Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 81 von 121
Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Das unterscheidet es vom
tatsächlichen Kapitalismus. Alles, was Budget und Zahlen betrifft, bleibt unter
der Tuchent oder in der Geheimdienstzentrale. Das ist die Art und Weise, wie
Sie mit Transparenz umgehen und was Sie unter Ausgliederung verstehen. Deswegen
ist zu Recht eine große Vorsicht bei allem, was Sie unter Ausgliederung
verstehen, angesagt. Sie verstehen nämlich darunter, es bleibt alles so wie es
ist, nur der politischen Kontrolle wollen Sie sich entledigen. Dabei werden wir
nicht mitspielen! (Beifall bei der ÖVP.)
Jetzt wollen Sie für dieses hoch transparente
Unternehmen weitere 40 Millionen EUR, um sie zum Beispiel ins
Ronacher zu investieren. Ich weiß schon, da gibt es irgendwie den großen Traum,
Wien ist sozusagen der internationale Musikproduktionsstandort, die Welt reißt
sich um unsere Produktionen und da muss man einfach weiterinvestieren, weil das
doch eine Riesenchance ist. Ich sage Ihnen nur ein Wort zu der Argumentation
dessen. Das heißt: "Barbarella". Einige waren ja dort. (StR Dr Johannes Hahn: Leider!) Da muss
man nachher wirklich sagen, noch 30 Millionen EUR würden dafür nicht
reichen. Und das ist offensichtlich der Bereich, wo die SPÖ weiter ausbauen
will. Liebe Marie Ringler, das ist keine sozialdemokratische Politik, sondern
das ist eine blöde Politik, um es auf den Punkt zu bringen. Das ist der
Unterschied.
Ich möchte ausdrücklich sagen, die Frau Zechner
bemüht sich sehr und es ist auch keine Frage von Management, sondern es ist
eine Frage politischer Entscheidungen, ob ich dort mehr mache oder nicht. Wir
sagen, es ist falsch, dort mehr zu tun. Sie hat ein paar gute Ideen und sagt,
sie möchte mehr österreichische Eigenproduktionen machen, sie möchte
kleinteiligere Strukturen fördern und so weiter. Das halte ich alles für
gescheit und richtig. Aber bitte, warum müssen wir dann
40 Millionen EUR in das Ronacher hineinstecken? Bitte lassen wir es
doch wie es ist.
Wenn Sie keine Idee haben, was Sie mit den
40 Millionen EUR machen, kann ich Ihnen sagen, ich habe schon ein
paar Vorschläge gemacht. Machen wir die Perspektivenausbildung von ganz Europa.
Oder machen wir im Zuge der Theaterreform, wo man jeden Euro dreimal umdrehen
muss, zwei neue spannende Theater- und Performanceorte in der Stadt. Sie sagen,
Sie wollen die Zukunft von Wien als Musikstandort sichern. Toll und richtig!
Ich gebe Ihnen einen Tipp: Wenn Ihnen die Zukunft des Musikstandorts der Stadt
Wien etwas bedeutet, investieren Sie das Geld in die Musikschulen der Stadt
Wien. Etwas Besseres könnten Sie gar nicht machen. (Beifall bei der ÖVP.)
Beim Thema Musikschulen hört man von der SPÖ
traditionell seit Jahrzehnten Freudianer, sprich einfach Verdrängung. Sie
wollen es nicht wahrnehmen, es ist alles das Beste, da kann man gar nichts mehr
besser machen. Wenn wir eine Enquete zu diesem Thema machen, muss das unter
einem verklausulierten Begriff starten. Es ist eigentlich alles nur obskur.
Stellen Sie sich vor, was wir machen könnten, 40 Millionen EUR in die
besten Musiklehrer der Stadt, in kleinere Gruppen, in Einzelförderung oder was
auch immer investieren. Da verspreche Ihnen, haben Sie das Geld besser
investiert als das bei den Vereinigten Bühnen je der Fall sein kann.
Rentabilitätsrechnungen brauchen Sie nicht. Sie wissen, dass sich das eh ausgeht.
Marktstudien gibt es angeblich, werden nun seit Jahren angekündigt, dass sie da
sind und dass man sie uns in der nächsten Sitzung geben wird. Die sind aber
offensichtlich aus dem Bereich, aus dem die Zahlen der Vereinigten Bühnen
insgesamt kommen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Vereinigten Bühnen
sind wirklich ein Paradebeispiel für die SPÖ-Kulturpolitik, nämlich eine
Verteilungspolitik und eine Machterhaltungspolitik. Das ist leider eine völlig
verfehlte Kulturpolitik. Das Schlimme ist, dass Sie diese völlige Verfehlung in
einem Bereich machen, wo es halt um sehr viel Geld geht. Wenn Sie das in einem
kleineren Bereich machen und dazu Ihre ideologischen Spielwiesen abhandeln
würden, dann würde es ja nichts machen, aber hier geht es um verdammt viel
Steuergeld. Ich glaube daher, dass das Umdenken in erster Linie einmal dort
passieren sollte. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte noch einen zweiten Bereich ansprechen,
über den wir früher, wie ich mich erinnern kann, sehr oft und sehr intensiv im
Wiener Gemeinderat diskutiert haben, nämlich die Wiener Festwochen. Die
Dreijahresverträge und die Unabhängigkeit befürworte ich sehr. Was aber nicht
passieren sollte, ist dass man sich damit der politischen, ich meine nicht der
parteipolitischen, sondern der politischen Debatte entzieht. Ich erlaube mir,
das zu sagen. Ich will jetzt nicht auf die Auslastungszahlen eingehen. Sie
wissen, dass es heuer einen deutlichen Einbruch gibt. Das ist für mich gar
nicht das entscheidende Kriterium. Aber man kann sicherlich sagen, die
künstlerische Bilanz ist heuer eine gemischte gewesen. Es sind einfach
bestimmte Fragen aufgetaucht, die eigentlich schon lange in der Stadt
herumhängen, die Frage der Identität und die Frage der Rolle der Festwochen,
weil die Festwochen sind, das wissen wir alle, ein kulturpolitischer
Meilenstein, eine kulturpolitische Trägerrakete für diese Stadt.
Ich sage Ihnen nur
ganz kurz ein paar Zitate, die aus drei Zeitungen ausgewählt sind: "Ist es
schon schwer genug zu eruieren, wann die Wiener Festwochen wirklich beginnen -
diesmal ging es wieder einmal vor der Eröffnung am Rathausplatz los -, ist es
mitunter noch schwieriger zu sagen, was sie eigentlich sind, außer eine
großzügige Produktionsgaststätte. Bezogen auf ihre Musik im Programm gesellt sich
als Zugabe auch noch die Frage, wer für diese eigentlich gestaltend zuständig
ist.“
Ein anderes Zitat aus dem "Standard":
"In Wahrheit sind die Festwochen, die sich damit schmeicheln, eine
Importfirma zu sein, mit Blick auf das Schauspiel ein Vertreiber von Massenware
geworden. Mit fast schon rührender Wiederaufnahme einer bolschewistischen
Argumentationshilfe durfte heuer die Quantität für die Qualität, dort wo das
Letztere ausblieb, einstehen."
Ein letztes Zitat, das einen sehr
wichtigen und sehr
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