Gemeinderat,
55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 85
ersuchen, dem zuzustimmen –, nämlich endlich einen zeitlich befristeten – wohlgemerkt: zeitlich befristeten – Widmungsstopp für Einkaufszentren in Wien in die Wege zu leiten, und zwar so lange, bis die Stadt Wien gemeinsam mit den Interessensvertretungen und dem Wiener Wirtschaftsförderungsfonds ein Konzept erarbeitet hat, was Sinn macht, was im Kostenrahmen liegt, was positive Auswirkungen für die Nahversorger, aber auch für die Geschäftsleute hat. So lange sollte es eben diesen Widmungsstopp geben.
Daher dieser formale Dringliche Antrag, und ich
hoffe, Sie stimmen dem zu und erkennen endlich die Notwendigkeit, hier
einzuschreiten. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich eröffne nun die Debatte, wobei
ich bemerke, dass die Dauer der Diskussion maximal 180 Minuten beträgt.
Erste Debattenrednerin ist Frau GRin FRANK.
GRin Henriette FRANK (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Der Kollege hat ja jetzt schon sehr ausführlich über
die Fülle der Einkaufszentren, die da von der Stadt Wien geplant werden,
gesprochen, sodass ich nicht näher darauf eingehen muss, aber etwas möchte ich
schon nicht unerwähnt lassen bei dieser Fülle, die hier noch geplant ist und
realisiert werden soll. Es ist bekannt, dass nicht selten die Geschäfte in
diesen EKZENT in Insolvenz gehen, und zwar mit all den daraus entstehenden
Problemen sowohl für die Zulieferer, vor allem aber auch für das Personal. Es
ist auch bekannt, dass seit einigen Jahren bei einer immer größer werdenden
Dichte von räumlich nahe beieinander gelegenen Einkaufszentren ein
Verdrängungswettbewerb bei gleichzeitigem Kaufkraftverlust der Konsumenten
beobachtet werden kann, und die Folgen für den Einzelhandel sind noch gar nicht
abzusehen.
Ich möchte das jetzt einmal allein am Beispiel der
Favoritenstraße, die einmal eine der
Einkaufsstraßen in Österreich überhaupt war, näher festmachen. So war hier vor
etwa 20 Jahren noch ein Branchenmix mit allem, was man so Marktnischen
nennt. Ich erwähne jetzt nur ein paar Beispiele: Fotoateliers, Knopfgeschäfte
oder Handarbeitsgeschäfte, also etwas, was man nicht unbedingt in einem
Einkaufszentrum bekommt. Aber all diese Geschäfte werden Sie dort jetzt nicht
mehr finden, die sind im Laufe der Jahre verschwunden und wurden ersetzt durch
Wettbüros und durch Callcenters. Die Spirale der Nichtakzeptanz durch die
Konsumenten ist dadurch nach oben gegangen, denn es war ja das Angebot
überhaupt nicht vorhanden.
Und was hat in dem Punkt die Politik gemacht? – Sie
hat wirklich nur zugeschaut, obwohl es, wie auch mein Kollege gesagt hat, oft
nur Kleinigkeiten gewesen wären, mit denen man vieles bewirken hätte können. Es
wäre zum Beispiel ein Schanigarten auf der Favoritenstraße eine angenehme Sache
gewesen beim Einkaufen oder einfach ein paar Bäume mit Schatten, aber nein, man
hat wahnsinnig lange gerade im unteren Teil der Favoritenstraße die Drogenszene
eskalieren lassen, und die paar Leute, die dort noch eingekauft haben, sind
dann letztlich auch noch weggeblieben.
Durch die Minimierung solcher Angebote, wie ich sie
jetzt aufgezählt habe, ist es irgendwie fast selbstverständlich, dass die Leute
dann ein Einkaufszentrum wählen, auch auf Grund der Parkplatzprobleme, wie sie
sicher in der Innenstadt gegeben sind, und weil – das hat man leider bei den
Einkaufsstraßen vergessen, und auch dafür ist Politik zuständig – mittlerweile
Einkaufen eine Art Event-Erlebnis, eine Freizeitgestaltung geworden ist. Man
hat hier überhaupt kein Angebot dafür geschaffen, außer vielleicht ein paar
Fastfood-Geschäfte, denn die Beisln sind ja alle gestorben dadurch, dass
überhaupt keine Leute mehr zum Einkaufen gekommen sind.
Was in Favoriten ganz besonders erwähnenswert ist:
Jetzt kommt dann in mehr oder weniger absehbarer Zeit das dritte Mal eine Wahl,
bei der man wieder großartig ankündigt, wie die Favoritenstraße geändert werden
soll. Na bitte, da wurden schon großartig Ausstellungen eröffnet, aber
umgesetzt ist bis heute dahin gehend nichts. Man hat jetzt – das sei zugegeben;
gestern war die Eröffnung – im unteren Teil das Columbus Center eröffnet. Ob es
sich wirklich bewährt mit all den Problemen, die es einmal im Verkehr gibt,
wird man noch feststellen, aber – und das befürchte ich ernsthaft – alles, was
dieses Einkaufszentrum jetzt in diesem ehemals toten Zweig anzieht, wird
vielleicht dann oben Richtung Reumannplatz fehlen. Und dann haben wir dort oben
die tote Zone. Es ist eigentlich keine Lösung.
Statt diese Straße jetzt wirklich einmal ein bisschen
attraktiv zu gestalten, hat man sich dahin gehend festgelegt, immer mehr
Straßenfeste zu machen. Die aber bewirken wieder, dass die Leute, die dort
ihren fixen Standort, also ihr Geschäft haben, zwar hohe Mieten zahlen, aber
dass bei den Straßenfesten kein Mensch dann in diese Geschäfte kommt.
Auch die vom guten Funktionieren einer Einkaufsstraße
abhängigen Märkte leiden unter dieser Situation. Denn wer nicht in die
Einkaufsstraße kommt, der wird auch nicht bei den daneben liegenden
Einkaufsmärkten, also bei den temporären und auch bei den fixen Märkten
einkaufen. Und wenn man dann noch Regelungen hat, dass man die Beisln, die auf
diesen Märkten vielleicht verblieben sind – und glauben Sie mir, es sind schon
wenige genug –, um 18.30 Uhr zusperren muss, nämlich genau um
18.30 Uhr, wenn die Geschäfte zusperren und die Leute dann dort hingehen
möchten, dann muss man sich ja wirklich einmal überlegen, ob man nicht da durch
Kleinigkeiten etwas ändern könnte, zum Beispiel eben dadurch, dass man auch
dort auf den Märkten – was ja am Naschmarkt Gang und Gäbe ist – einmal
zumindest der Gastronomie zugesteht, längere Öffnungszeiten zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber was mir im Zusammenhang mit
den ganzen Diskussionen um Einkaufszentren am meisten Sorge bereitet, ist die
soziale Komponente. Es werden hier vor allem die Frauen mangels anderer
Jobangebote zu Lohndumpingpreisen, unregelmäßigen Arbeitszeiten und minderer Arbeitsqualität
sozusagen missbraucht. Ebenso
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