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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 94 von 121

 

gehört haben, was hier getan wird (GRin Martina LUDWIG: Ja, so ist es! Aussprechen, was ist!), ist es wirklich schwer, noch ein Eckerl zu finden, wo es vielleicht nicht ganz so positiv verläuft (GR Heinz Hufnagl: Nur nicht überanstrengen!), wie uns hier erklärt wurde. (GR Godwin Schuster: Positiv denken ist angesagt! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Ich sehe schon ein, der Herr Stadtrat hat große Dinge im Sinn, das ist klar: Ein viertes Opernhaus, eine Theaterreform. Und wenn man sich bei der Direktorenwahl so geschickt anstellt und vorgeht, wie man das in der Josefstadt gemacht hat, dann kann man gleich auch öfter einmal einen Direktor ernennen. Das kommt auch immer in die Medien, es ist durchaus interessant und mediengerecht. Auch das Ronacher wird in die Annalen eingehen. Ja, und 2006 werden sich so viele an Mozart bedienen, dass zum Schluss nur noch ein paar Knochen übrig sein werden. Aber Mozarts Musik wird es überstehen, und ich hoffe hier auch auf den Geschmack von Dr Marboe.

 

Von den 100 000 EUR mehr für das Donauinselfest - na ja, vielleicht kann man da doch eine Insel finden, wo man eventuell auch etwas bringt, was nicht ganz so, wie soll ich sagen, nur für das Volk lustig ist. Vielleicht könnte man auch eine Insel bevölkern, die ein bisschen nachdenklich stimmen könnte. Ich weiß nicht, ob das möglich ist.

 

Aber die Wissenschaft ist, wie Frau Kollegin Sommer-Smolik auch gesagt hat, schon ein Stiefkind Ihrer Politik. Hier komme ich zum eigentlichen Thema meiner Rede, nämlich zur Exilkultur und Exilforschung.

 

Sie haben 2002 groß verkündet, die Kürzung für den Verein Exil wird nachgezahlt. Das hat nie stattgefunden! Auch eine stattdessen erfolgende verstärkte Projektsubventionierung war eine Falschmeldung. Denn ein Jahr darauf kürzte man die Jahressubvention gleich wieder um ein Drittel. Erst waren es 18 000, ein Jahr später nur mehr 14 000, auch die Projektförderung hat nicht zugenommen, und 2003 waren es überhaupt nur mehr 10 000. Man hat also die Jahressubvention von 18 000 auf 10 000 EUR gekürzt, und die Projektförderungen wurden nicht mehr, sondern haben auch abgenommen. - Soviel zu diesem Versprechen.

 

Es gab vor Jahren eine Strukturförderung für diesen Bereich - von der ist man abgekommen -, und es gibt jetzt hauptsächlich Projektförderungen. Was das bedeutet, will ich Ihnen auch kurz sagen. Zum Beispiel musste ein Verein, um eine Veranstaltungsreihe durchzuführen, 42 Projektanträge stellen und ausarbeiten. Das bedeutet Büroarbeit statt kreativer Arbeit und Zittern um den Bestand, statt sicher planen zu können.

 

Die Exilforschung und -kulturarbeit ist daher unter massivem Druck und somit auch oft, ich gebe es zu, etwas chaotisch. Es fehlt eine gesamtösterreichische Forschung, und es muss eine kontinuierliche Forschung geben. Die Exilforschung muss auch Eingang in die Schulbücher finden.

 

Wenn ich im Kulturbericht lese: "Die Stadt Wien hat in den letzten 20 Jahren umfangreiche Anstrengungen unternommen, nationalsozialistische Verbrechen in Wien und in Österreich zu thematisieren und zu diskutieren, entzogenes Eigentum zu restituieren" - was einmal erfolgt ist, das heißt nein, was öfter erfolgt ist, Entschuldigung! - "und vertrauensbildende Maßnahmen mit durch die Nazis vertriebenen Bürgerinnen und Bürgern zu setzen." Okay. "Die Erforschung von Verfolgung durch und Widerstand gegen den Nationalsozialismus, von Emigration und Rückkehr wurde und wird international beachtet" - das ist erfreulich, noch dazu, wo man so wenig hineininvestiert -, "von durch die Stadt Wien geförderten Institutionen geleistet, die damit eine für Wien und für Österreich wichtige Aufgabe bewältigen". Das klingt sehr schön.

 

Jetzt möchte ich nur sagen, auch wir haben eine Enquete zur Exilforschung und Exilkultur veranstaltet. Leider hat nur ein Beamter des Bundes den Weg zu uns gefunden, die Stadt Wien war bedauerlicherweise nicht vertreten - ist ja nicht nötig, ist uninteressant. Kürzlich hat eine Exilschriftstellerin eine Auszeichnung erhalten, das ist ein Zeichen. Ich spreche von Ruth Klüger. Allerdings geht auch das Bekanntwerden von Ruth Klügers Arbeit zum Teil auf eine intensive Vorbereitungsarbeit von Kulturvereinen zurück.

 

Ein kleiner Vergleich der Bewertung verschiedener Vereine: Der Verein Geschichte der Arbeiterbewegung, der Ihnen doch sehr nahe steht, bekommt 2003 eine Subvention von 36 100 EUR. Ich gönne es ihm, okay. Ein Exilkulturverein bekommt für seine Forschung 9 500 EUR! Ich glaube, das ist ein ziemlich großer Unterschied. (GR Dr Herbert Madejski: Wer bewertet das?) Sicherlich ist die Geschichte der Arbeiterbewegung für die SPÖ wichtiger als die Forschung für jüdische Kultur oder Exilkultur - was natürlich nur zum Teil stimmen sollte! Denn schauen Sie sich doch die Ausstellung "Wien, Stadt der Juden" an. Da dürften Sie eines Besseren belehrt sein, beziehungsweise Sie müssten es eigentlich wissen.

 

Nun bin ich beim Thema meines Antrags. Ich bin so unbescheiden und stelle jetzt einen Antrag auf Einrichtung einer Permanenzausstellung dieser Ausstellung von "Wien, Stadt der Juden", und zwar eine Ausstellung, die die Wissenschaft, die Forschung, die Kunst, die Kultur und die Wirtschaft, die von der jüdischen Bevölkerung für Wien geleistet wurden, deutlich zeigt, und zwar permanent und nicht in einer relativ kurzen Zeit - wenn auch länger als andere Ausstellungen - dargestellt wird. Ich möchte ein Museum - und ich sage hier ungern Museum, weil mir das zu endgültig ist als Museum; die Ausstellung muss lebendig bleiben, denn die Forschung ist hier noch nicht am Ende. Die muss weitergehen, und sie muss in diese Ausstellung einfließen. Hier wäre ein Ansatz, etwas lebendig zu erhalten, was durch die mörderische Nazi-Herrschaft unterbrochen und vernichtet worden ist.

 

Herr Bgm Häupl hat Prof Zelman versprochen, er wird sich dafür einsetzen - damals genannt "Haus der Geschichte", aber Prof Zelman hat nach einem Gespräch, das ich mit ihm hatte, genau so eine Ausstellung gemeint; das war im Palais Epstein versprochen. Palais

 

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