Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 105
PISA-Studie überhaupt nicht mehr darstellen und
interpretieren, als das mein Vorredner gemacht hat. Ich sage nur ganz wenig zu
den Ergebnissen. Tatsache ist, dass nahezu alle Länder, die besser als
Österreich abgeschnitten haben, über Gesamtschulen verfügen. Es gibt nämlich in
der EU kaum Länder, die keine Gesamtschule haben. In Österreich gibt es keine
und in Deutschland gibt es keine, aber darüber hinaus haben sich die meisten
auf eine Gesamtschule verständigt. Die Länder, die eine Gesamtschule haben, und
sich darüber hinaus dazu gefunden haben, die individuelle Förderung ganz groß
auf ihre Fahnen zu heften, haben einen enormen Vorteil und deren Kinder
schneiden auch besser ab als jene in Österreich. Ich glaube, das war wichtig,
dass es auch festgehalten wird, damit nach einer derartigen Rede dann im
Protokoll auch die Antwort darauf folgt. (GR
Dr Herbert Madejski: Sind Sie in der Regierung?)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte
jetzt doch darauf hinweisen, dass es das Sparprogramm ist, das in Österreich so
große Probleme an den Schulen verursacht. Wir haben dieses Sparprogramm seit
September 2000 und wir wissen, dass bei den nächsten PISA-Ergebnissen
leider zu erwarten ist, dass sich das Sparprogramm, die Kürzungen negativ
auswirken werden.
Ich fasse es noch einmal ganz knapp zusammen, was
passiert ist: Seit dem September 2000 wurde an Wiens Pflichtschulen in
einem Ausmaß gekürzt, sodass in etwa 1 400 Lehrerinnen und Lehrer
Dienstposten eingebüßt haben. Das ist eine Sparmaßnahme im Ausmaß von etwa
14,5 Prozent. Wir wissen, dass wir so nicht weiterarbeiten werden können.
Wir wissen, und auch davor darf man die Augen nicht verschließen, dass es tatsächlich
auch im Bereich der Maßnahmen für die Kinder mit deutscher Muttersprache
zuwenig Angebote gibt, denn auch diese Angebote wurden drastisch zurückgenommen
und drastisch gekürzt. Aber man muss sich schon fragen, wer faktisch die
Verursacher dieser Kürzungsmaßnahmen sind. Auch das muss man beim Namen nennen.
Es sind die beiden Regierungsparteien, die sich offensichtlich darauf
zusammengefunden haben, in diesem Ausmaß bei den Schulen zu kürzen. Umso
wahnwitziger wird dann die Rede meines Vorgängers, wenn man sich das vor Augen
hält, nämlich zuerst alles wegzukürzen und dann zu sagen, jetzt ist es schlecht
und die anderen sind schuld. Das geht nicht! (GR Dr Herbert Madejski: Ich würde zum Budget der SPÖ reden, nicht zu
Ihrem Vorredner! Sind Sie in Opposition oder in der Regierung? Was sind Sie?)
Meine Damen und Herren, ich bin die Letzte, die die
SPÖ verschont (GR Dr Herbert Madejski:
Also bitte!), denn ich füge an dieser Stelle immer hinzu, dass die SPÖ im
Finanzausgleich diesen Kürzungen leider zugestimmt hat. Beim ersten Mal konnte
es als Ausrutscher qualifiziert werden oder konnte man sagen, man war nicht gut
vorbereitet oder wurde über den Tisch gezogen, ich weiß nicht, was. Aber beim
zweiten Mal geht das natürlich nicht mehr. Auch ein zweites Mal wurde dem
Finanzausgleich in dieser Art und Weise zugestimmt.
Wenn der Herr Baxant, dem ich auch zu seiner Erstrede
gratulieren möchte, gesagt hat: „Wien schaut hin, wo andere wegschauen!",
so ist das in dem Fall, im Bildungsbereich, leider nicht so. Da schaut Wien
weg, wo man ganz dringend hinschauen müsste und wo ganz dringend etwas anderes,
was wir hier und heute demonstriert und eingefordert haben, nämlich das, was
man als jung, frech und innovativ bezeichnen kann, dem Bildungsbereich und dem
Schulbereich fehlt. Da gibt es noch sehr viel zu tun.
Ich möchte gerne einige wenige Folgen dieser
Kürzungen noch benennen, die nicht nur im Bereich der Kinder mit nichtdeutscher
Muttersprache erfolgt sind. Es werden alle Schülerinnen und Schüler von den
Kürzungen getroffen, denn sie sitzen nun in Klassen mit viel mehr Schülerinnen
und Schülern. Das heißt, gespart wird auf dem Rücken aller Kinder. Alle Kinder
kommen da in den negativen Genuss von diesen Sparmaßnahmen.
Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, es
tut mir Leid, was ich an dieser Stelle auch in Ihre Richtung sagen muss. (GR Dr Herbert Madejski: Das tut Ihnen
Leid?) - Ja, das tut mir echt Leid (GR
Dr Herbert Madejski: Das glaube ich Ihnen eh!), weil die Sozialdemokratie
in den Augen der Menschen immer noch für soziale Gerechtigkeit steht. Ich
glaube, dass es viele von Ihnen wirklich ernst nehmen, aber im Schulbereich
muss man hinzufügen, dass diese Sparmaßnahmen nicht nur alle Kinder, sondern
die Kinder aus einkommensschwachen Elternhäusern doppelt und dreifach treffen,
einfach deswegen, weil die Eltern aus der eigenen Brieftasche heraus nicht
alles ausgleichen können, was in der Schule weggespart wurde.
Nur ein Beispiel: Bei den
unverbindlichen Übungen wurde ebenfalls rund die Hälfte weggekürzt, das heißt,
die Angebote im Bereich Freizeit, im Bereich Sport, im Bereich Musik, Kunst,
Theater und so weiter und so fort, also eigentlich all das, was den
Schülerinnen und Schülern den meisten Spaß gemacht hat; wenn man da um die
Hälfte kürzt, dann weiß man auch, was passiert, und das ist sozial ungerecht,
nämlich die Kinder mit Eltern, die es sich leisten können, werden die Angebote
von woanders bekommen und die Kinder, deren Eltern es sich nicht leisten
können, haben eben genau diese Angebote nicht. Die haben keine Theaterangebote,
keine Musikangebote, keine Sportangebote. Ich denke mir, das müssen wir alle
gemeinsam bedauern und da muss man Maßnahmen setzen, um diese Angebote wieder
zurückzuholen.
Das heißt, die GRÜNEN
fordern ganz expliziert ein, dass die Sparmaßnahmen im Schulbereich
zurückgenommen werden, dass alle 1 400 LehrerInnendienstposten wieder
nach Wien zurückgeholt werden und dass man tatsächlich versucht, auch eine
sozial gerechte Schule zu gestalten.
Wie
Sie wissen, bestand eines der Ergebnisse von PISA, das am deutlichsten in der
Erinnerung haftet, in der Tatsache, dass wir feststellen mussten, dass leider
auch Bildungsbenachteiligung sozusagen erblich ist. Die
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