Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 121
Open-Air-Filmfestival auf dem Rathausplatz, kleinere Dinge wie "Soho in Ottakring", die Tschauner-Bühne oder das neue Operettenfestival in der Krieau.
Wien investiert in Kultur, und während im Dunstkreis
des Bundesministeriums nach wie vor verzweifelt nach dem Verbleib eines
gestohlenen Salzfässchens gefahndet wird, werkt Wien schon eifrig am Ausbau
seiner Kulturmeile Rathaus. 16 000 angekaufte Bilder sind im Depot, ein
neuer Tiefspeicher für die Musiksammlung, auch die Übersiedlung des
"Museums auf Abruf" und der Artothek Schönlaterngasse schreiten
hurtig voran.
Das neue Referat Kulturelles Erbe unter der Leitung
von Frau Mag Keplinger kümmert sich nicht nur um den Erhalt der Altstadt -
3 763 Objekte wurden seit der Fondsgründung vor 30 Jahren mit einer
Summe von insgesamt 170 Millionen EUR restauriert -, sondern unter
der Leitung von Frau Mag Fischer-Ausserer, der neuen Stadtarchäologin, auch um
die Erforschung und Vermittlung der Vergangenheit unserer Stadt.
Zum neu ausgestatteten Gedächtnis der Stadt gehören
natürlich das Stadt- und Landesarchiv im Gasometer - also die MA 8 -, die
Stadt- und Landesbibliothek im Rathaus - die MA 9, da gab es ja als
Neuankäufe den Strauß-Nachlass, den Nachlass von Gerhard Fritsch und von Marcel
Prawy - und, natürlich ausgegliedert, das Wien Museum mit der neuen
Hofüberdachung als Stadtmuseum für alle Wienerinnen und Wiener. Sonntags ist es
übrigens gratis - für alle, die gerne hingehen und nicht dafür zahlen wollen.
Wien investiert also in Kultur, und Wien arbeitet
damit auch für die Zukunft, zum Beispiel mit Kunst im öffentlichen Raum. Ich
freue mich auf den Herbst 2004 und zeichensetzende Projekte, die aus einem
Fonds mit einer jährlichen Dotierung von 800 000 EUR finanziert
werden; natürlich wird eine Jury über diese Projekte entscheiden. Das
Theaterhaus für junges Publikum ist ein zusätzliches Kulturangebot für Kinder
neben dem ZOOM Kindermuseum und der Kinderinfo.
Wien investiert also in die Zukunft, aber wie heißt
es so schön: Zukunft braucht Vergangenheit! Wien arbeitet seine Vergangenheit
gewissenhaft auf: Mit der Restitution von Kunst- und Kulturgegenständen, mit
der Rückgabe von Liegenschaften; Wien ist neben Oberösterreich das einzige
Bundesland, das sich dieser Arbeit unterzieht. Die Ehrengräber wurden
überprüft, und es gibt geleistete Erinnerungsarbeit über die Verfolgung
Homosexueller.
Wien kompensiert die Budgetkürzungen des Bundes! Denn
mit einem auszugleichenden Fehlbetrag von rund 5 Millionen EUR im
Jahr federt Wiens Kulturbudget die Kürzungen des Bundes bei den Wiener
Theatern, bei den Wiener Festwochen, beim Künstlerhaus, beim
"kosmos.frauenraum", bei "Wien ist andersrum" und vielen
kleinen kritischen Initiativen ab.
Übrigens für alle, die es wissen wollen: Der
offizielle Zeitpunkt der Wiener Festwochen im Jahr 2003 war 9. Mai bis
16. Juni, und gegen den Vorwurf, dass es da nichts Österreichisches zu
sehen gab, erinnere ich an den Februar°1934-Schwerpunkt im Rabenhof:
"Harmonie" läuft jetzt noch, "Wallisch Wandern". Es war eigentlich
sehr prominent österreichisch besetzt. Davon abgesehen hat, falls Sie den
Bachmann-Preis verfolgt haben, in Klagenfurt heuer auch kein Österreicher
gewonnen. Also kann man bei einem internationalen Künstlerfestival schon ein
bisschen über den Tellerrand schauen und sollte das auch tun.
Wien finanziert auch neue Einrichtungen, um die sich
der Bund nicht schert, wie die Kunsthalle, das Tanzquartier oder das
Theaterhaus für ein junges Publikum.
Wien erkennt Kunst und Kultur aber auch als
Wirtschaftsfaktor. Denn immerhin arbeiten 14 Prozent aller in Wien
Beschäftigten im Bereich der Creative Industries. Und dort beträgt das
Wirtschaftswachstum 6 Prozent - das sind 4 Prozent über dem Zuwachs
der Gesamtwirtschaft! Neben Biotechnologie und Informationstechnologien sind
Creative Industries das dritte Zukunftsfeld dieser Stadt. Bereits im Bericht
über die Festwochen 1997, in der finanzwirtschaftlichen Studie, wurde
festgehalten, dass ein Kulturschilling eine Wirtschaftsleistung von 4 ATS
schafft. Das kann man nahtlos auf den Euro umlegen: Jeder in Kultur investierte
Euro bringt 4 EUR zurück!
Nicht nur aus diesem Grund investiert Wien in Kultur,
damit auch in den heimischen Film, und hat mit der Agenda 2006 anlässlich der
Wiener Filmgespräche 2003 zukunftsweisende Perspektiven für diese Branche
formuliert. Daher entfallen auch 7,41 Prozent des Budgets der MA 7
auf den Film, das sind rund 12 Millionen EUR, dazu kommen noch
Kulturförderungsbeitrag und sonstige Maßnahmen, also alles in allem rund
13,5 Millionen EUR für den Film.
Weil Frau Kollegin Ringler gemeint hat, die neuen
Medien würden von uns nicht bedacht, und noch ganz kurz auch zum Film:
"Queer" hat ja nicht nur eine Startförderung bekommen, sondern
immerhin auch 210 000 EUR auf zwei Jahre. Ich denke also, das ist
eine recht satte Förderung. (Zwischenruf der GRin Mag Marie Ringler.)
Neue Medien sind eine etwas schwer fassbare
Kunstform, sehr eigenständig in der Wahl ihrer Mittel, Sparten überschreitend.
Den Reiz macht diese Heterogenität aus, von der klassischen Netzkunst über
philosophische und praktische Grenzüberschreitungen bis hin zum Roboterfußball
2003. Aber es ist interessant zu beobachten, dass nicht nur in der
elektronischen Musik, sondern auch in der New Media Art der Trend wieder
vermehrt zu realen, zu angreifbaren Ereignissen hingeht, weg von der reinen
Virtualität hin zu physischer Präsenz, weg von der Kargheit hin zum Ornament,
zu Klang und Farbe. Wir sind in einer sehr spannenden Entwicklung, und ich
denke, das ist wohl so ähnlich wie beim Chatten im Internet und beim Blind
Date: Irgendwann will man den Chat-Partner doch auch in einem Kaffeehaus
treffen.
Wenn Sie, meine Damen und Herren,
jetzt einen Blick in den fast 300 Seiten starken neuen Kunst- und
Kulturbericht der Stadt Wien 2003 werfen, dann werden Sie im hinteren Teil, im
Frauenkulturbericht, die Porträts und Interviews von
10 Kinofilmregisseurinnen und
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