Gemeinderat,
3. Sitzung vom 13.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 80
selbst verantwortlich ist, und daher haben wir diese
Entscheidung auch mit einer breiten Mehrheit hier getroffen.
Dass es um Qualität in der Integration geht, ist ein
ganz wichtiger und ganz richtiger Punkt. Sie kommen jetzt, wie man in Wien
sagt, ein bisschen wahrscheinlich auch wie die Jungfrau zum Kind, aber, Frau
Ekici, Sie müssen sich als Vertreterin der ÖVP schon gefallen lassen, dass ich
Ihre Aussagen kritisiere. Denn wenn Sie von Qualität in der Integration
sprechen, muss Ihnen bewusst sein, dass Ihre Partei es ist, die das bis 1999
äußerst erfolgreiche und auch funktionierende Modell der Begleitlehrerinnen und
Begleitlehrer massiv gekürzt und zerstört hat.
Ihre Partei, nämlich die ÖVP-Wien, ist es, die es
unmöglich gemacht hat, dass am 23. Oktober des heurigen Jahres erstmals
Menschen mit Migrationshintergrund, AusländerInnen, hätten wählen dürfen, denn
dieses Gesetz wurde von den Grünen
und von der SPÖ im Wiener Landtag beschlossen. (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.)
Ihre Partei, Frau Kollegin
Ekici, ist es, die ein Staatsbürgerschaftsgesetz verabschiedet hat, das zum
derzeit schärfsten Staatsbürgerschaftsgesetz, das bereits in Geltung ist,
weitere Hürden aufbaut und absolut integrationsbehindernd ist. Das hat Name und
Adresse, und das ist die ÖVP. Daher würde ich Sie bitten, dass Sie sich
zunächst einmal mit Ihrer Partei beschäftigen. (Beifall bei der SPÖ und den
GRÜNEN.)
Zum Kollegen von der
Freiheitlichen Partei, zum Kollegen Lasar, möchte ich zunächst sagen – ich weiß
nicht, ob er jetzt da ist, er ist nicht da, glaube ich, vielleicht können Sie
ihm nur etwas ausrichten (GR Dr Herbert Madejski: Ich werde es ihm
ausrichten!) –, dass wir als MA 17 oder auch als Stadt Wien mit
Diversion gar nichts zu tun haben. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Unter Diversion versteht
man nämlich eine Möglichkeit im Strafrecht, von der Durchführung eines
förmlichen Strafverfahrens Abstand zu nehmen, und für Strafverfahren ist die
MA 17 nicht zuständig, wie auch sonst eigentlich auch der
Integrationsfonds nicht zuständig war. Es geht um Diversität. Da sieht man
wieder, wie wichtig es ist, mehrere Sprachen zu beherrschen. (Heiterkeit und
Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN.)
Diversität
bedeutet eben Vielfalt – und jetzt muss ich Sie leider von Ihrem Wunschbild,
das Sie offenbar von Wien entwickeln, befreien –, Vielfalt, die in Wien
Realität ist. Wir haben in Wien rund 18 Prozent Menschen, die nicht die
österreichische Staatsbürgerschaft haben, und wenn wir noch all jene dazuzählen,
die Migrationshintergrund haben, so ist das über ein Viertel der Wienerinnen
und Wiener. Da rede ich noch nicht von den Wehselys, die auch irgendwann einmal
zugewandert sind, sondern da rede ich von denen, die noch nicht so lange da
sind.
Kolleginnen
und Kollegen! Das ist eine Realität. Das ist eine Realität, die in einem
demokratischen Rechtsstaat auch unveränderlich ist. Und das soll man auch ganz
klar aussprechen: Dass all diejenigen, die nicht wollen, dass in Wien ein
Viertel der Menschen, die legal hier leben, Migrationshintergrund haben, an
Dinge denken müssen, die mit einem demokratischen Rechtsstaat nicht in
Verbindung gebracht werden können. Das sind nämlich Menschen, die hier leben,
die sich legal hier aufhalten, die daher Wienerinnen und Wiener sind. (GR Mag Wolfgang Jung: Aber gegen die
Kriminalität muss man schon was machen!) Herr Kollege Jung, mein Problem
ist, ohne Kapperl erkenne ich Sie immer so schlecht. (Heiterkeit und Beifall bei
der SPÖ und den GRÜNEN.)
Unsere
Aufgabe als Stadt Wien, die Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu
schaffen, in der diese Vielfalt positiv gelebt werden kann. Ich bin nicht naiv.
Diese Vielfalt bedeutet nicht Wonne, Waschtrog, sondern die Vielfalt bedeutet
auch Probleme. (GR Mag Wolfgang Jung: Die
wir eben aufgezeigt haben!) Meine Aufgabe und die Aufgabe all jener, die
hier als Volksvertreterinnen und Volksvertreter sitzen, ist es, Probleme, die
es gibt, zu lösen, konstruktive Vorschläge zu machen, um Probleme zu lösen, und
nicht Probleme zu schaffen. (Beifall bei
der SPÖ. – GR Mag Wolfgang Jung: Sagen Sie doch, was Sie dagegen machen!)
Wenn
hier zum Beispiel angeführt wird, dass es Sprachprobleme bei Migrantinnen und
Migranten gibt, dann sage ich dazu nicht Nein, sondern sage Ja. Und wissen Sie,
was ich gemacht habe? Die Zahl der geförderten Sprachkursplätze verdoppelt.
Wissen Sie, was Sie gemacht haben, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ? Sie
haben keinem einzigen Sprachkurs zugestimmt. (GR Mag Wolfgang Jung: Weil sie in der Form nicht zielführend sind!)
Ich
bin weiters der Meinung, dass interkulturelle Kompetenz niemals Beliebigkeit
bedeuten darf. Das heißt für mich, dass Genitalverstümmelung von Frauen oder
Zwangsverheiratungen von Mädchen oder auch Burschen inakzeptabel sind – für
mich als Frauenstadträtin, für mich als Demokratin, für mich als
Sozialdemokratin, für mich als Mensch. Wissen Sie, was ich daher gemacht habe?
Beim letzten Gemeinderatsausschuss einen Antrag vorgelegt, dass wir eine
Wohngemeinschaft von Kolping unterstützen, wo genau jene Mädchen Zuflucht
finden können. Wissen Sie, was Sie gemacht haben? Sie haben diesem Antrag nicht
zugestimmt. Das heißt, es geht Ihnen nicht darum, Probleme, die bestehen, zu
lösen, sondern es geht Ihnen darum, Probleme zu schaffen.
Wenn
hier in der Debatte immer wieder das Wort "Leitkultur" gefallen ist,
dann möchte ich wissen, was Sie unter Leitkultur verstehen.
Wenn
Sie, meine Damen und Herren, unter Leitkultur zum Beispiel verstehen, dass bei
der Anzahl von Gemeinderäten, die die Freiheitliche Partei hat, nur zwei Frauen
vertreten sind, dann sage ich, das verstehe ich nicht als Leitkultur, das halte
ich für falsch, und ich möchte, dass das zum Beispiel in meiner Partei niemals
so ist.
Wenn
Sie als Leitkultur verstehen, dass Menschen, die aus zufälligen Gründen über
viele Generationen in unserer Stadt leben, irgendwie besser, höherrangiger,
wertvoller sind als die, die kürzer da sind, dann will ich das nicht, denn das
verstehe ich nicht als Leitkultur.
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