«  1  »

 

Gemeinderat, 56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 104

 

Ihre Pflegeombudsstelle so ernst nehmen, wie sie es verdient, dann wären Sie mit dem Tätigkeitsbericht des Herrn Dr Vogt anders umgegangen. Sie hätten zum Beispiel eine Pressekonferenz mit Dr Vogt zusammen ein-berufen und hätten gesagt: Das ist der Bericht aus dem ersten Jahr der Pflegeombudsstelle. In dem Bericht stehen kritische Dinge, und wir stellen uns dieser Kritik. Wir stellen uns der Kritik, wenn sie unsere eigenen Einrichtungen in den öffentlichen Geriatriezentren betrifft, und wir stellen uns der Kritik, wenn sie die privaten Heime betrifft und unsere Aufsicht dort. Sie haben das alles nicht gemacht. Sie haben den Bericht der Öffentlichkeit vorenthalten. Sie haben den Bericht nicht einmal in der Geriatriekommission und schon gar nicht im Gesundheitsausschuss behandelt. Und hier im Gemeinderat ist er nur deshalb, weil wir, die GRÜNEN, die Sache auf die Tagesordnung gesetzt haben.

 

Frau Stadträtin! Viele andere Berichte in dieser Stadt werden öffentlich diskutiert. Dieser Bericht, der war Ihnen unangenehm, den haben Sie schubladiert, und es brauchte offensichtlich eine so massive Intervention, dass Dr Vogt die Staatsanwaltschaft auch mit Pflegemängeln befasst, damit Sie sich endlich öffentlich dazu äußern müssen, was Ihre Behörde tut und ob ausreichend Konsequenzen gezogen werden.

 

Sie haben mir gestern gesagt, ich soll die Ebenen auseinander halten. Gerne, Frau Stadträtin! Die Aufsicht über die Pflegequalität und die Versorgung in den privaten Pflegeheimen obliegt Ihrer Behörde, und dazu gab es in der Sachverhaltsdarstellung umfangreiche Kritik. Es fehlte die ausreichende Ausstattung an Pflegepersonal, es gab keine ausreichende Führung und Aufsicht, Anweisungen wurden von unbefugtem Personal erteilt und und und. Medikamente fehlten, sie wurden unregelmäßig bestellt, Insulingaben nach Schätzung verabreicht und und und.

 

Was diese Vorwürfe betrifft, hätten Sie sich nicht auf den Staatsanwalt ausreden müssen, denn das obliegt Ihnen in der Prüfung und vor allem in der Konsequenz. Ich muss Sie, nehme ich an, nicht ausführlich auf die Gesetzesgrundlage hinweisen, die Ihre Arbeit hier definiert. Bis zum Ende Juni ist es das Wiener Sozialhilfegesetz, in dem völlig eindeutig steht, dass Sie einen Betrieb, eine Einrichtung zu untersagen haben, wenn schwerwiegende Mängel trotz eines Auftrages nach Abs 3, also Behebung und so weiter, nicht behoben werden, und unter Punkt 2, wenn für das Leben oder die Gesundheit von Personen, welche die Einrichtung bewohnen oder aufsuchen, eine derart unmittelbar bedrohende Gefahr besteht, dass die Erteilung und Erfüllung von Aufträgen nach Abs 3 nicht abgewartet werden kann. Sie haben die Kompetenz und nicht der Staatsanwalt in diesem Punkt.

 

Das Zitat, das ich in den "Salzburger Nachrichten" lesen konnte von der von Ihnen zu verantwortenden Behörde, nämlich von der MA 15, vom Leiter des zuständigen Pflegeaufsichtsreferats, Herrn Harald Rosenauer, das spricht Bände. Ich weiß nicht, ob Sie es gelesen haben, ich bringe es Ihnen zur Kenntnis. Er sagt, man habe ein Auge auf das Heim, man prüfe grundsätzlich jedes Pflegeheim einmal pro Jahr. Die Tivoli-Residenz wurde 2003 viermal, 2004 dreimal und in diesem Jahr schon fünfmal kontrolliert. Derzeit würden die erteilten Auflagen eingehalten, es gäbe auch keinen Personalmangel. Von den von Vogt angezeigten Fällen habe er bisher nichts gehört, sagte er.

 

Frau Stadträtin! Können Sie verantworten, dass der zuständige Behördenleiter Ihrer eigenen Behörde mitteilt: Ich habe keine Ahnung, was der Herr Pflegeombudsmann Dr Vogt bezüglich der Qualität in einem von Ihnen zu beaufsichtigenden Heim mitzuteilen hat. Er hat keine Ahnung. Offensichtlich, Frau Stadträtin, funktioniert nicht einmal die Kommunikation von Ihrer Behörde zum Pflegeombudsmann, sonst könnte er das nicht mitteilen.

 

Das heißt, ich muss davon ausgehen, Frau Stadträtin, dass Sie diesen Tätigkeitsbericht, den auch wir nicht über den Weg Ihrer Abteilung, sondern anders erhalten haben, nicht einmal Ihrer eigenen Heimaufsichtsbehörde gegeben haben.

 

Vielleicht sollte ich da doch noch das eine oder andere zitieren aus dem Bericht. So sagt Dr Vogt im Tätigkeitsbericht: „Es gibt häufiger in privaten als in öffentlichen Einrichtungen skandalöse, weil gefährliche und schlechte Pflege. Wenn sie sichtbar wird, ist sie zu beseitigen, sind derartige Einrichtungen zu schließen“. Zu schließen, Frau Stadträtin! Das steht wortwörtlich drinnen!

 

Und, Frau Stadträtin, im Kapitel über das Heim KURSANA schreibt Dr Vogt speziell: „Die Anzahl der Interventionen im Verhältnis zur Bettenanzahl sowie die Eindrücke bei Besuchen der Wiener Pflegeombudsstelle im Heim KURSANA Tivoli sind besorgniserregend. So gab es bis 2004, dieses Heim betreffend, insgesamt neun Beschwerden. Das entspricht 14 Prozent der Bewohner und Bewohnerinnen. Zum Vergleich: Im gesamten städtischen Bereich gab es 1,9 Prozent an Beschwerden bei 4 700 Bewohnern und Bewohnerinnen.“

 

Ende 2004 existierte dort keine Führung, weder eine Direktion noch eine Pflegedienstleitung. Von drei Stationen war eine ohne Stationsleitung.

 

Das allein, Frau Stadträtin, rechtfertigt und verlangt eine sofortige Intervention der Behörde. Ich habe von Ihnen gestern in Ihrer Reaktion auf meinen Antrag nicht gehört, was Sie da getan haben, und es würde mich interessieren, wie Sie ein Heim qualifizieren, in dem es keine Führung gibt, keine Direktion und keine Pflegedienstleitung, und das Ende 2004, nicht im Jahre Schnee.

 

Die MA 15 hat Begehungen gemacht und Ergebnisse beigebracht und Auflagen erteilt, und von diesen sagt der Herr Pflegeombudsmann: „Mehrere Begehungen der MA 15, auch angeregt durch die Wiener Pflegeombudsstelle, blieben jedoch insofern ergebnislos, als danach kurzfristig Personal aus den Heimen der KURSANA in den Bundesländern ins Heim Tivoli abgesandt werden, welches jedoch nach kurzer Zeit wieder in ihr Stammhaus zurückkehrte. Den bereits mehrmals erteilten diversen Auflagen der MA 15 wird somit kurzfristig

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular