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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 01.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 64

 

erteile es ihr.

 

GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Da mich und sicher auch Sie immer wieder viele Eltern anrufen, um darauf hinzuweisen, was sich an den Pflichtschulen Wiens derzeit abspielt, möchte ich gerne diese zwei Geschäftsstücke dazu nutzen, das kurz auch zusammenfassend darzustellen. Es wird keine lange Rede, sondern eher eine Auflistung dessen sein, wovon ich glaube, da werden so viele Probleme erzeugt, die man irgendwann einmal wieder lösen muss.

 

Ich habe heute schon mit dem Herrn Bürgermeister ein Gespräch zu diesem Thema geführt. Ich weiß, ich tue das oft, aber das muss auch so sein, weil ja alle Gemeinderätinnen und Gemeinderäte diese Probleme kennen sollen und nicht nur jene, die sich ausschließlich oder im Speziellen mit Bildung beschäftigen.

 

Ich rekapituliere daher: Die Wiener Landesregierung hat im Juni 2005 festgehalten, dass in Wien 792 Planstellen fehlen. Das ist also nicht meine Erfindung, sondern das ist das, was der Stadtschulrat errechnet hat, was die Landesregierung aufgegriffen hat und was der Bürgermeister seither sagt.

 

Ich halte fest: Es geht um 70 Planstellen, die man meint zu brauchen, weil ja nicht alle Schülerinnen und Schüler mit dem 1. September bei Schulbeginn da sind, sondern erst im Laufe der Zeit dazukommen und mehr werden. Es geht um 493 Planstellen für den sozialpädagogischen Förderbedarf, also für Kinder mit Behinderungen oder weil sie in irgendeiner Art auffällig, verhaltensauffällig oder sonst was sind. Es geht um 229 Planstellen, die man braucht, um das ganztägige Angebot abzudecken.

 

Bitte, alles nicht meine Erfindung. Weder der Bedarf, der aufgezeigt wird, noch die Zahlen, die da genannt werden. Das ist das, was der Bürgermeister sagt, und das ist das, was Sie sagen und was der Stadtschulrat da zur Kenntnis bringt. Das sind 792 Planstellen. Das ist einmal das eine. Da sind wir bei den Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache noch nicht einmal angelangt.

 

Wenn man dann noch die 168 dazu nimmt, die der Bürgermeister nennt, die man für die Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache braucht – wobei ich der Meinung bin, man braucht viel mehr, aber gut, sagen wir einmal 168 –, dann sind wir bei insgesamt 960 Lehrerinnen und Lehrern, die zusätzlich gebraucht werden. Und da habe ich die muttersprachlichen Lehrer nicht dabei, da habe ich noch nicht bedacht, dass die unverbindlichen Übungen auch wieder alle angeboten werden sollen, dass es auch einen individuellen Förderbedarf gibt und so weiter und so fort.

 

Meine Damen und Herren! Vielleicht können sich einige von Ihnen erinnern, wie viele Planstellen 1999 und dann im Verlauf der vier Jahre weggekürzt wurden. Es waren rund 1 400. Und jetzt wird im Grunde genommen ein ähnlich hoher Bedarf erneut festgestellt. Da fragt man sich dann aber schon, wie Wien dazukommt, einen Finanzausgleich zu unterschreiben, der zuerst die 1 400 wegkürzt und wo man dann zwei Jahre oder drei Jahre später draufkommt, zumindest 1 000 werden wir wieder brauchen.

 

Mein Appell an die Stadt: Derartige Finanzausgleiche dürfen nicht unterschrieben werden. Und mein weiterer Appell an die Stadt ist, sich darum zu kümmern, dass dieses Problem gelöst wird und die Planstellen wieder herkommen.

 

Ich habe versprochen, dass ich es kurz halten werde. Deswegen streife ich die anderen Probleme im Grunde nur. Problem unverbindliche Übungen und die Tatsache, dass diese unverbindlichen Übungen gestrichen wurden. Ich bin mir nicht sicher, ob Ihnen allen klar ist, was es bedeutet, dass ungefähr die Hälfte der unverbindlichen Übungen seit 1999 weggestrichen wurde, wenn man den Aussagen des Stadtschulrates und der Fachleute glaubt. Ich nehme das einmal an, dass das ungefähr die Hälfte ist. Die einzelnen Schulstandorte bestätigen auch, es handelt sich in etwa um die Hälfte. Einige von Ihnen wissen es wahrscheinlich, was die Folgen sind. Es gibt jetzt an vielen Schulen neben den unentgeltlichen Angeboten eben auch entgeltliche Freizeitangebote, und ich weiß es und Sie wissen es, dass sich die entgeltlichen Angebote nicht alle leisten können.

 

Das heißt, wir haben mittlerweile im Nachmittagsbetrieb der Schulen ein Zweiklassensystem eingeführt, ohne dass sich im Augenblick jemand darum kümmert. Ich sehe niemanden, der in der Position ist – und das ist nun einmal die SPÖ – und der sagt, das können wir nicht zulassen, da muss es Reformen geben, da müssen Mittel eingesetzt werden, damit die Schülerinnen und Schüler wieder gleich behandelt werden.

 

Ich führe ein letztes Problem ebenfalls an dieser Stelle an, weil mich da besonders viele Elternanrufe erreichen, und ich nehme an, zumindest den Herrn GR Vettermann auch, das ist die KMS, die kooperative Mittelschule, die so was von sagenhaft nicht funktioniert und wo bei einer Sache, wo man meinte, Gutes zu tun, ein derartiger Unsinn herausgekommen ist, dass man jetzt damit konfrontiert ist, sagen zu müssen, auch da müssen Reformansätze kommen und auch da muss sich etwas ändern.

 

Ich will es dabei belassen, denn ich denke mir, der Mangel an LehrerInnen, die Kürzungen bei den unverbindlichen Übungen und die kooperative Mittelschule, allein das wären schon drei Probleme, die uns so ausführlich, so ausgiebig beschäftigen könnten, wollte man sich damit beschäftigen, dass das reicht für eine Rede.

 

Ich mache darauf aufmerksam – und ich mache das seit dem Jahr 2000 –: Wir schlittern da sehenden Auges in ein Debakel hinein, das sich in wenigen Jahren für alle sichtbar manifestieren wird. Alle in Wien werden sehen können, dass hier mutwillig ein Problem erzeugt wurde, mutwillig auf dem Rücken der Kinder gespart wurde, mutwillig auf dem Rücken der Eltern gespart wurde und dass derartige Sparprogramme im Grunde genommen nichts anderes tun, als Folgekosten zu verursachen und Folgeprobleme zu verursachen, denen man sich besser heute widmen sollte als in einigen Jahren. – Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

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