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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 13.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 23 von 80

 

nach Blickwinkel, das Glas halbvoll oder halbleer sehen. Wir sind in Opposition, sehen es natürlich halbleer und sagen, wenn vier von zehn Frauen Wien nicht als frauenfreundliche Stadt bezeichnen, ist es ein Alarmsignal und ist viel zu tun.

 

Ich möchte mich in meiner Rede heute auf drei Aspekte des Voranschlags 2006 konzentrieren. Das für die GRÜNEN drängendste Problem der Frauen in Wien ist die dramatische Situation am Arbeitsmarkt und das zunehmende Armutsrisiko, insbesondere für alleinerziehende Frauen. Dazu haben die GRÜNEN morgen eine Aktuelle Stunde mit dem Titel "Alarmstufe rot für Frauen am Wiener Arbeitsmarkt" eingebracht. Das heißt, ich werde heute nicht darauf eingehen, sondern mich auf drei Punkte im Voranschlag konzentrieren, die uns wichtig sind.

 

Zunächst ein Punkt, den ich zweimal im Jahr, einmal im Rahmen der Budgetwoche und einmal im Jahr im Rahmen der Rechnungsabschlusswoche, wiederholt kritisiere: Das ist die niedrige Dotierung der MA 57, die aus Sicht der GRÜNEN unzureichende Dotierung der MA 57. Frauenförderung und Koordinierung von Frauenangelegenheiten ist der Stadt Wien immerhin ein Budget von 0,7 Promille des Gesamtbudgets wert. Das heißt, nicht einmal ein Prozent des Gesamtbudgets wird für Frauenförderung und Koordinierung von Frauenangelegenheiten aufgewendet. Das ist zu wenig, insbesondere deshalb, weil von diesem geringen Budget, also nur 7 Millionen EUR, 53 Prozent für die vier Frauenhäuser in Wien gebunden sind und weitere 23 Prozent der Mittel für die Subventionen und Unterstützung für Frauenvereine gebunden sind, die wir gut und wichtig finden, wir unterstützen das, haben auch jahrelang die Dreijahresverträge für Frauenvereine gefordert, die es für viele Frauenvereine mittlerweile gibt, trotzdem bleibt ein sehr geringer Handlungsspielraum der MA 57 für Innovatives, für Neues, für Experimentelles in der Frauenpolitik, wie es andere europäische Städte auch tun.

 

Wir denken, dass es höchste Zeit ist, das Budget der MA 57 für Frauenförderung und Koordinierung von Frauenangelegenheiten zu erhöhen, um zum Beispiel auch neue Dinge zu ermöglichen, wie, ich sage jetzt nur exemplarisch einige Dinge, die die GRÜNEN wiederholt fordern, eine Expertinnendatenbank nach norwegischem Vorbild, die Erstellung eines Frauenarbeitsberichts, eine langfristig abgesicherte Beratungsstelle für Sexarbeiterinnen oder auch experimentelle Akzente in der frauenspezifischen Arbeitsmarktpolitik zu setzen. Das alles wäre möglich, wenn das Budget der MA 57 eine Erhöhung finden würde. Gerade weil StR Rieder gestern zu Recht, ich unterstütze das, angesprochen hat, wie wichtig angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktlage geschlechtsspezifische Maßnahmen für Frauen sind, weisen die GRÜNEN auch heuer wieder darauf hin, dass das auch eine Frage des Budgets und des Geldes und der Ressourcen ist und deshalb nicht einmal ein Prozent des Gesamtbudgets für Frauenförderung eigentlich läppisch ist.

 

Ich weiß, dass Sie sofort erwidern werden, Frauenförderung ist nicht allein Angelegenheit der MA 57, sondern selbstverständlich Angelegenheit aller Ressorts in diesem Haus. Ja, das glauben wir auch. Das wünschen wir uns auch. Darauf haben die GRÜNEN auch wiederholt hingewiesen. Allein, so lange es kein spezifisches Budget für Frauenförderung in allen Ressorts gibt, so lange trägt die Hauptverantwortung für Frauenförderung die MA 57, die sehr engagiert, also mit großem Engagement, sehr viele gute Projekte macht, aber eben noch mehr im Interesse der Frauen tun könnte. Das ist auch ein Grund, weshalb wir diesen Voranschlag 2006 ablehnen, weil sich auch hier zeigt, was sich generell im Wiener Budget zeigt, nämlich dass es von Jahr zu Jahr einfach fortgeschrieben wird, ohne Innovatives, ohne Neues und ohne Experimentelles.

 

Was ich sehr positiv erwähnen möchte, ist der neue Ansatz im Voranschlag 2006, dem auch ein eigenes Kapitel gewidmet ist, das Gender Budgeting, das auch wiederholt von den GRÜNEN gefordert wurde und experimentell in anderen europäischen Städten bereits in Ansätzen umgesetzt wird. Wie auch StR Rieder zugegeben hat, ist das, was heuer vorgelegt wird, natürlich nur ein erster Schritt, der zur Bewusstseinsbildung sicher sehr wichtig ist, auch in den einzelnen Ressorts, in den einzelnen Geschäftsgruppen, die beauftragt waren, die frauen- und männerspezifischen Maßnahmen darzustellen, herauszuarbeiten, auch Empfehlungen auszuarbeiten. Aber so wie auch Rom nicht an einem Tag erbaut wurde, ist natürlich die Umsetzung von Gender Budgeting ein langfristiges Projekt, insbesondere wenn alle Ressorts betroffen sein sollen.

 

In anderen Städten macht man das zum Teil anders. Man nimmt sich einzelne Ressorts heraus. Ich begrüße ausdrücklich, dass Wien diesen Weg nicht geht, sondern wirklich alle Ressorts verpflichtet, beim Gender Budgeting mitzumachen, aber es fehlt eben noch einiges für ein echtes Gender Budgeting. Uns GRÜNEN fehlt zum Beispiel, dass der Budgeterstellungsprozess als solcher nicht in das Gender Budgeting einbezogen wurde, wie es eigentlich nach den wissenschaftlichen Vorgaben des Gender Budgetings sein sollte, dass man sich anschaut, wer denn eigentlich in diesem Haus Budgets erstellt, und eben dieser Budgeterstellungsprozess aus dem jetzigen Ansatz vollkommen ausgeklammert ist. Es fehlen uns klare Zielvorgaben, auch klare politische Zielvorgaben, sowohl auf Ebene der Stadt Wien, zum Beispiel, dass man das Ziel eines geschlechtergerechten Budgets in der Stadtverfassung verankert, als auch klare Zielvorgaben für die einzelnen Geschäftsgruppen, mit welchem Ziel sie eigentlich diesen, ich nenne es einmal immensen Datenerfassungsprozess, der jetzt stattfindet, machen. Denn uns fehlt zum Beispiel die Festschreibung des Ziels, mit diesen Daten dann auch etwas in ferner Hinsicht anzufangen, dass man sagt: „Ja, wir wünschen uns eine Umverteilung der Budgetmittel zu Gunsten des unterrepräsentierten Geschlechts." Diese Zielvorgaben fehlen uns völlig. Hier wird, sage ich einmal ein bisschen polemisch, ein bisschen übertrieben, ins Blaue hineingearbeitet, ohne zu wissen, was das Ziel dieser

 

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