Gemeinderat,
49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 123
GR Mag
Wolfgang Gerstl): Du zahlst
dann weniger zurück, als du dir ausgeborgt hast, obwohl das Ganze mit
4,75 Prozent verzinst werden muss. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Eine
Volksgarage!)
Wenn das
Wirtschaftskompetenz ist, dann weiß ich nicht! Sogar die Raiffeisenbank, die da
auch abgebildet ist, hat sich von dem Vorschlag distanziert. Aber gut, ich
möchte nicht sagen, dass das ein Armutszeugnis ist. Sie werden es vielleicht
wieder einmal machen, aber rechnen Sie genau! (Zwischenruf des GR Mag
Wolfgang Gerstl.)
Was mich
eigentlich bestärkt hat in dieser Haltung, dass die ÖVP nicht - so wie sie sagt
- die Wirtschaftskompetenz in dieser Stadt hat, war das, was ich nach der
letzten Klubtagung der Wiener ÖVP gehört habe, meine sehr verehrten Damen und
Herren. Ich glaube, die muss vor zwei Wochen gewesen sein. Da hörte ich im
Radio - ich hoffe, ich habe mich nicht verhört - groß angekündigt, sie will ein
Gegenprogramm zur Wiener Wirtschaftspolitik machen, und dieses soll irgendwann
im Mai, Juni 2005 vorgelegt werden. Wenn ich mich eine Wirtschaftspartei im
Bund und in Wien nenne, dann muss ich doch ein Gegenkonzept haben, da kann ich
nicht punktuelle Vorschläge vorlegen! (Zwischenruf des GR Gerhard Pfeiffer.)
Da muss ich dementsprechend arbeiten, rechtzeitig arbeiten, dann kann ich auch
kritisieren, und dann lege ich eben etwas vor. Aber nur kritisieren und gar
nichts vorlegen, das ist meines Erachtens ein bisschen wenig. (GR Johannes
Prochaska: ... macht es leichter!)
Ich möchte
Ihnen wirklich einen kollegialen Rat geben (GR Dr Matthias Tschirf: Das ist
aber nett!), der auch für Wien gut ist, so wie Kollege Tschirf heute gesagt
hat, dass wir uns am Bund ein Beispiel nehmen sollen. (GR Dr Matthias
Tschirf: Ja, das wäre gut!) Ich würde Ihnen nur raten: Nehmen Sie sich kein
Beispiel am Bund, meine sehr verehrten Damen und Herren, weil das wirklich eine
Bedrohung für Wien wäre! Denn das ist ein reines Kürzungs- und
Belastungsprogramm. (Zwischenruf des GR Mag Wolfgang Gerstl.) Das kommt
den Menschen in Wien überhaupt nicht zugute, und das lehnen sie auch ab, meine
sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Zum ersten
Punkt einen Vergleich: Wiener Budget - ich glaube, man braucht nicht mehr allzu
viel mit Zahlen zu spielen bei 9,4 Milliarden EUR, mit einem administrativen
Abgang von 19 Millionen, einem Defizit von 0,2 Prozent und einem
Maastricht-Überschuss von 170,7 Millionen EUR. Ich denke, diese
Ziele, diese Ergebnisse des Budgets können sich sehen lassen. Es ist kein
Kürzungsbudget, es ist ein Leistungsbudget, in dem es auch - das ist heute
ebenfalls schon gesagt worden - Einsparungen von zirka 250 Millionen in
der Verwaltung gibt, unter dem Motto: Sparen mit Effizienz, ohne
Einschränkungen des hochgradigen Leistungsangebotes der Stadt Wien! Jedoch sind
auch - und das muss man ebenfalls einmal sagen oder wiederholen -
Dienstleistungen vom Bund wie Fundamt, Passwesen, Meldewesen oder ein Teil der
Parkraumüberwachung übernommen worden. Hier zeigt Wien eine Effizienz in der
Verwaltung und auch in der Gestaltung vor.
Wenn wir schon
beim Vergleichen sind: Wir kennen die Schulden beim Bund, das ist heute auch
schon dargestellt worden. Ich glaube, der Herr Finanzstadtrat hat es schon
angesprochen, der Kollege Strobl hat es angesprochen. Dann gibt es so flotte
Sprüche wie: „Österreich braucht ein stabiles Budget", oder wie - ich
glaube, der Kollege Strobl hat es schon zitiert: „Die Schulden von heute sind
die Steuern von morgen", Regierungserklärung von Bundeskanzler Schüssel im
Jahr 2000. Oder: „Keine neuen Schulden mehr", und darauf ist immer großer
Wert gelegt worden. Da hat man sogar die Werbemaschinerie angeworfen: „Keine
neuen Schulden mehr - so nehmen wir unsere Verantwortung für unser Land und
unsere Bevölkerung wahr", Budgetrede 2001, Grasser, damals noch FPÖ-,
heute ÖVP-Minister.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Die Wahrheit sieht leider anders aus. Ich denke,
das erkennt man eindeutig an dieser Graphik hier, wie denn das
Schuldenverhalten war. Effektiv in Geldbeträgen: 13,7 Milliarden EUR
Neuschulden. (Der Redner hält ein Blatt in die Höhe, auf dem eine Graphik
dargestellt ist. - GR Dipl Ing Martin Margulies: Kann man das bitte auch zu uns
drehen?) 13,7 Milliarden EUR Neuschulden von Anfang 2000 bis Ende
2003 (GR Gerhard Pfeiffer - ein gelbes Taschenbuch in die Höhe haltend: Die
gelbe Karte! - GR Mag Wolfgang Gerstl: 1996 bis 2000!), und von 1996 bis
Ende 1999: 13,4 Milliarden EUR; ich lasse die zwei hinteren Stellen
noch weg. Da sieht man also schon einiges.
Nur so viel
zum Thema "Keine neuen Schulden mehr", meine sehr verehrten Damen und
Herren! Das stammt nicht aus einer Quelle der SPÖ oder aus einer Zeitung,
sondern das sagt der Staatsschuldenausschuss. Keine Erfindung, meine sehr
verehrten Damen und Herren!
Betrachten wir
das Budget 2005, das Maastricht-Defizit des Bundes, wie es heute angesprochen
worden ist, mit 1,9 Prozent. 2,3 - in Wahrheit haben wir die Erfahrung
gemacht, dass es meistens höher wird, gehen wir also davon aus, dass es bei
2,5 Prozent liegen wird. Die hochgejubelte Konjunktur wird auch nicht
anspringen, weil wenig gemacht wird. Dann werden wir wieder
6 Milliarden EUR an Neuschulden machen, weil vieles falsch
eingeschätzt wird, wie in der Vergangenheit.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Da macht der Vergleich wirklich sicher: Wien - das
ist auch schon dargestellt worden - mit einem Schuldenstand von
1,6 Milliarden EUR, gegenüber dem Bund mit 141 Milliarden EUR,
ich glaube, das spricht eine eindeutige Sprache. Und das, obwohl - das ist
heute noch nicht erwähnt worden - die schwarz-blaue Bundesregierung seit 2000
den Steuerzahlern 8 Milliarden EUR mehr an Steuern abgeknöpft hat,
meine sehr verehrten Damen und Herren! In Wahrheit können sie dort nicht
wirtschaften, und obwohl sie nicht wirtschaften können, leisten sie sich auch
noch einen gewissen Luxus in ihrer Amtsführung. Ich könnte Ihnen jetzt einige
Beispiele aufzählen, werde sie aber aus Zeitgründen weglassen.
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