Gemeinderat,
44. Sitzung vom 29.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 95
hohen Kosten der Nachmittagsbetreuung oder der Kindergartenbetreuung, die für Kindertagesheime weit über 250 EUR liegen. Die Ermäßigungen von der Stadt sind nur unter gewissen Rahmenbedingungen zu erhalten und sind nicht zufriedenstellend. Für viele Eltern, für viele alleinerziehende Mütter ist es eine unüberwindbare Barriere, und noch dazu, nach Statistiken, halten 63 Prozent der Eltern diese Beiträge für überhöht.
Es ist eine dringende Forderung der ÖVP-Wien, eine
bessere Kinderbetreuung, um die Gleichstellung der Frauen überhaupt erst einmal
zu ermöglichen, einzuführen. Ich kenne die Varianten, ich möchte jetzt nicht
ausführlich darauf eingehen, die kostenlose Halbtagsbetreuung haben wir oft
genug gefordert, in Anlehnung an das Modell Niederösterreich, nach Studien
würden die meisten Mütter ohne Job gerne arbeiten, wenn sie ihr Kind gut
untergebracht wüssten, und das gebührenfreie letzte Kindergartenjahr.
Jetzt zitiere ich aus einem Artikel vom
"Spiegel" vom 5.1.04. Und, Frau Dr Vana, vielleicht ist es noch ganz
interessant für Sie, weil Sie sagen, der Bund setzt sich nur mehr für
Familienpolitik ein. Die Überschrift: "Wie schaffe ich das bloß?"
"Haben Frauen die Wahl, Karriere, Kind oder den Kompromiss? Häufig führt
diese Entscheidung, vor allem bei Akademikerinnen, zu einem Verzicht auf das
Kind, oder aber, es wird auf Karriere verzichtet."
Und vergessen wir nicht, nur als Anmerkung: Ein
Studienplatz, die Ausbildung zur Akademikerin, kostet 175 000 EUR.
Und es stellt sich außerdem die Frage, warum Karrierefrauen auf Familien
verzichten sollen.
Wenn ich Frankreich nehme, die skandinavischen
Länder, vor allem Schweden, die zeichnen sich durch eine Vereinbarkeitspolitik
aus. Kinderbetreuung ist in Frankreich Angelegenheit der öffentlichen Politik
und ein wichtiger Bereich der Familienpolitik und Frauenpolitik.
Wichtig für Frauen wäre eine Vereinbarkeit von
Familie und Beruf, die zugleich das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt der
Erziehung stellt. Und ich sage Ihnen was: Was nützen alle Handbücher, alle
Internetseiten und alle Führungskräftelehrgänge, die Frauen Mut machen, Karriere
zu machen, und dann stehen sie vor der persönlichen Entscheidung, entweder auf
Kind und Familie zu verzichten oder ihr Kind als Schlüsselkind mangelnd betreut
zu wissen. (Beifall bei der ÖVP.)
Dazu sage ich Ihnen ein paar Zahlen. Die
Versorgungsquote bei Kindertagesheimplätzen bei 1- bis 3-Jährigen ist im Moment
bei 57 Prozent. Von den 3- bis 6-Jährigen besuchen 70 Prozent eine
Kinderbetreuungseinrichtung und von den 1- bis 2-Jährigen 1,7 Prozent eine
Krippe.
Was ist eigentlich nach dem 6. Lebensjahr? Was
ist mit diesen Kindern am Nachmittag? (Zwischenruf der GRin Martina LUDWIG.)
Das ist richtig. Die Betreuung am Nachmittag gehört weiter intensiviert. Da
haben Sie vollkommen Recht. Wir sind einer Meinung, das freut mich. (Beifall
bei der ÖVP.)
Allerdings sprechen wir jetzt von Kindern nach dem
6. Lebensjahr. Deswegen ist ja meine Bitte, dass die Ressorts
zusammenarbeiten. Was tut man denn? Bei 273 Volksschulen gibt es nur an
36 Standorten eine ganztägige Betreuung. Das sind 13 Prozent. Und von
121 Hauptschulen bieten 33, das sind 27,5 Prozent, eine ganztägige
Betreuung an, im Vergleich zum Bund, wo von 90 Schulen 85 eine
Nachmittagsbetreuung anbieten. (GR Gerhard Pfeiffer: Hört! Hört!)
Ich sage Ihnen ganz klar: Die Frauenpolitik wird
nicht funktionieren, wenn für eine zeitgemäße Betreuung der Kinder nicht
gesorgt ist und wenn nicht dringend in Zusammenarbeit mit dem Frauenressort
hier zum Beispiel eine Bedarfsanalyse erstellt wird. (GRin Martina LUDWIG:
Da ist ja Ihre Partei verantwortlich dafür!) Entschuldigen Sie, wir reden
hier gerade über Volksschulen, über Hauptschulen, und ich sage Ihnen, der Bund
hat von 90 Schulen in 85 Nachmittagsbetreuung. Ich habe Ihnen die
Versorgungsquoten in Wien vorgelesen. Machen Sie mehr Nachmittagsbetreuung oder
fördern Sie private Einrichtungen, fördern Sie private Organisationen. (Beifall
bei der ÖVP. – GRin Martina LUDWIG: Zeigen Sie mir das Bundesland, wo es das
gibt!) Wir reden aber jetzt zufällig über Wien, und in Wien ist es nicht
ausreichend. (GRin Martina LUDWIG: Die Versorgungsquote ist in Wien sehr,
sehr hoch! Die finden Sie sonst nirgends!) Nein, das ist nicht richtig, ich
lese es Ihnen gerne ganz genau vor:
Die Versorgungsquote bei Kindertagesheimplätzen in
Wien liegt bei 1,5- bis 3-Jährigen im Moment lediglich bei 57 Prozent. (GRin
Mag Sonja Wehsely: Wie ist das in Österreich?) Wir reden aber über Wien.
Wenn Sie möchten, können wir eine Bundesdebatte hier starten, auch das können
Sie gerne haben. Aber ich dachte, wir machen jetzt vielleicht einmal vorerst
Wien. (Beifall bei der ÖVP. ) Auch wenn Sie hoch ist, ist sie nicht
ausreichend. Das stelle ich fest. (Zwischenruf des GR Harry Kopietz.) Das
ist nicht richtig. Es bekommt nicht jeder einen Platz, und die privaten Organisationen
werden auch nicht fair behandelt in diesem Rahmen.
Ich komme jetzt trotzdem zurück zu meinem Vorschlag,
eine Bedarfsanalyse zu machen, gemeinsam mit dem Frauenressort, da sich die
Lebensbedingungen von Familien europaweit verändert haben in der Form des
Zusammenlebens, der Ansprüche der Arbeitswelt und der zunehmenden
Erwerbstätigkeit von Müttern.
Ein paar Worte zur Frauenarbeitslosigkeit. Auch wir
sehen es als tragisch an, dass die Frauenarbeitslosigkeit im Steigen begriffen
ist mit einem Plus von 12,2 Prozent, und hoffen, dass hier dringend
Maßnahmen ergriffen werden, um diese dramatische Entwicklung einzudämmen. Und
es muss endlich aktiv betrieben werden und wahrscheinlich auch, oder ganz
sicher sogar, verstärkt in diesen Bereich investiert werden und endlich mit der
Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen begonnen werden.
Ich wende mich jetzt hier auch an die neue
Frauenstadträtin und wünsche ihr viel Erfolg bei der Umsetzung und freue mich
auf eine hoffentlich konstruktive Zusammenarbeit.
Zu meinem zweiten Themenbereich,
Integration,
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