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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 13.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 80

 

schönen Land wohnen mussten, bis heute wohnen müssten, und für diejenigen unter uns, die es nicht wissen wollten oder nicht wissen, möchte ich ein paar Zeilen und Sätze zitieren zur Situation der Migranten und Migrantinnen, der Arbeitsmigranten und -migrantinnen, der so genannten Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen, die nunmehr seit über 40 Jahren in diesem Land leben. Die Sätze stammen aus dem Katalog der Ausstellung "Gastarbeiterie", die letztes Jahr in Wien im Wien-Museum stattgefunden hat.

 

Kapitel Wohnen, Teilabbruch und Neubesiedelung mit Gastarbeiterfamilien: Teile der um 1880 gebauten Arbeitersiedlung Walddörfl in Ternitz wurden auf Grund der unhygienischen und mangelhaften Infrastruktur zwischen 1977 und 1979 niedergerissen. Noch im selben Jahr besiedelte die Firma Schöller-Bleckmann die restlichen zehn Wohnblöcke mit ihren “Gastarbeiterfamilien“. Somit war das Verschwinden von einem Stück Geschichte aus der Arbeiterbevölkerung von Ternitz nur ein vermeintliches. Die Wohnsituation der bei Schöller-Bleckmann beschäftigten Arbeitsmigranten vor und nach Walddörfl ist exemplarisch für die Entwicklung der Wohnsituation der MigrantInnen allgemein.

 

Und zu einem anderen MigrantInnenquartier: Die Gastarbeiter von Schöller-Bleckmann wurden von 1970 bis 1973 in den Arbeiterwohnhäusern Wimpelinsel in Ternitz und anschließend in Wohnungen in Wimpassing einquartiert. Vier bis fünf Personen lebten hier in 20 m²-Räumen. Ich wiederhole für die, die es nicht gehört haben: Vier bis fünf Personen lebten hier in 20 m²-Räumen.

 

Nach dem Teilabbruch der Walddörfl-Häuser im Jahr 1979 wurden sie in die restlichen Arbeiterwohnhäuser vermittelt. Die Wohnungen bestanden meist aus Zimmer-Küche, ohne Wasser und ohne Bademöglichkeit und wurden mitunter von sechsköpfigen Familien bewohnt. Die Klosetts waren bis zu 50 m entfernt.

 

Herr Kollege Stürzenbecher hat in seiner Rede einen schönen Satz gesagt, nämlich, Zitat: Wohnbauförderungsmittel kommen vom Steuerzahler. Ich ergänze, natürlich auch von der Steuerzahlerin und dieser so genannte Steuerzahler und die Steuerzahlerin, das sind durchaus auch Menschen, die hier leben, die sich hier niedergelassen haben und die vor über 40 Jahren als Arbeitskräfte angeworben wurden. Und genau dort liegt auch das Problem, dass nämlich die Wiener SPÖ es schafft, in einer Rede, wo sie ihre eigene Wohnbaupolitik in höchsten Tönen lobt, gleichzeitig zuzugeben und zu sagen, ja, die Wohnbaufördermittel kommen von den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen. Und zu denen gehören bekanntlich Menschen, die hier leben, egal welcher Abstammung sie sind und welche Staatsbürgerschaft sie haben.

 

Und was die Wiener SPÖ seit über 40 Jahren leider verabsäumt hat, bis zum heutigen Tage, ist, die geförderten Wohnungen für alle Menschen zu öffnen, die zu ihrer Finanzierung beitragen. Und das sind - unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft - auch Migranten und Migrantinnen, die in Wien leben. Das wird aber nicht so bleiben. Nicht, weil die Wiener SPÖ umgedacht hätte, nicht, weil sie zu der Erkenntnis gelangt wäre, dass die Diskriminierung eines Teils der Bevölkerung, die in Wien immerhin ungefähr 19 Prozent ausmacht - nämlich ausländische Staatsbürger, die ganz legal hier leben -, sich sozusagen nicht geziemt, dass damit ein Ende sein sollte, und dass der geförderte Wohnbau geöffnet werden sollte. Zu dieser Einsicht ist die Wiener SPÖ aber noch nicht gelangt.

 

Und zur so genannten sanften Öffnung der Gemeindebauten in Wien möchte ich kurz erklären, was daran so sanft sein soll, beziehungsweise was daran eine Öffnung überhaupt sein soll. Vor einigen Jahren wurde nämlich damit begonnen, die so genannten Notfallswohnungen auch Menschen zu geben, die nicht österreichische Staatsbürger oder Nicht-EU-Staatsbürger sind. Diese so genannten Notfallswohnungen - die unter die Kategorie sanfte Öffnung und vernünftige Öffnung des Wiener Gemeindebaues abgehandelt werden - machen weniger als ein Prozent des Wiener Gemeindebaubestandes aus, weniger als ein Prozent.

 

Und ich glaube, da ist das Wort sanft eigentlich ein ziemlicher Euphemismus. Da sollte man eigentlich zugeben, dass man die Gemeindebauten nicht geöffnet hat, denn weniger als ein Prozent für Menschen, die mit ihren Steuern und Abgaben wesentlich zum Bau dieser Gemeindebauten beigetragen haben und weiterhin beitragen, das würde ich zumindest nicht als Öffnung bezeichnen, ob sanft oder unsanft. (GR Dr Herbert Madejski: Das ist ein Gesetz, der Steuerzahler zahlt alles!)

 

Der Steuerzahler, die Steuerzahlerin ist, wie gesagt, jemand, der oder die in Wien lebt. Steuer zahlt man noch nicht nach dem Reisepass, sonst würden nämlich viele Menschen, die in Wien leben, gar keine Steuern zahlen, ungefähr 19 Prozent der Bevölkerung. (GR Dr Herbert Madejski: Unter der Wohnbauförderung zahlt er alles!) Ich glaube, das hätten Sie gerne, dass Migranten und Migrantinnen keine Ahnung haben, aber wenn ich einer Partei angehöre, die mit rassistischen Argumenten zwischen echten Wienern und nicht echten Wienern unterscheidet, hätte ich eigentlich nicht den Mumm, sozusagen hier auch noch dazwischen zu reden und eine Rede zu stören. Danke vielmals. (Beifall bei den GRÜNEN. – GR Dr Herbert Madejski zu GR Dipl Ing Martin Margulies: Wenn du es besser weißt, komm heraus!) Was wir uns nämlich seit gestern von Ihrer Partei an Aussagen anhören müssen, das übersteigt die menschliche Kraft, weil irgendwo sind auch Grenzen zu setzen, und die sind auch hier im Wiener Gemeinderat zu setzen. Und wir werden keinem Rassismus, und auch nicht dem von Ihnen, erlauben, sich hier breit zu machen, weder im Gemeinderat noch in Wien. (Beifall bei den GRÜNEN. – GR Dr Herbert Madejski: Das kommt nicht auf Sie an! - GR Kurt-Bodo Blind: Wir werden noch darauf zurückkommen! – GR Mag Rüdiger Maresch vom Platz des Schriftführers aus: Das ist ja Faschismus, was Sie sagen!)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl (unterbrechend): Frau Mag Korun ist am Wort und ich bitte, sie jetzt ausreden zu lassen.

 

GRin Mag Alev Korun (fortsetzend): Viele von uns

 

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