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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 89 von 121

 

Wissenschaftsbericht, die ja im Kulturbericht vorkommen, durchliest. Diese 45 Seiten sind ja schneller zu lesen als die 300 restlichen, wobei hinten natürlich auch noch etwas von Wissenschaft steht. Da muss ich schon sagen, dass ein Teil davon sehr verwundert.

 

Denn wenn die Stadtregierung mit offenen Augen und Ohren auch im Jahr 2003 durch die Wissenschaftslandschaft gegangen wäre, dann hätte sie bemerkt, dass im Oktober eine Debatte in einem wissenschaftlichen Bereich auch in der Stadt begonnen hat, die keinen Niederschlag in diesem Bericht findet. Ich spreche von der Debatte über die Ludwig-Boltzmann-Institute. Diejenigen, die der Wissenschaft hin und wieder ihr Ohr leihen, können sich vielleicht daran erinnern, dass ich schon einmal zwei Anträge zu Ludwig-Boltzmann-Instituten eingebracht habe. Ich werde dies wieder tun, ich werde wieder zwei Anträge zur Situation der Ludwig-Boltzmann-Institute einbringen, da ich nach wie vor glaube, dass die WissenschafterInnen, die dort arbeiten, sich eine bessere Behandlung durch die Stadt Wien verdient haben als nur die Erwähnung in einem Wissenschaftsbericht, der nicht auf die Situation eingeht.

 

Denn wenn wir da lesen, dass die Stadt Wien projekt- und zielorientiert mit den großen außeruniversitären Forschungsinstitutionen wie zum Beispiel der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft arbeitet und dass dies eine große Bedeutung für die Stadt Wien in Wissenschaft und Wissenschaftskultur hat, oder wenn wir lesen, dass die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft aus 135 Instituten und Forschungsstellen besteht und dass sie eine aktuelle wichtige Forschung unterstützt und ermöglicht, so kann ich nur sagen: Sie haben eine Debatte verschlafen!

 

Denn all dies, was hier aufgelistet ist, was die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft alles macht, ist im Moment im Begriff, zerschlagen zu werden. Wir werden vor einer Situation stehen, dass wir zirka 140 gut ausgebildete, hochwertige und kompetente WissenschafterInnen haben, die keinen Job mehr haben werden. Das ist nämlich die Anzahl jener, die an Ludwig-Boltzmann-Instituten arbeiten und die hervorragende wissenschaftliche Leistung erbringen, auch im Sinne der Stadt Wien. Hier im Wissenschaftsbericht wird einfach darüber hinweggesehen beziehungsweise so getan, als gäbe es die Debatte nicht schon seit Oktober 2003.

 

Es ist jetzt so, dass wir letzte Woche ein StadtexpertInnengespräch mit den Betroffenen zur Situation der Ludwig-Boltzmann-Institute vor allem in Wien veranstaltet haben. Es war zum Glück eine Vertreterin der MA 7 dabei, die kann ja berichten, was dort an Ängsten, an Verunsicherung von WissenschafterInnen kundgetan wurde, wobei ich mich nur wundern kann, dass die Stadt Wien dem einfach nur zusieht und nicht reagiert. Denn eigentlich haben Sie als Stadt sehr wohl die Möglichkeit, hier etwas zu tun beziehungsweise zu unternehmen, und wenn es nur symbolisch wäre, wenn es schon nicht die Subventionierung dieses Institutes sein kann, aber symbolisch die Unterstützung der WissenschafterInnen, indem man einfach zu einer GRÜNEN-Veranstaltung kommt und sich mit der Kritik auseinander setzt. Es war uns nicht möglich, obwohl wir bei drei Stadträtinnen angefragt haben, eine der Stadträtinnen zu bekommen, die sich der Diskussion stellt. Ich denke, das wurde in dieser Community sehr wohl registriert, dass sich hier die Verantwortlichen nicht einer Diskussion stellen wollen.

 

Wir haben im Jahr 2003 eine Subvention an die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft in der Höhe von 1,1 Millionen EUR bewilligt. Laut Informationen aus dem zuständigen Ressort ist ein neuer Antrag der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft eingereicht, aber noch nicht in Bearbeitung beziehungsweise noch nicht beschlossen.

 

Deswegen bringe ich einen Resolutions-, einen Beschlussantrag ein:

 

Die Gemeinde Wien möge Subventionen und deren eventuelle Höhe für die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft für das Jahr 2004 davon abhängig machen, dass die erste Auswahlrunde der Jury erkennen lässt, dass in den neuen Instituten fundierte, in ihren Ergebnissen unabhängige wissenschaftliche Forschung weiterhin möglich sein wird - die Beeinflussung der Ergebnisse durch Partnerorganisationen muss ausgeschlossen werden -; dass diese Auswahl erkennen lässt, dass in der Tradition der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft Forschung aus gesellschaftlich wesentlichen Fragestellungen gegenüber Forschung mit rein ökonomischer Ausrichtung der Vorzug gegeben wird; dass innerhalb der medizinischen Forschung patientenorientierte Forschung gegenüber sehr industrienaher beziehungsweise technikorientierter Forschung nicht ins Hintertreffen gerät; dass die geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Forschung innerhalb der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft einen wesentlichen Stellenwert behält und dabei Forschungseinrichtungen, die keinen unmittelbaren "Zweck" - unter Anführungszeichen - erfüllen, sondern deren Sinn in der kritischen Analyse und Reflexion bestehender gesellschaftlicher, politischer und kultureller Verhältnisse liegt, echte Chancen zur Weiterarbeit erhalten - ein einziges Institut in diesem Bereich wäre zu wenig -; dass für patientInnenorientierte medizinische Forschung, die vielfach in Spitalsstrukturen eingebettet ist und von ihrer Struktur her den Richtlinien der Ausschreibung für neue Institute nicht entsprechen kann, Möglichkeiten der Weiterarbeit als Ludwig-Boltzmann-Institute geschaffen werden; dass für jene Institute, die nun evaluiert werden, klare Perspektiven dargelegt werden, wie ihr Weiterbestehen im Fall einer positiven Evaluierung gesichert wird - eine positive Evaluierung kann sinnvollerweise nicht zu einer sukzessiven Schließung führen -; dass die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft darlegt, welche ihre Kriterien waren, die zum Ausschluss von rund 60 Instituten aus der Evaluierung und somit zu deren Schließung ohne fundierte Analyse ihrer Arbeit geführt haben - diese Entscheidungen blieben bislang gänzlich untransparent und lassen Platz für Spekulationen -; dass von Seiten der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft Regelungen getroffen werden, wie Ludwig-Boltzmann-Institute, die mit wenig oder gar keinen Ressourcen der Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft in ihrem Bereich wichtige wissenschaftliche Arbeit geleistet haben, unter dem Namen Ludwig-Boltzmann-Institut

 

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