Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 87
Eines möchte ich aber schon sagen, und dazu habe ich mir auch einige Textpassagen herausgesucht. Es ist eben nicht einfach Lobhudeln, sondern es ist genau so, dass hier auch kritisch analysiert wird, wo wir in der Gesellschaft überhaupt stehen und wo überhaupt unsere Handlungsspielräume als Stadt liegen. Hier ist zum Beispiel auch das Alleinstellungsmerkmal, die Unique Selling Position, der Stadt umrissen, weil sich daraus auch die Chancen ergeben. Das wirtschaftpolitische Leitbild zielt durch eine aktive Nutzung der Chancen bei gleichzeitiger Beachtung der sozialen Ausgewogenheit auf die Forcierung von Stärken, und damit soll eben auch die Wettbewerbsfähigkeit der Wiener Wirtschaft und zugleich das Ausmaß der Beschäftigung gesteigert werden. Im Zentrum steht die Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft.
Es geht dann seitenweise so weiter, und es werden hier
auch einige Projekte - sowohl angedachte Projekte als auch schon in Umsetzung
befindliche Projekte - genau formuliert und ausgeprägt, womit auch die
Strategie der Stadt ergreifbar, erfahrbar und letztendlich messbar wird. Dazu
stehen wir, und ich glaube, zu dem können wir ganz entspannt stehen, weil es
auch im Nachhinein beurteilbar und messbar ist.
Der zweite Bereich, der hier angesprochen worden ist:
Einkaufsstraßen versus Einkaufszentren. Da verstehe ich einerseits die ÖVP
überhaupt nicht, das sage ich ganz ehrlich. Ich frage mich eines - ich selbst
bin zur Wirtschaftskammerwahl nicht wahlberechtigt, bin da also kein
Ansprechpartner, aber ich frage mich schon, wie es die Mehrheitsfraktion in der
Wirtschaftskammer eigentlich schafft (Zwischenruf von GR Mag Alexander
Neuhuber), den ganzen Tag lang einem Teil ihrer Mitglieder eines vor den
Bug zu knallen, nämlich ihnen immer wieder zu sagen: Wir wollen euch nicht, wir
wollen nicht, dass ihr dort und dort ein Geschäft habt. - Das sind ja auch
alles Geschäftsleute, die die Einkaufszentren machen! Ich finde es sehr
interessant, wie das doch funktioniert, ohne dass die einmal sagen: Liebe
Wirtschaftskammer, seid ihr für uns nicht da? - Diese Frage wäre auch einmal zu
stellen, und die werden wir vermutlich auch irgendwann einmal der ÖVP stellen.
Gleichzeitig sage ich noch, ich finde es ein bisschen
frech, bei den Versäumnissen, die Sie als ÖVP eigentlich im Umland rund um Wien
gemacht haben - nämlich überhaupt keine Handlungsstrategie dafür zu haben (GR
Dkfm Dr Fritz Aichinger: Die SPÖ Niederösterreich ist jetzt dagegen!), dass
rund um Wien ein Einkaufszentrum nach dem anderen aus dem Boden gestampft
worden ist, unter Applaus eröffnet von ÖVP-Landesräten, -Landeshauptmännern und
-Bürgermeistern -, jetzt auf einmal daherzukommen und zu sagen: In Wien muss
das gemacht werden! Hätten Sie das rechtzeitig erkannt und es daheim in
Niederösterreich einmal getan, wo Sie Ihre politischen Mehrheiten und auch die
Umsetzungskraft haben, dann hätten Sie es schon längst tun können. Hier in Wien
jetzt davon zu reden, ist ein bisschen kurzsichtig! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte noch sagen, dass die Strategie der Stadt
in Bezug auf Einkaufszentren eine genau differenzierte Strategie ist und dass
man nicht sagt, so wie auch die Politik im täglichen Ausmaß ist, wir wollen
natürlich die Einkaufsstraßen erhalten, und es finden sich hier im
Strategieplan - weil es geheißen hat, es sind nur ganz wenige Zeilen -, ich
kann jetzt auch die Seiten nennen, wenn ich da kurz einmal durch den Dschungel
meiner Lesezeichen hindurchblättere: Nahversorgung ist zum Beispiel auf
Seite 137 und folgenden ausreichend analysiert und auch dargestellt. Hier
sage ich nur: „Die Urbanität und Nutzungsmischung in den dicht verbauten
Gründerzeitvierteln betrifft neben dem Wohnen vielfältige weitere
wirtschaftliche Funktionen."
Es geht dann noch weiter: „Wenn auch ein
beträchtlicher Teil der Geschäftsstraßen durch das geänderte Kaufverhalten -
den Trend zum Indoor-Shopping in Einkaufszentren, aber auch durch andere
Rahmenbedingungen - Bedeutungsverlust aufweist beziehungsweise durch
grundlegende Umstrukturierungen geprägt ist, soll den Geschäftsstraßen auch in
Zukunft - wenn auch teilweise in geänderter Form, zum Beispiel stärkerer
Themenspezialisierung in innerstädtischen Lagen, mehr lokaler
Versorgungsfunktion außerhalb des Gürtels - eine entscheidende Bedeutung zur
Erhaltung der Lebensqualität und Charakteristik in den Wiener Bezirken
zukommen." Dies kann durch koordinierte Vorgangsweise geschehen. Und dann
ist hier noch Genaueres angeführt, zum Beispiel, was man mit den Wiener Märkten
vorhat, und alle diese Dinge. Es wird weiters in Untergruppen unterteilt, um zu
zeigen, wie es in diesem Bereich weitergehen soll. Daher kann man hier, glaube
ich, auf keinen Fall sagen, dass man in diesen Fragen einfach wegschaut.
Ich möchte zum Schluss kommen, weil in dieser
Diskussion ohnehin schon genug gesagt worden ist. - Es ist ein Strategieplan,
der die Analyse des Zustands, der Handlungsspielräume und der Möglichkeiten
festlegt und auch gleich darlegt, wo die Stadt hin will und wie sie diese
Handlungsmöglichkeiten nutzen will. Es ist kein Planungsdokument im klassischen
Sinne, im stadtplanerischen Sinne. Denn wir befinden uns ja auch in der
Diskussion zum Stadtentwicklungsplan, welcher dann die räumliche planerische
Umsetzung dieser Leitideen des Strategieplans sein wird. In diesem Sinne ist es
notwendig, diese Diskussion über den Strategieplan in die Diskussion über den
Stadtentwicklungsplan hinein zu transferieren und dort weiterzuführen, weil
dort auch die räumliche Ausbildung getroffen wird. Er ist derzeit ebenfalls in
Diskussion, daher halte ich auch nichts davon, jetzt schon Anträge zu
beschließen, die ganz genaue Detailpräzisierungen für den Stadtentwicklungsplan
festlegen, weil wir ja hier auch erst am Beginn der Diskussion stehen. Aber
dort wird letztendlich auch die räumliche Ausformulierung der Strategien
enthalten sein.
Abschließend: Es ist ein Dokument,
das nicht nur heute hier beschlossen werden soll, und dann stellen wir alle es
in unsere Bücherschränke, freuen uns darüber und sagen, es ist ja nur ein
SPÖ-Modell - was übrigens nirgends hier im Haus als Vorwurf zu verstehen ist,
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