach einem Eigenkapitalstärkungspaket für Wien wiederholen.

 

Wie könnte diese Eigenkapitalstärkung aussehen? - Am einfachsten wäre, wie von Ihnen vorgeschlagen, die entsprechende Dotierung der Wiener Wirtschaftsförderung. Aber gerade bei der Wiener Wirtschaftsförderung, die eben vor allem für die Klein- und Mittelunternehmern vorgesehen ist, wird seit dem Jahr 2001 laufend gekürzt: Kürzung der Nahversorgungszuschüsse von 50 000 EUR auf 10 000 EUR je Betrieb, Kürzung der Wiener Innovationsförderung um zwei Drittel, Abschaffung der Wiener Telematikförderung, Kürzung der Wiener Strukturverbesserungsaktion um ein Drittel.

 

Weiters durch eine direkte Förderung der Betriebe für ihre Dienstnehmer - leider gibt es auch hier bei Arbeitsmarktförderung ein gewaltiges Minus. Waren für arbeitspolitische Maßnahmen im Budget 2003  25,5 Millionen EUR budgetiert, wurden im Zuge des Budgetvollzugs tatsächlich nur 5,5 Millionen EUR ausgegeben. Das bedeutet ein Minus von 20 Millionen EUR für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Oder durch Förderung von Wissenschaft und Forschung - aber auch hier gab es Kürzungen. Oder zum Beispiel durch Förderung betriebserweiternder Investitionen.

 

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