Gemeinderat,
48. Sitzung vom 08.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 45
dann kann ich nur eine APA-Meldung der vergangenen Tage zitieren, die lautet: „Blaue Maulhelden werden wieder umfallen". – Ja, so ist es!
Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren von der
Sozialdemokratie: Wenn es so ist, dass der Finanzausgleich maßgeblich auch das
Schicksal Wiens und vor allem der Wiener Bevölkerung mitbestimmt, dann kann man
Ihnen einen Vorwurf nicht ersparen, und ich werde darauf im einzelnen eingehen.
Herr StR Rieder! Sie haben schlecht verhandelt! Es
hat wahrscheinlich - und das ist das Wesen der Situation, wenn man in
Verhandlungen drinnen steckt - für Sie Rahmenbedingungen gegeben, die Ihre
Ausgangsposition sehr geschwächt haben. Eine blau-schwarze Bundesregierung, die
in Wirklichkeit auf Wien hinhaut, das ist - da muss man sich nicht drum
herumschummeln - eine sehr, sehr schlechte Ausgangsbedingung.
Eine blau-schwarze Bundesregierung, die durch die
Steuerreform die Einnahmen vorsätzlich um jährlich rund
2 Milliarden EUR verknappt. Und dann sagen Sie, es ist ein großer
Erfolg - noch dazu, wo von den 2 Milliarden EUR Länder und Gemeinden,
jetzt über vier Jahre gesprochen, grob 500 Millionen EUR verlieren -,
dass Länder und Gemeinden 200 Millionen EUR zusätzlich erhalten? -
Ein Minus von 300 Millionen EUR jährlich!
Und wenn es nun so ist, dass Sie bereit sind, sich
vereinnahmen zu lassen, für die Sozialdemokratische Partei, die niemals am
Verhandlungstisch der Finanzausgleichsverhandlungen sitzt, eine Vollmacht
abzugeben, dann ist das ja schon absurd. (VBgm Dr Sepp Rieder: Wo ist die
Vollmacht?) Wenn plötzlich bei den Finanzausgleichsverhandlungen über
Sachen verhandelt wird wie Gebührenerhöhungen, Ambulanzgebührenerhöhungen,
Steuern, sehr geehrter Herr Stadtrat, warum verhandeln wir dann nicht
tatsächlich über Steuern im Finanzausgleich, sondern nur über das, was die
Bundesregierung vorgibt? Oder war es wirklich für Sie so, dass Sie der Meinung
waren, egal wie schlecht letztendlich das Ergebnis für Wien aussieht - und es
hätte durchaus sogar noch schlechter sein können -, aber Sie benötigen ein
Ergebnis? Es gibt bei Verhandlungen immer mehrere Optionen: Entweder man einigt
sich, oder man einigt sich nicht. Und wenn es von vornherein Ihre einzige Variante
ist, dass es zu einem Abschluss kommt, dann hat man schlechte Karten! Und
diesen Eindruck haben wir durchaus mit einer - sage ich einmal dazu – sehr,
sehr ambivalenten Haltung aufgenommen, weil es bedauerlich ist, wenn aus der
Landeshauptstadt Wien nicht mehr signalisiert werden kann: Es geht darum, einen
sinnvollen, interessanten Finanzausgleich und vor allem einen Finanzausgleich,
der die Bedürfnisse Wiens, der Wiener Bevölkerung befriedigen kann, zu
erreichen! Sondern: Es geht nur mehr darum, auf Biegen und Brechen
abzuschließen.
Und weil Sie gesagt haben: „Vereinnahmen" - Sie
haben selbst darauf hingewiesen, dass Klubobmann Molterer gesagt hat, die SPÖ
muss mit unterschreiben! Es steht ja auch drinnen: „Der einnahmenseitige Teil
des Gesundheitspaketes gilt unter der Voraussetzung als vereinbart, dass alle
drei im Verhandlungsteam vertretenen Parteien diese Maßnahmen mit einer
gemeinsamen Initiative im Bundesrat beantragen."
Ab diesem Zeitpunkt heißt das, man kann im
Finanzausgleich wirklich alles und jedes verhandeln! Und wenn dem so ist, Herr
Finanzstadtrat, frage ich Sie wirklich: Warum haben Sie nicht über die
Körperschaftssteuer verhandelt? Warum haben Sie nicht über den Anteil am
gesamten Steuervolumen verhandelt? Denn das, was Klubobmann Oxonitsch -
ich weiß nicht, ist er noch im Saal? Nein, (Ruf:
Ja!) ja?, wo ist er denn?, (GR
Christian Oxonitsch antwortet aus dem hinteren Bereich des Sitzungssaales.) ach, irgendwo da hinten - formuliert
hat, als er gesagt hat, wie Wien in Zukunft von der Steuerreform des Bundes
profitieren wird, das stimmt doch nicht! Es steht in der paktierten Unterlage
drinnen, dass es basierend auf dem Rechnungsabschluss 2004 zu einer
ertragsneutralen Umrechnung der Steuer kommt. Zu einer ertragsneutralen Umrechnung
- das steht in dem Pakt, den StR Rieder unterschrieben hat. Da steht drinnen:
Finanzausgleich allgemein, einheitlicher Schlüssel, ertragsneutrale Umrechnung
des Rechnungsabschlusses 2004. – Das heißt, ein Teil der Steuerreform hat
sich schon niedergeschlagen, und ein weiterer Teil wird sich noch
niederschlagen. Und das ist ja überhaupt die größte Illusion, die man bei
dieser Bundesregierung hegen kann: Dass das längerfristig zur Finanzierung
beiträgt. – Nein, überhaupt nicht! Das, was stimmt, ist: Wenn die
Bundesregierung das nächste Mal eine Steuer senkt, möglicherweise die
Mineralölsteuer das nächste Mal wieder senkt, hat Wien neuerlich einen
Einnahmenausfall, den es sonst nicht gehabt hätte! Also stellen Sie nicht dar,
dass eine ertragsneutrale Umrechung in irgendeiner Art und Weise eine
Sicherstellung für die Zukunft bedeutet! Ganz im Gegenteil: Diese Regierung hat
sich auf Kosten der Bevölkerung der Prämisse verschrieben, die Steuer- und
Abgabenquote unter 40 Prozent zu senken. Und mit dieser Ausdehnung auf
viele weitere Steuern und der ertragsneutralen Umrechnung bedeutet das nichts
anderes, als dass von jeder weiteren Steuersenkung dieser Regierung Wien
zusätzlich betroffen sein wird!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist wieder
ein Punkt, wo Sie sich über den Tisch ziehen haben lassen.
Jetzt kommen wir zu den Punkten im
einzelnen: 200 Millionen EUR mehr wurden dargestellt. Sie wissen, die
Verluste aus der Steuerreform für Länder und Gemeinden betragen in etwa
500 Millionen EUR. Das bedeutet nach wie vor
300 Millionen EUR Defizit und heißt nicht einmal - vergleichbar dem
gesamten Finanzausgleich -, dass Anteile aus diesem zusätzlichen Geld Wien
zugute kommen. Denn Sie wissen es wahrscheinlich genauso gut wie ich, Herr
Klubobmann, dass bei diesen zusätzlichen 100 Millionen EUR der Länder
diese nach der Volkszahl verteilt werden, und Sie wissen es wahrscheinlich so
gut wie ich, dass die den Städten und Gemeinden zustehenden Finanzmittel
zunächst einmal die Erhöhung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels für
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